: Bonner Sondersitzung über Chilenen
■ Gemeinsame Sitzung von Innen– und Auswärtigem Ausschuß in der Sommerpause am 7. August / Einziges Thema ist die umstrittene Aufnahme der 15 Todeskandidaten in der BRD / Blüm bricht Urlaub ab
Berlin (dpa/taz) - Die Bundestagsausschüsse für Inneres und für Auswärtiges werden während der Sommerpause am 7. August in Bonn zu einer gemeinsamen Sondersitzung unter dem Vorsitz der beiden Kontrahenten Genscher und Zimmermann zusammentreten. Einziges Thema wird die heftig umstrittene Frage einer Aufnahme von chilenischen Häftlingen in der Bundesrepublik sein. Die Einberufung der Sondersitzung war von den Oppositionsfraktionen SPD und Grüne gefordert worden. Arbeitsminister Norbert Blüm, der sich zur Zeit noch in Brasilien aufhält, wird seinen Urlaub abbrechen und an der Sitzung teilnehmen. Die Sondersitzung des Bundestages findet damit genau einen Tag vor dem bundesweiten Chile–Solidaritätstag statt. Für den 8. August haben eine Vielzahl von Chile–Solidaritätskomitees, die Grünen sowie die GAL Hamburg und die Alternative Liste in Berlin aufgerufen. Nach Auffassung von Amnesty International (AI) besteht kein Zweifel daran, daß bei den 15 Chilenen Geständnisse unter Folter erzwungen worden seien. „In Chile wird seit Jahren routinemäßig gefoltert“, erklärte AI–Vorstandssprecher Lüthke. Unterdessen hat der CDU–Abgeordnete Werner Schreiber, der Blüm in Chile begleitete und sich jetzt wieder in der BRD aufhält, nochmal die Aussagen Blüms bekräftigt. Schreiber, der selbst sowohl mit Mitgliedern der Militärjunta, wie mit Angehörigen und Rechtsanwälten der 15 Todeskandidaten gesprochen hatte, ist der Auffassung, daß die 15 zu ihren „Geständnissen“ durch Folter gezwungen wurden. Alle „Beweise“, die zu Schuldvorwürfen führten, seien „null und nichtig“. Eine scharfe Rüge der CSU– Landesleitung hat sich jetzt der Vorsitzende der Jungen Union Bayern eingehandelt. Die CSU warf dem Vorsitzenden Müller, der sich hinter Blüm gestellt hatte, „Parasitäre Publizität auf Kosten der CSU und ihrer Führung“ vor. Blüm, so die CSU Landesleitung weiter, habe den Kanzler, Zimmermann sowie die gesamte Bundesregierung desavouiert“. Die Berliner „Sozialdemokraten in der Polizei“ haben in einem Brief an Arbeitsminister Blüm ihren „Respekt und Sympathie „ für sein Engagement zum Ausdruck gebracht. Zugleich wiesen sie mit „Entschiedenheit die Ungeheuerlichkeiten des Bundesinnenministers zurück, mit Ordnungskräften eines staatlichen Terror–Regimes verglichen und in einem Atemzug genannt zu werden. „Wir wissen, auf welcher Seite wir zu stehen hätten, sollten bei uns ähnliche Verhältnisse geschaffen werden wie in Chile“, erklärte Polizeirat Jörg Kramer in dem Brief an den Arbeitsminister. Der Berliner CDU–Abgeordnete Heinrich Lummer wandte sich dagegen, die 14 Chilenen ohne Einzelfallprüfung in der BRD aufzunehmen. Keinem Bürger in der BRD sei es zuzumuten, „daß Verbrecher, die in jedem Land der Welt bestraft werden, bei uns frei herumlaufen.“ time
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