: Bonner Selbstdemontage
■ Die Regierung hat jede Glaubwürdigkeit verspielt
Was die Bonner Regierung derzeit im Fall Imhausen bietet, ist ein dicker Hund. Erst wird halbherzig geprüft und mit dem schnellen Persilschein in der Tasche präsentiert man sich als verfolgte Unschuld. Wenige Tage später ist das alles Makulatur, ja, schlimmer noch, die Verdächtigungen waren seit langem allen Verantwortlichen bekannt. Wenn es um das Ansehen der Bundesrepublik geht, das Kohl so am Herzen liegt, dann hat die Bundesregierung mit dem steten Bemühen, alle Hinweise herunterzuspielen und als haltlos zu bezeichnen, mehr Schaden angerichtet als es die US-Presse mit der „Kampagne“ jemals tun könnte. Das Verhalten der Bundesregierung ist jedenfalls davon gekennzeichnet, nur zuzugeben, was eh bewiesen ist und ständig nach neuen Rückzugslinien zu suchen. An Chuzpe hat es dabei nicht gemangelt. Es sei nicht Aufgabe der Regierung, ausländische Presseberichte nachzuprüfen, mußten sich Journalisten sagen lassen. Und wäre es nicht die beharrlich nachbohrende Presse gewesen, der Fall Imhausen wäre zur Seite gelegt worden.
Längst ist deutlich geworden, daß die ominöse Chemiefabrik im libyschen Rabta in den USA nicht als Eizelfall angesehen wird, sich dort vielmehr über lange Zeit Ärger angestaut hat. Die Liste der Bonner Verfehlungen ist so lang geworden, daß nun das Faß übergelaufen ist. Zweifel am Willen, die Beteiligung deutscher Unternehmen am mörderischen Profit ob in Libyen oder sonstwo - zu unterbinden, sind nach den Bonner Kapriolen nun erst recht angebracht. Das ständige Pochen auf ein rechtsstaatliches Vorgehen kann jenseits deutscher Grenzen nur noch als Heuchelei eingestuft werden; die Glaubwürdigkeit, man wolle ernsthaft solche Exporte stoppen, ist längst verloren. Die halbherzigen Nachbesserungen im Außenwirtschaftsgesetz sind als vertrauensbildende Maßnahme unzureichend. Außenminister Genscher, der sich in Paris vehement für das Verbot chemischer Waffen und Verdachtskontrollen einsetzte, darf sich und die Außenpolitik demontiert fühlen.
Gerd Nowakowski
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