Bonn apart: Neues vom BMFuS
■ Mehr Ministerinnen - und weniger Einfluß für Frauenpolitik
Bei so vielen Bonner Ministerien kann es nicht ausbleiben, daß einige im Vordergrund, andere bescheiden im Hintergrund stehen. Dann und wann sollten auch letztere öffentlich gewürdigt werden. Betrachten wir also heute das BMFuS. Beim BMFuS — nicht nur Laien, auch die Professionellen müssen sich das durch kurzes Nachdenken vergegenwärtigen — handelt es sich um das Bundesministerium für Familie und Senioren. Ministerin ist Hannelore Rönsch, CDU, eine der vier Frauen, die ein so hohes Amt erklommen haben. Wir erinnern uns: Ihr Ministerium verdankt seine Existenz einem macht- und personalpolitischen Geniestreich des Kanzlers. Gleich drei Fliegen mit einer Klappe schlug Kohl, als er das ehemalige Familien-Ministerium dreiteilte. Der vorlaute Blüm mußte die Krankenversicherung abgeben (an Gesundheitsministerin Hasselfeldt, CSU), stolz konnte Kohl drei Unionsministerinnen präsentieren (Rönsch, Hasselfeldt und Merkel für Frauen und Jugend), und aus dem unter Geißler und Süssmuth einst einflußreichen alten Ministerium würden keine neuen Ideen mehr kommen. Was für ein Skandal, als die letzte Ministerin Ursula Lehr seinerzeit meinte, auch zweijährige Kinder könnten in öffentlichen Einrichtungen betreut werden.
Zugegeben: ich war schon immer voreingenommen und überzeugt, daß die Mehr-Ministerinnen-Lösung darauf hinausläuft, daß für Frauen, Familie, Jugend und Senioren weniger rauskommt. Nur selten belehrt mich das BMFuS eines besseren. Während das Justizministerium Neues zu den familienrechtlichen Fragen ausbrütet, kommen aus dem BMFuS Studien, Schriftenreihen und die Gedanken der Ministerin, Über die Familie natürlich. Diese Woche gleich ein Doppelschlag. Die „Leitsätze und Empfehlungen zur Familienpolitik im vereinigten Deutschland“ veranlaßten Hannelore Rönsch zu der Aussage, daß der „Familienpolitik bei der Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse in ganz Deutschland eine entscheidende Bedeutung“ zukommt. Aber zwei Tage zuvor hatte Rönsch in einem Interview ihre intime Kenntnis ostdeutscher Familienverhältnisse durchblicken lassen. Die Lage dort ist nämlich so: „Vielleicht ist ein Elternteil arbeitslos, vielleicht sogar beide. Es gibt mehr Freizeit, man ist mit den Kindern zu Hause...“ Tissy Bruns
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