piwik no script img

■ Bonn-apartDie Katholikenflut

Bonn (taz) – Ironie ist, wenn es der Leser nicht merkt und den Autor wahlweise als dumm, zynisch oder geschmacklos beschimpft. Ironie ist, wenn es der Leser sehr wohl versteht und meint, er bräuchte es nicht ernst zu nehmen.

Tatsächlich ist Ironie eine ernste Sache, das weiß auch der FDP-Abgeordnete Wolfgang Lüder. Ein kürzlich in der taz dokumentiertes Flugblatt vom Prenzlauer Berg erschien ihm als gutes Beispiel. „Katholikenproblem lösen!“, unter dieser Überschrift hatte das Flugblatt das Panorama einer ungehemmt nach Norddeutschland einströmenden Katholikenflut ausgemalt. Lüder erschien dies ein „durch gezielte Ironie“ wirksames Flugblatt gegen Ausländerfeindlichkeit, wirksamer als „mancher gut gemeinte Ratschlag unserer Bundesregierung“. Von ihr wollte der FDP- Abgeordnete wissen, ob sie bereit sei, diesen Text selbst zu verteilen. Horst Waffenschmidt (CDU) erteilte Lüder eine Abfuhr. Die Anfrage sei „ganz offensichtlich nicht ernst gemeint“.

Das Katholikenproblem schwelt folglich weiter. Ist die Bundesregierung doch bereits vollauf beschäftigt, die Flüchtlingsströme einzudämmen, die uns mehr Kriminalität, weniger Wirtschaftswachstum und eine Verschärfung der Wohnungsnot gebracht haben. Herr Waffenschmidt speziell ist Aussiedlerbeauftragter. Seine Aufgabe: den Rußlanddeutschen ihren eigenen Staat zu verschaffen, in dem sie nicht unterdrückt und verfolgt werden. An der Wolga, im Ernst! Hans-Martin Tillack

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen