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■ Bonn apartStempelstandort Deutschland

Deutsche Gemeindeangestellte, aufgepaßt! Endlich müßt ihr eure wertvolle Energie, euren rasenden Arbeitseifer und eure rare Zeit nicht mehr verschwenden! Freilich, liebe Rathausbürokraten, hat es erst einer Kommission bedurft, bevor eure Talente für wichtige Aufgaben freigesetzt werden konnten.

Die „Unabhängige Kommission für Rechts- und Verwaltungsvereinfachung des Bundes“ nämlich hat herausgefunden, daß es völlig unnötig ist, wenn ihr vor einer Hochzeit eine Woche lang das Aufgebot im Standesamt aushängt. Denn bei einer halben Million Eheschließungen in jüngster Zeit ist nie jemand an euren Schreibtisch marschiert, um ein „Ehehindernis“ zu Protokoll zu geben.

Was da alles künftig gespart werden kann: Arbeitsgänge wie Formular ausfüllen, Schaukasten aufsperren, Reißzwecken herausziehen, Aufgebot wechseln, Schaukasten zusperren. Und auf Hunderttausenden Blättern Papier können künftig statt des Satzes „Frau Soundso will Herrn Soundso ehelichen“ Ideen für die Zukunft der Republik stehen.

Denn um die Zukunft ging es bei der Arbeit der Kommission, die 1993 mit dem „Bericht zur Zukunftssicherung des Standortes Deutschland“ von der Bundesregierung eingesetzt wurde und bürokratische Hemmnisse beseitigen sollte. 1.400 Vorschläge hat das Gremium geprüft und nun Bericht erstattet.

Da hatte sich etwa ein Bürger beschwert, dessen Antrag für einen Personalausweis von der Bundesdruckerei nur deshalb zurückgeschickt wurde, weil er ihn mit einem blauen Stift unterschrieben hatte. Ein Vorgang, den die Bundesdruckerei so begründet: „Eine Einzelfallprüfung, ob geeignete Schreibmittel eingesetzt werden oder sonstige Fehler auftreten, wäre aufgrund des Antragsvolumens nur mit erheblichem personellen Mehraufwand realisierbar.“ Die Kommission fand das in Ordnung. Was zeigt: So ungewiß die Zukunft des Standorts Deutschland sein mag, so gewiß wird die Bundesrepublik als Stempelstandort ewig Weltspitze bleiben. Hans Monath

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