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■ Bonn-apartSchnurren eines CSU-Mannes

Dies ist die Geschichte von Johannes Singhammer. Es war der 6. September 1953 in München. Ein Tag, an dem zum Bundestag gewählt werden sollte. Johannes war vier Monate alt. Und er wollte keineswegs auf sein vermeintliches Recht verzichten, als in der Bundesrepublik Deutschland geborenes Kind deutscher Eltern wählen zu können.

Nun, er konnte zwar nicht einmal sprechen. Aber hatte er nicht eine Nase zum Riechen, Ohren zum Hören und Augen zum Sehen? Es ließ sich gut an. Seine Mutter nahm ihn auf den Arm und mit in die Wahlkabine. Als sie gerade ihr Kreuz bei der CSU machen wollte, bekam Klein Johannes einen Tobsuchtanfall.

Er schrie sie mit Leibeskräften an, bloß keinen Fehler zu machen, doch sie verstand ihn nicht. Als er dachte, nun wenigstens selbst an die Reihe zu kommen, hatte ihn seine Mutter schon aus der Kabine getragen. Johannes war am Boden zerstört. Er fühlte sich um sein Recht als Staatsbürger und die Zukunft seines Landes betrogen.

Mittlerweile ist Klein Johannes zum Manne gereift. Zum Bundestagsabgeordneten gar. Zu einem der Christlich-Sozialen Union, kurz: der CSU! Doch das Erlebnis seiner eigenen Frühgeschichte hat ihn nie losgelassen. Eine Bombe, die tickt, muß irgendwann explodieren, und ein Körper, der fällt, irgendwann aufschlagen.

Einer wie Johannes muß seine Kindheit aufarbeiten. So hat er in dieser Woche ein neues Familienwahlrecht vorgeschlagen. Zusätzlich zur eigenen Stimme sollen Eltern pro Kind eine Stimme bei der Bundestagswahl bekommen. „Das wäre Demokratie pur“, schwärmte der heute 44jährige, one man, one vote sozusagen.

Wir als Chronisten dieses erfolgreichen, weil immerhin von der Bild prominent zitierten Mannes wunderten uns zunächst. Hatte Klein Johannes damals nicht anders als seine Eltern wählen wollen? Wie kann er da jetzt nur befürworten, daß Eltern einen doppelten Fehler begehen können?

Doch Johannes hat gezeigt, daß er nicht umsonst in der bayerischen Schule des Lebens gelernt hat. Er hat das Unvermeidliche eingesehen: Es ist wie mit dem Spinat. Eltern wissen immer am besten, was für ihre Kinder gut und richtig ist. Markus Franz

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