■ Bonn apart: Unendliche Weiten
Wunderbares Raumschiff Bonn. Bald wirst du nicht mehr wie ein Stern am Firmament der Republik stehen, um uns den Weg aus den Wirrnissen der Welt zu weisen. Wirst zerschellen, irgendwo am anarchistischen Kreuzberg oder am aufsässigen Prenzlauer Berg. Ein Jammer.
Mühsam werden wir uns mit der Rakete Ariane und der Raumstation Alpha zu trösten suchen, an denen wir immerhin beteiligt sind. Noch können wir davon träumen, unsere häßlichen Windkraftanlagen auf andere Planeten zu verbannen und Anregungen für Dauerlutscher zu bekommen (Weltneuheit: Alien-Lutscher). In diesen Tagen aber ist uns das Raumschiff Bonn schnuppe. Als Weltbürger freuen wir uns an den Erfolgen der amerikanischen Marsexpedition (gibt es bald etwa noch größere Schokoriegel?), bestaunen die „Tamagotchi“, die in Wirklichkeit keine Erfindung der japanischen Spielzeugindustrie sind, sondern Wesen aus dem All, und leiden auch mit der Besatzung der Raumstation Mir – schließlich war schon mal ein Deutscher da oben.
Doch die Grünen wollen uns den Spaß vermiesen. Am Freitag rief die „raumfahrtpolitische Sprecherin“ Simone Probst, die ungefähr dreitausendvierhundertneunundachtzigmillionenmal jünger ist als das Weltall, nämlich 29 Jahre, zur Pressekonferenz. Eindringlich appellierte die Diplomphysikerin an die Russen: „Das Ende der Mission der überalterten Raumstation ist lange überfällig. Gesundheit und Leben der drei Astronauten dürfen nicht länger sinnlos aufs Spiel gesetzt werden.“ Leider werden die Russen nie davon erfahren. Es gab keine Direktschaltung zur Mir. Zudem war der russische Dolmetscher verhindert.
Aller Voraussicht nach bedeutet dies das Ende der bemannten Raumfahrt. Auch die Ariane gerät in Mißkredit. Bliebe nur noch das Raumschiff Bonn. Sein Stellenwert würde unermeßlich wachsen. Gibt es doch noch Hoffnung? Markus Franz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen