■ Bonn apart: Die Bundeswehr stirbt aus
Wir sehen ein Bild. In Schwarzweiß. Ein Soldat mit einem Gewehr in der Hand ist mitten im Lauf getroffen. Gleich wird er zu Boden stürzen – tot. Gefallen für sein Vaterland. Diese berühmte Schwarzweißaufnahme des Fotografen Robert Capa im Spanischen Bürgerkrieg wird in der kommenden Woche zu unverhofften Ehren kommen. Der pastorale Generalsekretär der Christdemokraten, Peter Hintze, stellt es vermutlich im Konrad-Adenauer-Haus vor, als Plakat mit dem Slogan: „Soldaten sind Opfer“. Damit reagiert die Bundesregierung auf eine beispiellose Serie von Todesfällen in der Bundeswehr, die Deutschland seit einigen Monaten erschüttert.
1989, im Jahr des Mauerfalls, steckte die Bundeswehr noch voller Saft und Kraft. 495.000 Rekruten sorgten dafür, daß das Heer in der Gesellschaft fest verankert war. Doch seit der Wiedervereinigung wird die Bundeswehr mysteriöserweise immer mehr ausgedünnt. Nur noch 340.000 Wehrpflichtige verteidigen heute unser deutsches Vaterland. Das Schicksal der übrigen ist ungeklärt. Die Bündnisgrünen wollen diese Zahl jetzt sogar halbieren. Das „Wie“ haben sie offengelassen. Die Unionsparteien sind alarmiert. Nach Informationen unseres Redaktionssekretärs Werner Mauss haben sie beantragt, die Grünen durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen, sobald wieder Kapazitäten nach dem Scientology-Einsatz frei werden.
Die Freien Demokraten, denen ebenfalls Bestrebungen nachgesagt werden, die Bundeswehr zu reduzieren, bleiben von der Beobachtung vorerst verschont. Wie es heißt, verzichten die Liberalen im Gegenzug auf die Forderung nach Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft für die in Deutschland geborenen Kinder von AusländerInnen.
Und nun dies: Im September dieses Jahres starben 24 Soldaten beim Absturz einer Tupolew auf dem Weg nach Kapstadt. Das ließ sich ja noch mit ganz normalem Voodoo-Zauber erklären. Doch in dieser Woche kamen gleich zwei merkwürdige Todesfälle dazu. Am Mittwoch starb ein Rekrut auf einer Schießbahn auf dem Truppenübungsplatz in Bergen. Die Schützen wollen auf Pappkameraden angelegt haben. Und am Donnerstag erschoß ein Jäger aus Oberpfalz einen weiteren Soldaten. Er hatte in einem dichten Wald einen „dunklen Fleck am Wegesrand“ wahrgenommen.
Nachtigall, ick hör' dir trapsen. Will da etwa jemand die Bundeswehr in Mißkredit bringen? Soll Verteidigungsminister Volker Rühe als Kandidat um den Kanzlerjob diskreditiert werden, damit er nicht Nachfolger von Kohl und Schäuble werden kann? Immer mehr Soldaten leben in Angst. Die Bundeswehr ist in Gefahr. Wir fordern: Aufrüsten! Markus Franz
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