piwik no script img

■ Bonn apartAm Anfang steht immer eine gigantische Werbeidee

Schon mal was von Godzilla gehört? So werden in Deutschland bald VW-Golfs heißen, Videospiele, Lollis, Turnschuhe und Pizzas. Godzilla ist eigentlich eine Filmfigur, die XXL-Ausgabe der Riesenechsen in „Jurassic Park“. Jurassic Park war bekanntlich eine gigantische Werbekampagne, um Videospiele, Lollis, Turnschuhe und Pizzas unter das Volk zu bringen. Als Appetithappen gab es einen Film gleichen Namens dazu.

„Godzilla“, der Film, ist nach langer Werbevorlaufzeit jetzt in den USA angelaufen. Werbekosten: 50 Millionen Dollar. Der Film darf nicht floppen, weil sonst die Video-, Lolli-, Turnschuh- und Pizzaindustrie vernichtet würde. Was das mit Johannes Rau zu tun hat? Rau mit seinen 20 Amtsjahren als Ministerpräsident ist auch ein Dinosaurier. Und schon lange läuft eine Werbekampagne, um den 67jährigen zum Bundespräsidenten zu küren. Aber das ist es nicht mal. Johannes Rau ist wie Godzilla ein Beispiel dafür, daß die Werbeindustrie alles in ihren Klauen hat. Es war so: Die SPD überlegte, wie denn die Bundestagswahl zu gewinnen sein könnte. Dem Blair in England durch die Grußworte der deutschen Sozialdemokraten zum Wahlsieg zu verhelfen und dadurch Rückenwind für den eigenen Wahlkampf bekommen! Schröder statt Lafontaine zum Kanzlerkandidaten zu küren, um vom PDS- bis zum CSU-Wähler wirklich jeden ansprechen zu können! Den Großen Lauschangriff ablehnen, zustimmen, ablehnen, neu verhandeln, ein bißchen zustimmen, um die Koalition vorzuführen.

Und dann fiel jemandem noch etwas ein: Wie wär's denn, fragte ein gewiefter, junger Werber, wenn wir der SPD eine Verjüngungskur verpassen? Mehr Junge statt Alte. Schröder statt Lafontaine als Kanzlerkandidat, Riester statt Dreßler als Arbeitsminister und vor allem: Clement statt Rau als Ministerpräsident. Das Plakat dazu hatte der Marketingexperte auch schon. Jetzt mußte nur noch Johannes Rau weg. Kaum ist das geschehen, hängen in Bonn Plakate mit dem Konterfei von Wolfgang Clement. „Bonn hat starke Freunde“. Mit Johannes Rau wäre das natürlich nicht gegangen. Da haben die Werbeexperten recht gehabt. Markus Franz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen