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■ Entsorgung einer AffaireBonfert bummelt

Was macht ein ehemaliger Pressesprecher, der nicht mehr im Amt ist, weil er es zu ungeniert mit Rechtsradikalen trieb? Krank oder Urlaub? Falsch. Er bummelt – und zwar Überstunden ab. Krank war Hans-Christoph Bonfert längst, nämlich unmittelbar, nachdem über ihn beinahe sein Dienstherr Innensenator Heckelmann aus dem Amt gestolpert wäre. Das ist ein Vierteljahr her. Dann nahm der Ex-Sprecher Urlaub, und obwohl nun auch dieser längst beendet ist, steht Bonferts Arbeitskraft Berlins Steuerzahlern noch immer nicht zur Verfügung. Denn jetzt muß der Angestellte erst einmal Überstunden ausgleichen. Wie viele und wofür wollten gestern Abgeordnete im Innenausschuß in Erfahrung bringen, doch Senator und Staatssekretär zuckten ihre Schultern.

Nicht weil er es zu ungeniert mit Rechtsradikalen trieb, sondern weil er hemmungslos Überstunden anrechnete, war vor einem Jahr der Leiter der Polizeipressestelle, Hans-Eberhardt Schultz, in die Schlagzeilen geraten. Für ihn war nämlich am Sonntag Arbeit, was Tausende Berliner am Wochenende selbstverständlich machen: Zeitunglesen. Droht nach der Heckelmann-Bonfert-Affaire nun der Überstunden-Skandal? Die Grünen wollen mit einer parlamentarischen Anfrage Licht in das Dunkel bringen. Nicht alle Pressesprecher müssen zittern: Bonferts Vorgänger Werner Thronicker etwa kam laut eigenen Angaben auf 46 Wochen Überstunden, nahm aber nur 14 Tage frei. Daß Bonfert bummelt, hat weniger etwas mit Faulheit zu tun, als vielmehr damit, daß der Dienstherr für den Ex-Sprecher noch keinen Job gefunden hat. Die Innenverwaltung ist passé, da soll der Mann nun in das Statistische Landesamt abgeordnet werden. Möglicherweise hat der Neo-Statistiker dort als erstes die Anfrage der Grünen auf dem Tisch – qualifiziert für eine Beantwortung wäre er in jedem Fall. Dirk Wildt

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