Böses Blut I: Ist Rot-Rot-Grün sinnvoll? Nein!

Eine Koalition mit der Linken darf es in Hessen nicht geben. Die Linkspolitiker müssen erst noch üben, um Regierungsverantwortung übernehmen zu können.

Mit der Linken in Hessen eine Koalition oder eine Tolerierung zu veranstalten - das kommt überhaupt nicht in die Tüte. Da soll die linksdogmatische Laienspielschar noch ein bisschen Parlamentarismus üben, ehe sie auf Regierung in einem der wichtigsten Bundesländer macht.

In Bremen dauerte es nicht lange. Gerade war Gysis bunte Truppe in die Bürgerschaft eingezogen, da wurde es dem einen oder anderen auch schon zu bunt. Die Parteibasis rebellierte gegen die freihändige Vergabe gut dotierter Fraktionsjobs. Dabei waren die Linken als moraltriefende Saubermenschen ins Landesparlament eingezogen!

------------------------------------------

Der Streit um Rot-Rot-Grün

SPD, Grüne und Linkspartei könnten in Hessen eine Regierung bilden - eine Regierung, die zum Vorbild für andere Bundesländer oder gar für den Bund werden könnte. Die Linke wäre dazu bereit, Rot-Grün zu tolerieren. Allein: Die SPD schließt im Westen jede Zusammenarbeit aus. Ist das klug?

Wieder ein paar Wochen später hing der Haussegen bei der Bremer Linken derart schief, dass böse Verdächtigungen aus der Minifraktion herauströpfelten. Sexskandal, sexuelle Belästigung, hieß es, später heruntergestuft auf Stalking - in der Fraktion wurden schlüpfrige Mails und Kurzbotschaften versandt. Mehrfach musste der Linken-Spitzenmann Bodo Ramelow aus Berlin anreisen, um die Genossen am Ostertor zur Räson zu bringen. Die anschließend herausgegebenen Bulletins lasen sich, als ginge es in der Bürgerschaft, Abteilung links, um Leben und Tod.

Okay, Bremen ist nicht Hessen. Vielleicht ist die Mischung aus Dogmatikern, Friedensengeln und Basisdemokraten am Main ja eine andere als an der Weser, kann sein. Es spricht aber, siehe die chaotische Listenaufstellung in Hessen, nicht viel dafür. Nein, mit denen, die behaupten, sich da links von der SPD etabliert zu haben, ist Politik schwer zu machen, Staat schon gar nicht.

Aber in Hessen muss man Staat machen. Denn Hessen ist nicht Bremen, sondern Nettozahler in den Länderfinanzausgleich. Aus dem hessischen Steuersäckel fließen dank der harten Sanierungsarbeit von Roland Kochs sozialdemokratischem Vorgänger Hans Eichel alljährlich rund drei Milliarden Euro in jene Ausgleichskassen, die dazu da sind, dass in Arme-Schlucker-Ländern wie Bremen die Lichter nicht ausgehen. Will man in diesem Hessen, bitte schön, einem Trüppchen Regierungsverantwortung in die Hand geben, dass sein Leben lang wacker, aber vergeblich abstrakte Prinzipien in die Höhe gehalten hat? Unmöglich. Es wäre schädlich für alle Seiten - für das Land, für die Linke sowieso, vor allem aber für das reichlich amorphe rot-grüne Projekt, das in Hessen angeblich wiederaufersteht.

Auch inhaltlich ist die die Linke eine Katastrophe. Sie behauptet, mit den Textbausteinen von vorgestern Antworten für morgen geben zu können. Dabei sagen all die platten Formeln, die in ihrem Programm herumstehen, wenig über die gesellschaftliche Realität. Zum Beispiel beim angeblichen Megathema der Wahl, der Bildung.

Klar möchte man Chancengleichheit haben, logisch kann und soll eine Gemeinschaftsschule darauf eine Antwort sein. Aber bitte nicht in so ordinären Lettern wie bei der Linken. In Hessen (und in Nordrhein-Westfalen) wurde in den Siebzigerjahren durch eine überhastete, nicht ausreichend legitimierte Einführung von Gesamtschulen das Projekt "demokratische Schulstruktur" für Jahrzehnte kaputt gemacht. Wer nun, wie die Linke, behauptet, er könne mir nichts, dir nichts Gemeinschaftsschulen flächendeckend oktroyieren, der soll alles Mögliche bekommen - nur keinen Einfluss auf Bildungspolitik.

Hessen, so heißt es, sei Beweis und Exerzierplatz für die neue Gestalt des Parteiensystems, eines fünfgliedrigen nämlich. Diese Fünferkonstellation vertrage keine schroffen Abgrenzungen, vielmehr seien neuartige Mehrheiten einzuüben. Da ist schon der Grundgedanke ein falscher. Das Fünfparteienparlament ist nicht Anfang einer linken Mehrheit im Lande, sondern vorläufiges Ende einer linken, nämlich rot-grünen. Wir erinnern uns: Das konservative Wahlvolk der Hessen war es, das Joschka Fischer und Gerhard Schröder im Jahr 1999, nach nur wenigen Monaten Amtszeit, ihre erste und schwerste Niederlage beibrachte. Damals ging es um die Modernisierung der Staatsbürgerschaft, ein überfälliges Vorhaben. Dennoch verhinderten die hessischen Wähler die Sache, auch die exzellenten Wirtschaftsdaten der rot-grünen Landesregierung konnten sie nicht umstimmen. Und ausgerechnet dort soll nun Rot-Rot-Grün getestet werden? Nach einem Fotofinish zwischen SPD und CDU bei der Landtagswahl? Was für ein Unsinn!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.