piwik no script img

Börsengang der GSWWohnungen sind Ladenhüter

Der für Freitag geplante Börsengang der Wohnungsgesellschaft GSW ist abgesagt - es fehlt an Käufern. Zuvor war das Parlament zur Zustimmung gedrängt worden.

Klaus Wowereit (SPD) und sein Finanzsenator Ulrich Nußbaum hatten sich für den Börsengang eingesetzt Bild: Herbert Knosowski/AP

Die größte Wohnungsbaugesellschaft Berlins wird am Freitag doch nicht an die Börse gehen. "Nach der Bewertung der aktuellen Bedingungen an den Kapitalmärkten haben der Vorstand der GSW und die abgebenden Aktionäre entschieden, den Börsengang zu verschieben", teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Die knapp 50.000 Wohnungen bleiben also vorerst in der Hand des Finanzinvestors Cerberus und der Investmentbank Goldman Sachs.

Vor sechs Jahren hatte die rot-rote Koalition die bis dahin landeseigene GSW verkauft. Dabei wurde festgelegt, dass es einen schnellen Börsengang nur mit der Zustimmung des Landes geben darf. Diese Zustimmung hatte das Abgeordnetenhaus vor zwei Wochen mit den Stimmen von SPD, Linkspartei und FDP gegeben, die Finanzinvestoren hatten dafür 30 Millionen Euro in den Landeshaushalt gezahlt.

Die GSW schob die Verantwortung für eine Absage ihrer Pläne auf die Finanzkrise: "Es besteht bei potenziellen Investoren derzeit ein große Unsicherheit über die Zinsentwicklung in Europa, und diese ist für Immobilienwerte sehr relevant", sagte ein Unternehmenssprecher. Die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr aus Finanzkreisen, die Nachfrage nach den Aktien habe nicht einmal die Hälfte des Umfangs erreicht, der üblicherweise für einen Börsengang nötig ist.

Die GSW-Gebäude mit ihren rund 3,1 Millionen Quadratmetern Wohnfläche werden nun weiter in der Hand von Cerberus und Goldman Sachs bleiben. Der von der SPD aufgestellte Finanzsenator Ulrich Nußbaum hatte vor zwei Wochen im Parlament von "Finanzhaien" gesprochen und über ihr bisheriges Wirken bei der GSW gesagt: "Diese Leute haben den Bestand von ungefähr 70.000 auf unter 50.000 Wohnungen vermindert. Diese Leute haben durch eine Änderung des Bilanzierungsverfahrens den Buchwert der Wohnungen erhöht, was zu rechnerischen Gewinnen auf dem Papier führte, die sie sich dann in echtem Geld auszahlen ließen." Es handele sich um genau das gleiche Verhalten, das auch zur Finanzmarktkrise geführt habe, so Nußbaum. Die Eigentümer hätten sich außerdem "bis 2009 ungefähr 447 Millionen Euro an Gewinnen ausschütten lassen, die das Eigenkapital belasten". Man könne "froh sein, wenn sie die GSW verlassen und weiterziehen".

Wie lange Nußbaum nun doch noch mit den bisherigen Eigentümern vorliebnehmen muss, ist unklar: Ein neuer Termin für den Börsengang steht noch nicht fest. "Wir werden das Börsenumfeld erst mal genau beobachten", sagte ein GSW-Sprecher.

Der Immobilienfinanzierer Berlin Hyp geht davon aus, dass sich die Immobilienmärkte nur langsam wieder erholen werden. Dabei sei allerdings "eine stabile und nachhaltige Tendenz aus Sicht der Bank bisher nicht gesichert", teilte sie am Mittwoch mit. Eine nachhaltige Trendwende sei nicht vor dem Jahr 2011 zu erwarten.

Die 30 Millionen Euro für das Land für die Zustimmung zum Börsengang sind trotzdem schon jetzt fällig, bestätigte ein Sprecher von Nußbaum: "Wir gehen davon aus, dass die Summe am Montag eingeht." Schließlich sei das Geld für die Zustimmung des Landes zum Börsengang vereinbart worden - und das Land hatte ja grünes Licht gegeben. Die Verschiebung des Börsengangs sei dagegen die Entscheidung der GSW-Eigentümer.

Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz kritisiert das Hin und Her der beiden Finanzinvestoren: "Zuerst wird das Abgeordnetenhaus massiv unter zeitlichen Druck gesetzt, und jetzt blasen die Eigentümer kurzfristig den Börsengang ab. Das ist ein Ding aus dem Tollhaus und zeigt erneut, dass man mit Heuschrecken besser keine Geschäfte machen sollte."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • M
    Mieter

    Klingt jetzt irgendwie so, als ob damals die GSW von Strieder, Wowereit als Wohltätigkeitsprojekt verscherbelt wurde und heute keiner mehr etwas davon weiß.

    Hiermit im Namen aller GSW Mieter noch nachträglich einen herzlichen Dank dafür, Herr Wowereit.

    Sie haben nicht nur die Wohnungen , sondern auch deren

    Mieter an Spekulanten verscherbelt.

    Die GSW-Mieter werden gewiss nächstes Wahljahr wissen, wessen Stimme sie verteilen.