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PRESS-SCHLAGBobby im Glück

■ Der notorische Verlierer Bobby Robson hat zum ersten Mal was gewonnen: Meister mit Eindhoven

Deutlich unbeholfen stand er da inmitten der jauchzenden Fans. Das hatte mit seiner smarten, unterkühlten Britenart zu tun und mit der für ihn völlig neuen Situation: Bobby Robson, der stets ebenso freundliche wie prinzipiell erfolglose Sympathiemensch, hatte am Sonntag um 16.15 Uhr sein Image als „friendly loser“ abgelegt. Endlich, tatsächlich ein Titel: Der PSV Eindhoven wurde unter Robsons Regie mit hauchdünnem Vorsprung niederländischer Fußballmeister.

Robsons Trainerbiographie war immer die des Scheiterns. Zweimal schon, 1980 und 1981, vergeigte er mit Ipswich Town am letzten Spieltag die englische Meisterschaft. Die folgenden acht Jahre als Nationalcoach blieben, bei grenzenlosen insularen Erwartungen, ohne jeden Erfolg. Mal scheiterten die Seinen an Maradonas Gotteshand, mal ausgerechnet an den Iren, zuletzt, bei der WM 1990, im Elfmeterschießen an den Glücklichen aus Germany. Robson wußte die Mißerfolge immer mit den Gesten eines Grandseigneurs zu quittieren, auch wenn ihn die Medien am liebsten geteert und gefedert gesehen hätten. An Robson klebte das Pech.

So ging in Eindhoven die Angst um. Ausgerechnet Robson als Trainer mit Erfolgszwang des schwerreichen Philips-Clubs — Robson, der ewige Verlierer, zudem ohne jede Kenntnis der niederländischen Vereine, der Seilschaften, Spieler, Medien, Sprache, Mentalität. Ganz wie Beckenbauer in Marseille. Und tatsächlich: Trotz millionenschwerer Neuverpflichtungen kam schon in der ersten Runde des Europacups sang-, klang- und torlos das Aus gegen Montpellier, bald folgte eine Niederlage gegen Feyenoord im Landespokal. Die Tabellenführung, meist knapp vor Ajax, war kaum ein Trost.

Zumal es in der Starelf aus sechs Ländern vor lauter Intrigen und Cliquenbildung stets rumorte, manchmal krachte. Robsons Optimismus wurde von den Medien als „Schönsprecherei“ gerügt, manchmal spiele der PSV „auf taktischem Amateurniveau“, das Team zerfleische sich in internen Reibereien. Robson sei so sympathisch, daß er kaum Respekt abverlangen oder gar Autorität ausstrahlen könne. Dann, vor zwei Wochen, setzte es ein blamables 1:4 im friesischen Groningen. Es wäre das Aus gewesen, wenn nicht gleichzeitig das punktgleiche Ajax Amsterdam bei Absteiger Schiedam unerwartet und hauchdünn mit 0:1 verloren hätte. Erstmals Glück für Robson, unglaublich!

So blieb Eindhoven am Sonntag ganze zwei Tore voraus beim Fernduell um die Torarithmetik mit Ajax. PSV-Gegner war der FC Volendam, eine junge Mannschaft, die als Farmteam von Ajax gilt und sich entsprechend ins Zeug legte. Daß der Schiedsrichter „von den Ende“ hieß, wurde für Robson nicht zum Menetekel. Ebenso wie Ajax (gegen Arnheim) siegte der PSV 3:0. Nervös schien Robson nie, auch nicht, als Ajax zweimal ein Tor vorlegte. Das Schicksal, wenn es ihn denn wirklich wieder bestrafen wolle, hätte er eh nicht ändern können.

Mit den Spielern kam er beim Feiern kaum in Berührung — nur einer umarmte ihn, der Rest begnügte sich mit einen dankandeutenden Händeschütteln. In der Kabine wurde der Titel pflichtgemäß beprostet, und das aufregendste war noch, daß Jan Heinzes Söhnchen die Meisterschale zu Boden purzeln ließ. Die ganze Saison, meinte Robson hernach, sei schon „rough and tough“ gewesen, und habe ihm „viele Kopfschmerzen bereitet“. Aber jetzt sei es schon „ein gutes Gefühl, wirklich“, endlich mal auf der Sonnenseite zu stehen.

Besser indes, aus langer leidvoller Erfahrung, konnte Bobby Robson nachvollziehen, wie es Ajax- Trainer Leo Beenhakker jetzt ergehe: „Ich weiß ja nur zu gut, wie man sich als Verlierer fühlt.“ Bernd Müllender

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