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Bloß nicht Mainstream

■ Reflektion und Rumpelstilzchen: Das Hamburger Pop-Magazin (sic)korski feiert heute im Hafenklang seine zweite Ausgabe

Angenommen, wir hätten einen richtig guten Sommer. Dann könnte man zum Beispiel in einen duften Park gehen, um sich dort ins Gras zu legen. Und wie es dieses Plüschszenario so will, hätten wir zufällig die zweite Ausgabe des Hamburger Popmagazins (sic)korski im Handgepäck. Dann würden wir das in geschmackvollem =range gehaltene Heft locker ins Grün des Rasens werfen und ergriffen aufatmen angesichts solch prächtigen Farbenspiels. So könnte der Sommer aussehen, wenn nur alle mitspielten. Gut, das mit dem Wetter haut noch nicht hin, aber die Macher von (sic)korski, die ihr Fanzine nach einem Hubschrauber-Modell benennen, haben ihren Teil zum Jahreszeiten-Idyll beigetragen.

Auch die Artikel der aktuellen Ausgabe des Heftes, das sich „Musik und anderen alltäglichen Leidenschaften“ widmen will, setzt auf ganzer Linie auf Harmonie und den inneren Konsens. Da werden Popfragen rund um weithin akzeptierte Eckpfeiler wie Come, St.Etienne und Kreidler durchgesponnen und musikalische Momentaufnahmen aus den eigenen vier Wänden zum besten gegeben. Klar könnte man das Treiben mit dem Vorwurf des szenischen Maulwurfbaus wegdissen und verächtlich von Leuten, die sich am liebsten im Kreis drehen, sprechen.

Aber das wäre böswillig. Und falsch. Im St.Etienne-Interview könnten wir nachlesen, wie Sängerin Sarah Bracknell Sympathie für Motörheads Lemmy Kilmister bekundet, wenn auch aus einem groben Mißverständnis heraus. Nur ein einziges Mal schießt das Team übers Ziel hinaus: Die Autorin der Kino-Kolumne „Tötet Tom Cruise!“ macht es sich zu leicht, dadurch gute Filme kenntlich machen zu wollen, indem die des Mainstream pauschal an den Pranger gestellt werden. Der darin konstruierte Schulterschluß zwischen der Autorin und Kulturmenschen wie Franz Kafka, David Lynch und Freaks-Regisseur Tod Browning ist in diesem Zusammenhang mehr als gewagt. Der Hammer des Hefts aber ist der erste Teil eines selbst entwickelten Pop-Quartetts, mit dem Mittzwanziger mal wieder Teenager spielen dürfen. Gruppen wie Guided By Voices oder Jon Spencer Blues Explosion werden in Kategorien unterteilt wie: Mitgliederzahl, Bühnenpräsenz und – Achtung! – Kulturfaktor. Da trifft Reflektion auf Rumpelstilzchen. Viel Spaß beim Rückflug ins Kinderzimmer.

Oliver Rohlf

Veröffentlichungsparty: heute, 21 Uhr, Hafenklang. Es spielen: Jullander, Miyax und Geka Winkler.

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