"Bloch" im Ersten: Die anhängliche Frau

"Bloch" hat eine neue Patientin - die sich für seine Geliebte hält. Ihr besitzergreifendes Wesen überfordert den Psychotherapeuten: "Verfolgt", Mi 20.15 Uhr. Uhr, ARD

Bloch kommt bei dem besitzergreifenden Wesen seiner Patientin ins Schwitzen wie nie und begeht einen professionellen Fehler nach dem anderen. Bild: SWR/Stephanie Schweigert

Sie weiß, was ihr Problem ist, und sie weiß, was sie will: Lebensunfähigkeit und Selbstbewusstsein sind selten so vehementaufeinandergetroffen wie in der Bibliothekarin Svenja (Victoria Trauttmansdorff). Eine undurchsichtigere Patientin hatte Bloch (Dieter Pfaff) jedenfalls noch nie in seiner Praxis sitzen.

Sie habe den frühen Tod ihrer Mutter nicht verarbeitet, so weiß die zu Heilende zu berichten, deshalb falle sie immer auf die falschen Männer rein. Aber damit sei ja glücklicherweise Schluss - jetzt habe sie ja im Therapeuten endlich den Mann ihres Lebens gefunden. Egal, was der Psychologe auch einwendet gegen die herbei fantasierte Liaison, die Frau lässt sich nicht beirren: Bloch und sie, das sei doch die große Liebe.

Stalker - sind das nicht diese unheimlichen, fast unsichtbaren Gestalten, die über Briefwurfsendungen und Blumenbouquets, über Telefonterror und Haustürbelagerungen von sich reden machen? So unheimlich und gefährlich ihre Gegenwart auch erscheint, meist sind Stalker mehr Schatten als Körper. Nicht so aber Blochs neue Verfolgerin, die ist die pure Präsenz.

Und das hat natürlich auch damit zu tun, dass die anhängliche Frau von Victoria Trauttmansdorff verkörpert wird, die wie kaum eine andere Schauspielerin aus der Position der Schwäche eine echte Bedrohung erwachsen lassen kann; die wie keine andere ihr Opferdasein in eine Täterrolle verwandeln kann. Unvergessen, wie sie vor drei Jahren in dem Beziehungsthriller "Gegenüber" eine Ehefrau gespielt hat, die ihren Mann regelmäßig verprügelt. Was leicht als Thesendrama hätte enden können (jaja, auch Frauen sind gewalttätig), wurde durch sie zur "ganz normal pervertierten" Beziehungshölle: Ich schlage, also bin ich.

In "Verfolgt"(Regie: Jan Schütte, Buch: Martin Douven), der mittlerweile 17. Episode der ARD-Fernsehfilmreihe um den Psychotherapeuten und seine Patienten, verbreitet Trauttmansdorff jetzt allerdings auch ohne jede Gewaltanwendung Angst und Schrecken. Es ist diese fast rational daherkommende Konsequenz, mit der sie Bloch ungefragt zu ihrem neuen Lebenspartner erklärt, die hier das Blut in den Adern gerinnen lässt.

Im Fernsehen ist Victoria Trauttmansdorff eigentlich fast nie zu sehen; in dieses TV-Serial gefallen, scheint die Gegenwart der Bühnenarbeiterin jetzt umso erdrückender - und doch extrem funktional. Grandios, wie sie als vermeintliche Geliebte durchs Blochs Haus streift und schließlich dessen Lebensgefährtin (Ulrike Krumbiegel) geradezu mitfühlend darauf hinweist, dass sie selbst ja demnächst hier leben werde. Bloch jedenfalls, der Alleschecker, kommt bei dem besitzergreifenden Wesen seiner Patientin ins Schwitzen wie nie und begeht einen professionellen Fehler nach dem anderen. Irgendwann steht er, weil er Angst hat, die Abgewiesene könnte sich etwas antun, wie ein Spanner vor ihrem Fenster und starrt sie in ihrem halb offenen Bademantel an.

Das ist die perfide Wendung dieses aufreibenden (am Ende allerdings arg versöhnlich zugezurrten) Psycho-Lehrstücks: Der Verfolgte wird streckenweise zum Verfolger. Für die wahrnehmungsgestörte Patientin ist das natürlich der definitive Liebesbeweis: Im Stalken vereint, das muss Liebe sein.

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