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Bleiberecht nach 22 JahrenKirchenasyl endet nach 18 Monaten

Ein Gericht verpflichtet die Behörden, zwei chronisch kranken Romni Aufenthalt zu gewähren - die Abschiebung sei zu gefährlich. Die beiden lebten seit April 2010 in den Räumen einer Kirche in Rotenburg.

527 Tage suchten Dulja Saiti (l.) und ihre Tochter Selvije Ernst in der Rotenburger Auferstehungsgemeinde Schutz. Ernsts Sohn Mirzad (m.) besuchte sie dort. Bild: privat

BREMEN taz | 527 Tage konnten Dulja Saiti und ihre Tochter Selvije Ernst die evangelische Auferstehungskirche in Rotenburg nicht verlassen. So lange waren die 72 und 49 Jahre alten Roma-Frauen aus dem Kosovo auf den Schutz der Gemeinde angewiesen. Nun entschied das Verwaltungsgericht Stade: Die beiden dürfen in Deutschland bleiben. Die geplante Abschiebung würde ihre Gesundheit gefährden.

Saiti und Ernst sind körperlich und psychisch chronisch erkrankt, in Serbien oder dem Kosovo könnten sie nicht angemessen medizinisch betreut werden. Das Bundesamt für Flüchtlinge muss ihnen deshalb einen Aufenthaltstitel geben. Die Ausländerbehörde Rotenburg hob daraufhin den Haftbefehl gegen die beiden Frauen auf, die schon seit 22 Jahren in Deutschland sind - meist als "Geduldete". Nun leben sie wieder in ihrer Wohnung.

Das glückliche Ende des Kirchenasyls sei "kaum zu fassen", sagte der Superintendent des Kirchenkreises Rotenburg, Hans-Peter Daub. Saiti und Ernst hatten seit April 2010 auf Matratzen in den Gemeinschaftsräumen der Kirche geschlafen und die Gemeinschaftsküche genutzt. Versorgt hatte sie unter anderem der 23-jährige Sohn von Selvije Ernst, Mirzad. Der war aus einer Ehe mit einem Deutschen hervorgegangen. Sein Vater starb jedoch kurz bevor Selvije Ernst durch die Ehe ein Aufenthaltsrecht bekommen hätte. Mutter und Tochter waren 1988 aus dem Kosovo geflüchtet. Schon lange vor dem Krieg 1999 gab es dort Übergriffe gegen die Roma-Minderheit.

Zu Beginn des Kirchenasyls bildete sich ein Unterstützerkreis von 25 Personen, die beiden Frauen wurden in das Gemeindeleben integriert. Parallel dazu organisierten die Unterstützer immer wieder Gespräche mit Politikern, um auf das Schicksal der Roma-Frauen hinzuweisen. Der Berliner Künstler Harald Birck modellierte Büsten der Flüchtlinge, die Gemeinde ließ Fotos davon auf Postkarten drucken und diese an Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) schicken.

Doch sie fanden sie kein Gehör. Auch die Härtefallkommission des Niedersächsischen Landtages nahm den Antrag, Dulja Saiti und Selvije Ernst Bleiberecht zu gewähren, nicht an.

Die Vorsitzende der Härtefallkommission, Tina-Angela Lindner, erklärte, das Kirchenasyl sei wie ein "Untertauchen" zu werten. Und aus der Illegalität könne kein Härtefallantrag gestellt werden. Hätte die Kommission den Antrag nur zur Bearbeitung angenommen, hätten sie die Kirchenräume verlassen können.

Auch für den Sohn Mirzad sei die Zeit eine tragische Erfahrung gewesen, sagt die grüne Landtagsabgeordnete Elke Twesten aus Rotenburg. Er absolviert eine Ausbildung, habe eine deutsche Freundin und ein eigenes Aufenthaltsrecht. "Er stand vor der Frage: Gehe ich mit oder bleibe ich hier?", sagt Twesten. "Er konnte die beiden ja auch nicht einfach alleine reisen lassen." Die beiden arbeitsunfähigen Frauen hätte ein Leben am Rande der Gesellschaft erwartet - und den Sohn wohl auch: Die Arbeitslosenrate bei Roma ist extrem hoch, Sozialleistungen bekommen sie nicht. "Roma-Rückführungen sind eine Abschiebung ins unkalkulierbare Elend", sagt Twesten. Mehreren Hundert Roma aus Niedersachsen droht weiterhin die Abschiebung ins Kosovo oder nach Ex-Jugoslawien.

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4 Kommentare

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  • N
    noevil

    Liebe/r Melete, meine Kenntnise der Aufenthaltsbestimmungen sind in etwa so alt wie der Sohn, also nicht aktuell, was in diesem Fall aber irrelevant ist. Diese besagen, dass es - zu der Zeit zumindest - keine automatische deutsche Staatsbürgerschaft gab, sondern bei der Meldung der Geburt eines Kindes beim zuständigen Standesamt die gewünschte Staatsbürgerschaft anzugeben war, wenn ein Elternteil nichtdeutscher Herkunft war. Wenn der Vater die Meldung gemacht hatte, davon ist auszugehen, dann stellt sich nur die Frage, hat er die Meldung im Standesamt (Hausgeburt/Klinikgeburt?) gemacht und wofür hat er sich entschieden. Offenbar war ja die Ehe nicht von Bestand. Warum also hätte der Vater sich nicht elegant eines möglichen Problems entledigen können? Im Übrigen leitete sich damals daraus kein automatisches Aufenthaltsrecht für den nichtdeutschen Elternteil ab.

     

    Deshalb kann man nicht gleich falsche Fakten unterstellen.

  • M
    Melete

    Liebe TAZ-Redaktion,

     

    im Artikel stolpert man über so einige widersprüchliche Angaben. Vom 23-jährigen Sohn von Selvije Ernst schreiben Sie, er wäre "aus einer Ehe mit einem Deutschen hervorgegangen". Somit muss er selber die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Wenn er aus einer Ehe mit einem deutschen Vater hervorgegangen ist, hat er die Staatsbürgerschaft automatisch erhalten - eine Vaterschaftsanerkennung ist dann unnötig. Drei Absätze danach schreiben Sie, der Sohn habe "ein eigenes Aufenthaltsrecht". Ein "eigenes Aufenthaltsrecht" als Deutscher?

     

    Zudem hätte Selvije Ernst dann ab 1988 als Mutter eines deutschen Staatsbürgers mindestens bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes einen Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis gehabt. Wie sie nun seit 22 Jahren in Deutschland meist lediglich eine Duldung gehabt haben soll, ist kaum nachvollziehbar.

     

    Also entweder stimmen hier entscheidende Fakten nicht oder Sie haben den wahren Skandal hinter dieser Geschichte noch nicht aufgedeckt.

  • N
    noevil

    Liebe/r Melete, meine Kenntnise der Aufenthaltsbestimmungen sind in etwa so alt wie der Sohn, also nicht aktuell, was in diesem Fall aber irrelevant ist. Diese besagen, dass es - zu der Zeit zumindest - keine automatische deutsche Staatsbürgerschaft gab, sondern bei der Meldung der Geburt eines Kindes beim zuständigen Standesamt die gewünschte Staatsbürgerschaft anzugeben war, wenn ein Elternteil nichtdeutscher Herkunft war. Wenn der Vater die Meldung gemacht hatte, davon ist auszugehen, dann stellt sich nur die Frage, hat er die Meldung im Standesamt (Hausgeburt/Klinikgeburt?) gemacht und wofür hat er sich entschieden. Offenbar war ja die Ehe nicht von Bestand. Warum also hätte der Vater sich nicht elegant eines möglichen Problems entledigen können? Im Übrigen leitete sich damals daraus kein automatisches Aufenthaltsrecht für den nichtdeutschen Elternteil ab.

     

    Deshalb kann man nicht gleich falsche Fakten unterstellen.

  • M
    Melete

    Liebe TAZ-Redaktion,

     

    im Artikel stolpert man über so einige widersprüchliche Angaben. Vom 23-jährigen Sohn von Selvije Ernst schreiben Sie, er wäre "aus einer Ehe mit einem Deutschen hervorgegangen". Somit muss er selber die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Wenn er aus einer Ehe mit einem deutschen Vater hervorgegangen ist, hat er die Staatsbürgerschaft automatisch erhalten - eine Vaterschaftsanerkennung ist dann unnötig. Drei Absätze danach schreiben Sie, der Sohn habe "ein eigenes Aufenthaltsrecht". Ein "eigenes Aufenthaltsrecht" als Deutscher?

     

    Zudem hätte Selvije Ernst dann ab 1988 als Mutter eines deutschen Staatsbürgers mindestens bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes einen Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis gehabt. Wie sie nun seit 22 Jahren in Deutschland meist lediglich eine Duldung gehabt haben soll, ist kaum nachvollziehbar.

     

    Also entweder stimmen hier entscheidende Fakten nicht oder Sie haben den wahren Skandal hinter dieser Geschichte noch nicht aufgedeckt.