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Blattmachen im VergleichDeutsche Spionin in England

Wie unterscheiden sich britische Zeitungen von deutschen - wollte der "Guardian" von seiner Austauschjournalistin wissen. Der Unterschiede gibt es mindestens drei.

Keine Berührungsängste mit Promis, Klatsch und Tratsch: Der Guardian. Bild: ap

"Versuch doch mal herauszufinden, wie man erfolgreich eine Tageszeitung links von der Mitte macht." Das war die Mission, mit der mich mein Arbeitgeber im Rahmen des George Weidenfeld Journalistenaustausch-Programms für drei Monate zum Guardian nach London geschickt hat. Mein Arbeitgeber, das ist die linksliberale Tageszeitung taz.

Susanne Lang

...ist taz-zwei-Ressortleiterin und arbeitet derzeit als Stipendiatin des Deutsch-Britischen George Weidenfeld Journalisten-Austauschprogramms für den Guardian in London.

Als deutscher Spion in England? Das hört sich nach einer guten Mission an, dachte ich. Nicht mehr ganz so gefährlich wie früher, aber immer noch ein Abenteuer.

Wodurch unterscheidet sich nun die Produktionsweise einer englischen von einer deutschen linksliberalen Zeitung - ausgehend von meinem relativ kurzen Beobachtungszeitraum?

Zunächst einmal ist es in England wichtig, nicht ideologisch zu sein - auch im Interesse der verkauften Auflage. Denn im Gegensatz zu Deutschland, wo die meisten Tageszeitungen von ihren Abonennten leben, müssen sich englische Blätter jeden Tag am Kiosk neu behaupten. Und entsprechend aktuell aufgestellt sein.

Das bedeutet, das sich jede Ausgabe bemüht, mir in Großbuchstaben mitzuteilen, welche Beilagen, Ratgeber und Zusatzgeschenke mich zu einem glücklichen Menschen machen werden, wenn ich genau diese Ausgabe kaufe. An manchen Tagen führt dies zu einem erstaunlich voluminösen Haufen Papier, der sogar in Plastik eingeschweisst werden muss, damit auch ja keines der Supplemente verloren geht.

In dieser Woche hat der Guardian zum Beispiel absolut den Vogel abgeschossen - jeden Tag offeriert er einen weiteren Teil des offiziellen Fitnessprogramms der Britischen Armee. Mein Arbeitgeber zu Hause in Berlin würde mich wohl für völlig durchgeknallt halten, wenn ich mit dieser Idee käme. Was aber auch an der mangelnden Fitness der deutschen Streitkräfte liegen könnte, die in der Heimat immer mal wieder für Negativ-Schlagzeilen sorgt.

Der zweite große Unterschied besteht in der Bedeutung, der man in England Prominenten beimisst. Den Untersuchungen zum Tod von Lady Di und Dodi und der Heirat von Nicolas Sarkozy und Carla Bruni wird genauso viel Platz eingeräumt wie den letzten Verfehlungen von Premierminister Gordon Brown. Klatsch und Tratsch werden offensichtlich genauso ernst genommen wie die neuesten Meldungen aus der Politik.

Und warum? Weil sich die Menschen nicht ausschließlich für politische Theorie interessieren, sondern auch für Klatsch und Tratsch. In diesem Punkt sind die Engländer viel ehrlicher als die Deutschen.

Der dritte große Unterschied zwischen britischen und deutschen Medien besteht in der unterschiedlichen Wertschätzung von Lifestyle- und Konsumthemen. In der britischen Presse bekommt man am laufenden Band Ratgeber-Geschichten zu lesen: Wie schafft man es, 150 Jahre alt zu werden? Wie funktioniert gesunde Ernährung? Wie koche ich meinen Fisch am besten? Was zieht man zu Weihnachen, im Winter, bei der Arbeit und auf Parties am besten an? Wie werde ich ein öko-freundlicher Konsument? Und wie ein guter Vater oder eine gute Mutter?

Zu Hause in Deutschland wissen die Menschen das einfach schon alles. Oder die deutschen Journalisten sind einfach zu arrogant, um sich auf die Ebene der alltäglichen Interessen ihrer Leser einzulassen. Man bevorzugt die intellektuellen Höhen - eine klassisch linke Attitüde.

Es gibt da noch eine vierte und letzte Beobachtung - und diese gilt sowohl für den Guardian als auch für meinen Arbeitgeber taz: Beiden Zeitungen liegt ihre Unabhängigkeit am Herzen. Sowohl die Kollegen vom Guardian als auch meine Kollegen von der taz sind glücklich, dass sie bei einer unabhängigen Tageszeitung arbeiten, die nicht zu einem Medien-Konzern gehört. Obwohl dies bedeutet, ein wesentlich geringeres Einkommen als viele Kollegen zu haben.

Dieser Artikel erschien im Orignal unter der Rubrik "Guardian Unlimited Blogs" in der Online-Ausgabe der britischen Tageseszeitung The Guardian (Siehe Link)

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3 Kommentare

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  • S
    Sven

    Zugegeben, etwas einseitig ist der Artikel schon, aber ganz so schlimm wie ihn meine beiden Vorschreiber machen, ist er denn doch nicht. Die beiden zeigen Tugenden, die mir als Auslandsdeutschen oft auffallen: über alles meckern und einfach nur engstirning und verbissen sein. Egal, ob politisch rechts oder links, typisch Deutsch und echt scheiße!

    Da lobe ich doch die Presse in meiner Wahlheimat England, die mir die Chance gibt, ab und an mal über Promis lachen zu können und dürfen. Danke Guardian!

  • GK
    Gregor Keuschnig

    Dieser banale Artikel ist das Ergebnis von einer Woche "Spionage" beim "Guardian"? Als gäbe es keine anderen Unterschiede als die noch grössere Boulevardisierung des Journalismus. Das hätte man auch bequem von zu Hause ermitteln können. Keine Aussage über beispielsweise tiefere Recherchemethoden oder welchen Pressionen ein (politischer) Journalist ausgesetzt ist (oder evtl. nicht). Sehr mager.

     

    Da lese ich lieber die Online-Ausgabe des Guradian. Da fallen einem nämlich so manche Unterschiede auf, die Frau Lang offensichtlich entgangen sind.

  • B
    Ben

    Oh ja - Reisen bildet,

     

    wenn die taz-Redaktion die Interessen ihrer Leserinnen und Leser jetzt auch noch so wichtig nähme und neben dem Promi-Quatsch den Alltag beleuchtete - ein echter Gewinn.

    Schickt doch aus jeder Redaktion mal jemand zum Guardian.

     

    Ben