■ Bitte!: Mehr Wettbewerb!
Danke, Helmut Kohl! sagte die taz in einer Serie vor der Wahl. Jetzt kommt Rot-Grün, und wir lassen prominente und andere kompetente Menschen „Bitte!“ sagen. Was ist Ihr dringendster Wunsch an Rot-Grün? Warum halten Sie ihn für realistisch?
Sorgen Sie für mehr Wettbewerb, weniger Staat und auskömmliche Finanzierung im Bereich von Bildung und Wissenschaft. Denn die Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts ist auf intellektuelle Fähigkeiten, technische Fertigkeiten und kreative Köpfe angewiesen.
Strukturprinzipien leistungsfähiger Bildungssysteme sind Wettbewerb und Auslese, Hilfe für Motivierte und Begabte. Räumen Sie also auf mit der Lebenslüge, daß alle Gymnasien und Hochschulen gleich sind. Die Mittel sind vielmehr künftig leistungsbezogen zu vergeben. Die Studienbewerber sollen ihre Hochschule auswählen – und die Hochschule ihre Studierenden ebenso. Setzen Sie sich daher dringend dafür ein, das planwirtschaftliche Zuteilungsverfahren der ZVS abzuschaffen. Die staatliche Überreglementierung muß aufhören. Die Eigenverantwortung der Hochschulen ist zu stärken – damit sie die Freiheit gewinnen, eigene Modelle zu entwickeln.
Grundlagenforschung ist die Quelle von Innovation, Anwendungsforschung und ihre Verknüpfung mit der Produktentwicklung die Voraussetzung für technologische Leistungsfähigkeit und neue Arbeitsplätze. Daher die dringliche Bitte: Erhöhen Sie die Budgets aller Forschungsorganisationen um jährlich wenigstens fünf Prozent. Und begünstigen Sie die Industrieforschung im Steuerrecht. Sorgen Sie dafür, daß der Rückstau beim Hochschulbau aufgelöst wird, erhöhen Sie die Bundesmittel um jährlich 2 Milliarden Mark. Da hätten Sie sogar noch was übrig – wo doch Ihr Wahlversprechen lautet: Verdoppelung der Wissenschaftsausgaben innerhalb von fünf Jahren.
Und kommen Sie mir bitte nicht mit der Ausrede vom Finanzierungsvorbehalt. Wer die Hochschulen knapp hält, muß ihnen wenigstens die Möglichkeit zu sozialverträglichen Studienbeiträgen geben. Denn beides zusammen geht nicht: Kürzen und Eigeneinnahmen verbieten! Manfred Erhardt
Manfred Erhardt ist Generalsekretär des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft. Er gehört der CDU an und war bis 1996 Wissenschaftssenator in Berlin. Foto: Wolfgang W. Timmler
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