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Bischof über Homophobie in lutherischer Kirche"Es ist ein letztes Aufbäumen"

Horst Gorski wäre fast der erste bekennende schwule, lutherische Bischof der Welt geworden. Jetzt würde er nicht noch einmal kandidieren. Denn er befürchtet die Spaltung des Weltbundes.

"Es gibt einen Mainstream gegen die veralteten Ansichten der Altbischöfe." Bild: doc_lopez / photocase.com
Interview von Philipp Gessler

taz: Herr Gorski, nach den Urteilen von Altbischöfen über Homosexuelle dürften Sie gar kein Pfarrer in der evangelischen Kirche werden, geschweige denn als Propst eine leitende Funktion wahrnehmen, oder?

Horst Gorski: Jedenfalls müsste ich mich nach den Ansichten dieser Herren bereit erklären, auf mein eigenes homosexuelles Leben zu verzichten - und erst recht keine homosexuelle Beziehung eingehen.

Sie wären ja vor knapp drei Jahren fast der erste schwule lutherische Bischof der Welt geworden und haben sich stets zu Ihrer Homosexualität bekannt: Haben Sie denn einen Partner?

Nein, ich bin derzeit nicht in einer festen Beziehung.

Nun sollte man als protestantischer Christ ja möglichst seinen Ärger zügeln, aber kommt bei Ihnen dieses Gefühl nicht doch hoch angesichts der negativen Urteile über Homosexuelle im Brief der Altbischöfe an die Parlamente der Landeskirchen, das neue, liberale Pfarrerdienstrecht nicht zu ratifizieren?

Es ist mehr Unverständnis als Ärger, denn diese theologische Diskussion haben wir doch seit 20 Jahren intensiv geführt - da leugnen die Altbischöfe die allgemein anerkannten Fortschritte in der theologischen Erkenntnis, sie missverstehen die Bibel, die nichts über homosexuelle Partnerschaften sagt, was übrigens an den theologischen Fakultäten der deutschen Universitäten mittlerweile Allgemeingut ist.

ap
Im Interview: Horst Gorski

HORST GORSKI geboren 1957 in Hamburg, ist seit 1999 Propst, das heißt Leiter eines Kirchenkreises, und zwar von Hamburg-West/Südholstein. Vor drei Jahren kandidierte er für das Bischofsamt in Schleswig.

An den Hochschulen der Evangelikalen in und außerhalb Deutschlands wird das aber anders gesehen.

Ja, aber die Briefeschreiber sind ja keine Evangelikalen, sondern waren Bischöfe von evangelischen Landeskirchen. Deren Haltung ist umso erstaunlicher, als die Bischofskonferenz der lutherischen Bischöfe Deutschlands schon vor sieben Jahren eine homosexuelle Partnerschaft von Pfarrerinnen und Pfarrern im Pfarrhaus für möglich erklärt hat, wenn es in der jeweiligen Gemeinde darüber einen Konsens gibt - und diese Bischofskonferenz gilt ja nicht gerade als die Speerspitze der Revolution in unserer Kirche.

Werden einige Landessynoden dennoch die neuen Chancen für gleichgeschlechtliche Paare im Pfarrhaus nicht umsetzen?

Es war immer klar, dass manche Landeskirchen diese liberale Dienstrechtfassung wohl nicht übernehmen werden, deshalb ist sie ja auch so vorsichtig formuliert worden.

Ist nicht auch dieser Brief ein Zeichen für ein Rollback in Ihrer Kirche, einen stärker werdenden konservativen Strom?

Nein, es ist eher in der Kirche ein letztes Aufbäumen einer kleinen Minderheit, die merkt, dass sie nicht mehr die Mehrheit hat.

Sollten trotzdem die Schwulen und Lesben in der Kirche nun mehr in die Offensive gehen?

Ich habe ja in Hannover an den Diskussionen über das neue Dienstrecht bei der bundesweiten Synode im November teilgenommen: Mein Eindruck ist, dass es einen Mainstream gegen die veralteten Ansichten der Altbischöfe gibt.

Könnte es in der evangelischen Kirche am Ende wegen der Frage der Homosexualität zu einer Spaltung kommen wie bei der Anglikanischen Kirche?

Wir haben in letzter Zeit gesehen, wie wichtig diese Frage gerade den lutherischen Kirchen in Afrika ist. Wenn es einen homosexuellen Bischof in Deutschland gäbe, könnte es zu einer Spaltung des lutherischen Weltbundes kommen. Wir müssen da vorsichtig vorgehen. Vielleicht ist die Zeit einfach noch nicht reif. Aber irgendwann sollte es schon einen homosexuellen lutherischen Bischof, eine Bischöfin geben. Wir dürfen aber nicht mit dem Kopf durch die Wand wollen, wenn der Preis die Spaltung des Weltbundes wäre.

Also würden Sie selbst nicht mehr wie vor drei Jahren als Bischof kandidieren, um eine Spaltung zu verhindern?

So gesehen war es vielleicht gut, dass ich damals in Schleswig nicht gewählt worden bin - und vieles ist mir auch erst durch die Reaktionen auf meine Kandidatur deutlich geworden. Daraus kann man lernen. Derzeit würde ich nicht kandidieren.

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9 Kommentare

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  • C
    careFEE

    Eine Kirche die wie jede christliche glaubt Frauen würden von Hui-Buh dem schloßgespenst geschwängert hat im Zeitalter der sexuellen Aufklärung nichts zu suchen. Strafrechtlich btrachtet ist ja auch die Weihnachtsgeschichte schon ein 169 StGB (Kindsunterschiebung).

     

    Eine Kindsunterschiebung deren prediger und Vorschulreligionslehramtsnwärterinnen wir übrigens alle aauch noch über steuergelder finanzieren.

     

    Und bevor jemand schreit anmdere Religionsgemeinschaften würden sich nicht - im wahrsten sinne des Wortes - auf dem Boden unserer bundesdeutschen Verfassung bewegen dann erinnere ich mal an das Thema Kirchenasyl.

     

    Die egschichte der ausbleibenden Menstruation ist eine voller Missverständnisse und Religionskriege, Judenhetze (schon lange vor 1933), islamistenhetze, Männerhetze.

     

    Zeit dem frühfeministischen Abstammungsfälscherinnenirrsinn einhalt zu gebieten.

  • S
    Staatsbürger

    Der Gleichheitsgrundsatz gilt laut Bundesverfassungsgericht auch für Lebenspartnerschaften und gleichgeschlechtlich orientierte Menschen sind durch die EU-Grundrechtecharte geschützt. Der alte Tötungsvorbehalt ist aufgehoben und es gibt weder in Kirche noch im demokratischen Staat Untermenschen. Das ist die Rechtslage.

  • A
    achim

    Nicht noch einmal kanidieren? Warum nicht? Der wissenschaftliche Standart versteckt sich hinter der angeblich politischen Realität, somit versteckt sich eine Wahrheit der Vernunft hinter vernunftgeleiter Politik. Ich finde das sehr schräg. Wenn sich Politik, auch Kirchenpolitik, nicht, und das zum Teil agressiv, mit der Realität konfrontiert sieht, verliert sie ihren bezug zu eben dieser und verfehlt ihre Funktion. Die Auseinandersetzungen im letzten Jahr mit Wikileaks und mit der Homophobie im amerikanischen Verteidungsministerium zeigen doch wie wichtig es sein kann und wie wichtig es ist die karten offen zu legen. Ich finde die Meinung von Herrn Gorski ist aus einer falschen politischen Vorsicht entstanden, die ich bevormundend halte. Nur Mut in solchen Diskussionen! Keine falsche Bescheidenheit! Keine Verleumdung der eigenen Person! Wo kommt denn eine Kirche hin, die die Menschen aus dem Blick verliert? ach ja stimmt, schlechte Frage.

  • I
    Ingo

    Der ehemalige Artikel 175 StGB war verfassungskonform,

    das stellte das Bundesverfassungsgericht fest.

    Die Homolobby zickt mal wieder nur rum und die Presse macht mit.

    • @Ingo:

      DAS WAR EINE ENTSCHEIDUNG VON RICHTERN, DIE NOCH SEHR NAHE AN ALTNAZIS ERINNERN. ABER ESIST LANGE HER (44 JAHRE!)!

  • D
    Daniel

    Passend an dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass der SETh, Studierendenrat Evangelischer Theologie, an diesem Wochenende einen Studientag zum Berufsbild von Pfarrerinnen und Pfarrern unter dem Titel "Single, same sex, Superfamilie - das Pfarrhaus an der Schwelle zum 21. Jahrhundert" veranstaltet. Dort wird eben dieses Thema von der Interessenvertretung der Theologiestudierenden diskutiert, um sich dann zu positionieren, auch gegenüber der EKD.

  • MD
    Martin D.

    Die alten Bischöfe führen als Grund einzelne Passagen der Bibel heran. Das ist gewagt, denn falls die Evangelischen die Bibel Wort für Wort ernst nehmen würden, dann müßten sie gleich ihre ganze Kirche abschaffen. Denn da gibt es haufenweise Widersprüche. Wo z.B. ist der Leitsatz "Auge um Auge ..." in der ev. Kirche anzutreffen?

  • LZ
    Ludwig Zehnder

    Ja, es ist tatsächlich ein letztes Aufbäumen einer sterbenden Kirche.

    • @Ludwig Zehnder:

      SIE SCHRUMPFT. DAS IST KEIN STERBEN!