: Bis zu 30 Prozent weniger Lohn
ARBEITSRECHTE In Bremen gibt es überdurchschnittlich viele Zeitarbeiter, so eine Studie der Arbeitnehmerkammer. Sie will nun deren Rechte stärken
Die Bürgerschaftsfraktionen von SPD und Grünen haben im vergangenen Jahr den Senat aufgefordert, die Rechte von Zeitarbeitern per Bundesratsinitiative zu stärken. Laut der SPD-Abgeordneten und DGB-Landeschefin Helga Ziegert diskutiert die Länderkammer auf ihrer heutigen Sitzung eine entsprechende Eingabe der Bremer Landesregierung. gkw
Die Arbeitnehmerkammer hat eine Reform der Zeitarbeit gefordert. Gestern präsentierte die Kammer eine Studie zur Zeitarbeit im Land Bremen. Demnach stammt mehr als jede zweite hier gemeldete offene Stelle von einem Leiharbeitsunternehmen. Im Juni 2008 lag der Anteil von LeiharbeiterInnen an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei 4,1 Prozent – und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 2,6 Prozent.
Schon 2004 wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, dass die Leiharbeit regelt, reformiert. Dabei wurde jedoch unter anderem die „Höchstüberlassungsdauer“ abgeschafft, die die maximale Beschäftigungsdauer eines Zeitarbeiters in einem Unternehmen festlegte. Zeitarbeiter können von den entleihenden Unternehmen nun theoretisch bis ins Rentenalter beschäftigt werden – und erhalten für die gleiche Arbeit häufig bis zu 30 Prozent weniger Geld als festangestellte Kollegen, so die Studie der Kammer.
Fast alle Bremer Zeitarbeitsfirmen haben eigene Tarifverträge. Sie entlohnen ihre Mitarbeiter nicht nach den üblichen Tarifen einer Branche und können so „den Grundsatz der gleichen Bezahlung von Stammbeschäftigten und Zeitarbeitern in einem Unternehmen unterlaufen“, sagte Kammergeschäftsführer Ingo Schierenbeck. Dabei besagt der im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verankerte „Gleichstellungsgrundsatz“, dass LeiharbeiterInnen zu den gleichen Bedingungen wie Stammarbeitnehmer beschäftigt werden müssen.
Für ihre Zeitarbeits-Studie wertete die Kammer 228 Beratungsgespräche mit ZeitarbeiterInnen aus dem Jahr 2007 aus. „Bei der Beratung ging es überdurchschnittlich oft um die Rechtmäßigkeit von Kündigungen und um Rechtsfragen zum Thema Vergütung“, so Kammer-Justiziar Joachim Duhnenkamp. Es komme vor, dass Leiharbeitsfirmen ihren Mitarbeitern Lohn ganz oder teilweise vorenthielten. „Diese fordern ihr Geld dann oft nicht ein, weil sie Angst vor einer Kündigung haben. Bei Zeitarbeitern greift der Kündigungsschutz nämlich nicht“, sagte Duhnenkamp. Die Kammer verlangt deshalb eine Kontrolle der „arbeitsrechtlichen Zuverlässigkeit“ von Zeitarbeitsfirmen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) müsse gegebenenfalls auch Lizenzen entziehen „um den schwarzen Schafen das Handwerk zu legen“, sagte Schierenbeck.
Die Studie zur Zeitarbeit wolle man nun an die Bremer Bundestagsabgeordneten herantragen, denn eine Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes kann nur auf Bundesebene erfolgen. Um die Bedingungen für Leiharbeiter auf lokaler Ebene zu verbessern, will die Kammer verstärkt mit der Arbeitsagentur zusammenarbeiten.
Gesa Koch-Weser