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Archiv-Artikel

christoph schultheis „Bis an den letzten Tag“

Wie lassen sich süße „Superstars“ unbeschadet aus einer Castingshow entfernen? Mit einer cleveren Idee. Theoretisch.

Scheiße gelaufen, muss man sagen. Für Judith, das „kleine Vögelchen“, den „Kullerkeks“, das „Bambi“ (oder was auch immer sich Dieter Bohlens Kosenamen-Texter haben einfallen lassen für die 17-jährige „Deutschland sucht den Superstar“-Kandidatin). Und was man noch sagen muss: Dies ist kein Text über die RTL-Castingshow. Nicht wirklich.

Echt scheiße gelaufen ist es trotzdem. Für Judith. Denn Judith war – daran ließen weder Dieter Bohlens „Superstar“-Mitjuroren noch er selbst jemals Zweifel – von Anfang an nur deshalb in der zweiten, so genannten DSDS-Staffel dabei, weil Herr Bohlen das so wollte. „Bis an den letzten Tag“ werde er für sie kämpfen, sagte Bohlen. Denn Judith, das süße, braun gelockte Ding, die kleine Lolita mit dem sprießenden Achselhaar war Bohlens Schützling, Bohlens Entdeckung. So wie die süße, braun gelockte Isabel damals. Ja, ja, Sie erinnern sich bestimmt: Vor knapp zwei Jahren im ADNNADEADASSGW-Zeitalter, als Deutschland noch nicht ahnte, dass es alsbald derart auf Superstarsuche gehen würde, trat zum deutschen Vorentscheid für den „Eurovision Song Contest“ („Grand Prix“) die damals 18-jährige Isabel Soares an. Mit freundlicher Unterstützung von Dieter Bohlen. Und der Bild-Zeitung. In der Studioversion klang ihr „Will My Heart Survive“ sogar vergleichsweise herzerweichend. Live nicht. Isabel schaffte es gerade mal auf Platz 6. Man hat nie wieder von ihr gehört.

Stattdessen Judith: immer samstags auf RTL bei DSDS, braun gelockt und süß und wie gesagt. Gut singen konnte sie allerdings auch nicht. Nicht wirklich. Und immer noch im Rennen war sie nur, weil bislang irgendwer stets unbeliebter oder unscheinbarer gewesen war. Oder wegen Dieter Bohlen.

Am Samstagabend allerdings (und hier erst beginnt die eigentliche Geschichte) teilte der Internetanbieter AOL kurz vor Beginn der „Superstar“-Show seinen abermillionen Nutzern unter Berufung auf die Nachrichtenagentur ddp mit, was wiederum die Bild-Zeitung schon morgens berichtet hatte: dass nämlich Judith freiwillig und vorzeitig aus der RTL-Show aussteigen wolle. Und das klang nach einer richtig cleveren Idee, um Bohlens süßen Protegé in letzter Sekunde halbwegs unbeschadet für alle (!) Beteiligten aus der Show zu entfernen: Kein Mensch hätte sich oder sonstwem peinliche Fragen stellen müssen, hie und da hätte es ein paar Schlagzeilen gegeben, ein paar schulterzuckende „Alles Gute“-Sätze, fertig. Immerhin war zwischenzeitlich sogar Bohlens Freundin Estefania „eifersüchtig“ auf Judith. Hieß es.

Heute wissen wir: Freiwillig ausgestiegen ist Judith dann doch nicht. Nie wieder gehört haben wird man dennoch von ihr, Herr Bohlen!