Birmanische Oppositionsführerin: Politisches Comeback verkündet
Aung San Suu Kyi will nach Ende ihres jahrelangen Hausarrests in die Politik zurück. Der Militärjunta bietet sie den Dialog an. Politiker in aller Welt begrüßten die Freilassung der Oppositionellen.
RANGUN afp/dapd | Nach dem Ende ihres jahrelangen Hausarrests hat die birmanische Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi ihre Rückkehr in die Politik angekündigt. In ihrer ersten Rede seit sieben Jahren rief sie am Sonntag die Opposition in ihrer südostasiatischen Heimat zur Geschlossenheit auf. Sie werde mit "allen demokratischen Kräften zusammenarbeiten", sagte die Friedensnobelpreisträgerin, deren Freilassung international begrüßt worden war.
"Ich brauche die Energie des Volkes", rief Suu Kyi ihren Anhängern am Sitz ihrer Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) in Rangun zu. "Hebt eure Energie für uns auf. Wenn wir zusammenarbeiten, werden wir unser Ziel erreichen." Mit ihrer Ansprache machte die Regierungskritikerin nur einen Tag nach ihrer Freilassung deutlich, dass sie ihren Kampf für Demokratie in Birma nicht aufgibt. "Ich glaube an die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit."
Suu Kyi kämpft seit 1988 friedlich für die Einführung der Demokratie in Birma und gilt dort als Hoffnungsträgerin für eine bessere Zukunft. Sie rief ihre Anhänger auf, nicht aufzugeben. "Ich hoffe, dass alles, was ich für diese Land tue, nicht nur auf moralischer Macht begründet ist, sondern ich möchte glauben, dass ich Teil einer wirkungsvollen Bewegung bin."
Suu Kyi sagte, sie hege "keinen Groll" gegen die Militärjunta, die sie rund 15 der vergangenen 21 Jahre in Haft setzte oder unter Hausarrest stellte. Sie wolle nun die "Stimme des Volkes hören", sagte die Oppositionsführerin. "Dann entscheiden wir über das, was wir machen wollen."
Vor Reportern erklärte Suu Kyi am Sonntag, ihre Botschaft an Juntaführer General Than Shwe sei: "Lass uns direkt miteinander sprechen. Ich bin für die nationale Versöhnung. Ich bin für den Dialog. Was für eine Autorität ich auch immer habe, ich werde sie dafür einsetzen. Ich hoffe, dass die Menschen mich unterstützen."
Wie am Samstag, als sich Suu Kyi erstmals nach ihrer Freilassung am Tor ihres Hauses ihren jubelnden Anhängern zeigte, bereiteten ihre Unterstützer ihr auch am Sonntag vor der Parteizentrale einen rauschenden Empfang. In der Menge hatte die Friedensnobelpreisträgerin Mühe, aus dem Auto zu steigen und sich ihren Weg zu bahnen.
Obwohl es zahlreiche Befürchtungen gab, die Junta würde politische Aktivitäten von Suu Kyi unterbinden, bestätigte ihr Anwalt, dass sie ohne Auflagen aus ihrem Hausarrest entlassen wurde. "Sie ist vollkommen frei", sagte Nyan Win.
Auf den Schultern Suu Kyis lasten hohe Erwartungen. Allerdings ist die Opposition in Birma zersplittert. Selbst von der NLD hatte sich vor der umstrittenen Parlamentswahl vor einer Woche eine Gruppe abgespalten. Suu Kyis Partei wollte die Wahlen boykottieren und wurde deshalb zwangsaufgelöst. Menschenrechtsorganisationen warfen der Junta vor, nun mit ihrer Freilassung von Unregelmäßigkeiten bei dem Urnengang ablenken zu wollen.
In aller Welt wurde die Freilassung Suu Kyis begrüßt. Allerdings forderten zahlreiche Staats- und Regierungschefs zugleich die Freilassung aller politischer Häftlinge. US-Präsident Barack Obama bezeichnete die Friedensnobelpreisträgerin als "seine Heldin". "Es ist Zeit für das Regime in Birma, alle politischen Gefangenen freizulassen, nicht nur eine."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte die "Gewaltlosigkeit und Unnachgiebigkeit" von Suu Kyi. Zugleich appellierte sie wie Obama an die Militärmachthaber, auch die weiteren noch über 2000 politischen Gefangenen freizulassen. Ähnlich äußerten sich unter anderem UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International freute sich ebenfalls über das Ende des Hausarrests, mahnte aber auch: "Die Freilassung markiert nur das Ende eines ungerechten Urteils, das illegal verlängert wurde." Die Organisation schätzt die Zahl der politischen Gefangenen in Birma auf 2.200. Jared Genser von der Menschenrechtsgruppe Freedom Now äußerte sich zurückhaltender. "Die gute Nachricht ist, dass sie jetzt für sich selber sprechen kann", sagte er in Washington. Doch die internationale Gemeinschaft solle noch nicht zu optimistisch sein, was die Entwicklung Birmas angehe. "Wir sollten uns daran erinnern, dass sie in den vergangenen Jahren bereits drei Mal entlassen wurde und dass sich nichts grundlegend geändert hat".
ut/jes
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