Birma: Wieder Militär auf Ranguns Straßen
Die Junta schickt offenbar aus Angst vor Protesten erneut Polizei und Militär auf die Straße. Junta-Repräsentant sucht das Gespräch mit der Oppositionsführerin.
BANGKOK taz Birmas Militärregierung hat gestern erneut Hundertschaften von Polizei und Militär in der Metropole Rangun aufmarschieren lassen. Öffentliche Plätze wie die berühmte Shwedagon-Pagode, die einer der Ausgangspunkte der Massendemonstrationen war, wurden mit Stacheldraht abgeriegelt. Offenbar befürchtete die Junta, dass sich die friedlichen und von Mönchen geführten Proteste, die sie vor einem Monat gewaltsam niederschlagen ließ, erneut aufflammen könnten, zumal gestern ein buddhistischer Feiertag war.
Doch neue Proteste sind vorerst unwahrscheinlich. Innerhalb der verarmten Bevölkerung haben sich zwar nach Jahrzehnten der Militärdiktatur Wut und Frust angestaut, aber viele, die es wagten, öffentlich ihrem Unmut Luft zu machen, wurden in den letzten Wochen verhaftet und verschleppt. Dissidenten sprachen von mindestens 200 Toten und insgesamt 6.000 Festgenommenen. Das Mitglied einer in Thailand ansässigen Exilgruppe erklärte gegenüber der taz, dass die Verhaftungen weitergingen. Agenturen berichteten gestern hingegen, dass 70 Personen, darunter 50 Mitglieder der oppositionellen Nationalen Liga für Demokratie (NLD), freigelassen wurden.
Unterdessen suchte der von der Junta als "Verbindungsmann" für die Opposition bestimmte Arbeitsminister Aung Kyi das Gespräch mit der unter Hausarrest stehenden Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Die Führerin der oppositionellen NLD hatte zwölf der vergangenen neunzehn Jahre unter Arrest verbracht. Am Donnerstag durfte Suu Kyi ihre Verbannung für anderthalb Stunden unterbrechen, um sich mit Aung Kyi in einem Gästehaus der Junta zu treffen. Einzelheiten des Gesprächs wurden bisher nicht bekannt.
Der UN-Sondergesandte Ibrahim Gambari erklärte, dieses Gespräch "sei nur ein erster Schritt". Diesem müsse ein konkreter Dialog zwischen Junta und Opposition folgen. Gambari ist seit Wochen in Birmas Nachbarschaft unterwegs, um für eine einheitliche Strategie im Umgang mit der Junta zu werben. Während der Westen seine Sanktionen gegen das Land verschärfte, lehnen dies viele asiatische Länder ab. Erst am Mittwoch hatten die Außenminister Chinas, Russlands und Indiens erklärt, sie unterstützten zwar die UN-Bemühungen, Sanktionen aber würden "die Situation nur verschlimmern".
Menschenrechtler schlagen angesichts der humanitären Krise Alarm. Birmas Militärs führten nicht nur Angriffe auf friedliche Demonstranten und Mönche in Rangun, sondern auch auf Dörfer ethnischer Minderheiten, so Human Rights Watch. Wachsende Flüchtlingsströme seien die Folge.
Ähnlich äußerte sich die Nichtregierungsorganisation Thailand Burma Border Consortium. Sie untersuchte die Situation von Angehörigen der Mon, Shan, Karen und Karenni und spricht von 503.000 Vertriebenen allein im Osten Birmas.
Beunruhigt ist auch der UN-Menschenrechtsbeauftragte Paulo Sergio Pinheiro. Ihm erlaubte die Junta jetzt erstmals seit vier Jahren wieder die Einreise. Er fordert uneingeschränkten Zugang zu allen Gefängnissen. Im Umgang mit der Junta hatte er stets für einen intensiveren Dialog in der UN geworben.
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