Birma nach der Wahl: Gerüchte um Suu Kyi
Die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi steht Gerüchten zufolge unmittelbar vor der Freilassung aus dem jahrelangen Hausarrest. Ihr Sohn erhielt jetzt ein Besuchsvisum.
BANGKOK taz | Offiziell drang nichts nach außen, dafür kursierten in Birmas Metropole Rangun umso mehr Gerüchte: Aus Kreisen der Militärjunta hieß es am Freitag, die unter Hausarrest stehende Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi komme zweifellos frei. Berichten zufolge erhielt ihr Sohn Kim Aris ein Visum für Birma, um seine Mutter nach zehn Jahren wiedersehen zu können. "Wir warten nur noch auf den richtigen Moment", so ein Vertreter des Regimes.
Den bestimmt Juntachef Than Shwe. Er soll die Freilassungspapiere bereits unterzeichnet haben. Das ließ Spekulationen blühen, Suu Kyi könne schon am Freitag, einen Tag vor dem regulären Ende ihres Arrests, ihr Haus in Rangun verlassen. Zuletzt war sie im Mai 2003 verhaftet worden. Insgesamt verbrachte sie 15 der letzten 21 Jahre in Haft oder unter Hausarrest.
Mehrere hundert Anhänger versammelten sich am Nachmittag sowohl vor dem Hauptquartier von Suu Kyis mittlerweile zwangsaufgelösten "Nationale Liga für Demokratie" (NLD) als auch nahe ihrem Wohnsitz. Dann aber kursierte eine SMS: "Gerade wurde mitgeteilt, es werde Samstagmorgen um neun Uhr so weit sein."
Manche fürchten, die Junta könnte wie in der Vergangenheit in letzter Minute Suu Kyis Arrest verlängern. Dass die Militärs diese Taktik jetzt offenbar nicht anwenden, hängt sicher mit dem Versuch zusammen, von der internationalen Kritik an den Wahlen vom vergangenen Sonntag abzulenken.
Suu Kyis NLD hatte die Wahlen boykottiert, kleine Oppositionsparteien aber nahmen teile. Nun klagen sie über massiven Wahlbetrug durch das Regime und weigern sich, den Sieg der juntatreuen Partei USDP anzuerkennen.
Nicht in Birma ansässigen Beobachtern sowie Journalisten war die Einreise zu den Wahlen verboten worden. Am Wahltag selbst war ein japanischer Fotograf in der östlichen Grenzstadt Myawaddy verhaftet worden, als er Bilder in einer Wahlstation schoss. Am Dienstagabend wurde er abgeschoben. Auch wurden gerade zwei australische TV-Journalisten ausgewiesen, obwohl sie Langzeit-Visa besaßen.
Auch wenn Suu Kyi jetzt freikommen sollte, ist eine Demokratisierung damit noch nicht in Sicht. Sollte Suu Kyis Popularität ungebrochen sein, werde die Junta einen Vorwand nutzen, um sie erneut wegzusperren, fürchten Dissidenten. Schließlich hatte die Oppositionsführerin angekündigt, sie wolle nach Ablauf ihres Hausarrests helfen, die massiven Vorwürfe von Wahlbetrug aufzuklären. Die Militärs könnten Suu Kyi vorwerfen, dass sie und ihre NLD zum Wahlboykott aufgerufen hatten. Das kann mit Haft bestraft werden.
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