Biosprit: Zu wenig Wasser für Energiewende
Auf der Internationalen Wasserkonferenz in Stockholm warnen Experten: Es gibt zu wenig Süßwasser, um so viel Agrosprit zu produzieren wie derzeit vorgesehen.
STOCKHOLM taz Es gibt auf der Erde nicht genug Wasser, um den Bedarf an Lebensmitteln zu decken und zusätzlich noch große Mengen Pflanzen für die Gewinnung von Biosprit anzubauen. Dies geht aus Studien hervor, die ForscherInnen auf der Internationalen Wasserwoche vorlegen werden, die derzeit in Stockholm stattfindet. Ihr Schlusssatz: Bioenergie werde schon wegen der mangelnden Wasserresourcen niemals die große Rolle spielen können, die die BefürworterInnen dieses möglichen Erdölersatzes sich von ihr erhoffen.
Ganz im internationalen Trend der Umweltdebatte setzt die zum 17. Mal veranstaltete "World Water Week", bei der es in den Vorjahren vorwiegend um Fragen der Versorgung der Menschheit mit reinem Trinkwasser und einer effektiven Handhabung des Abwassers ging, in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf das Thema Wasser und Klima. "In der Landwirtschaft werden bereits jetzt so enorme Mengen an Wasser verwendet, dass viele Flüsse nicht mehr das Meer erreichen", betont Jan Lundqvist vom Stockholmer Internationalen Wasserinstitut SIWI.
In dieser ohnehin angespannten Ressourcensituation benötigen nun auch Pflanzen wie Zuckerrohr, Raps oder Eukalyptus Wasser, die gezielt zur Produktion von Agrosprit angebaut werden. Lundqvist zufolge zeigen Schätzungen zur weltweiten Entwicklung des Biosprit-Marktes, dass der Anbau dieser Energiepflanzen im Jahr 2045 ebenso viel von dem teuren Nass kosten wird wie die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion: 11.000 Kubikkilometer, also 11.000 Milliarden Kubikmeter. Weltweit seien aber nur 14.000 Kubikkilometer Süßwasser zugänglich.
"Die Rechnung kann also nicht aufgehen", sagt Lundqvist. Zwar gebe es noch viele nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten, effektiver mit Wasser umzugehen, die Verluste an Regenwasser zu minimieren und auch die Lebensmittelproduktion zu vermindern. Dazu gehört, dass man die Überkonsumtion, das Verderben und Wegwerfen von Lebensmitteln in vielen Teilen der Welt kräftig verringern könnte. "Aber unter dem Strich kann der Anteil an Energiepflanzen für die Energieversorgung trotzdem nicht so groß werden, wie manche Enthusiasten bislang erhofft haben."
An der Weltwasserwoche, die bis zum kommenden Samstag dauert, nehmen 2.500 TeilnehmerInnen aus 140 Ländern teil, darunter Wissenschaftler, Wassermanager, Regierungsvertreter und NGO-Aktivisten. Am Donnerstag wird der schwedische König den US-Amerikaner Perry L. McCarty für seine Verdienste bei der Erforschung der Abwasserreinigung mit dem Weltwasserpreis 2007 auszeichnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag