Bioprodukte-Kommentar: Wer vom Bio-Boom profitiert
Ob in Discountern oder Bioläden - die Nachfrage nach Bioprodukten steigt immer weiter. Doch weil die Politik versäumt hat, deutsche Biobauern zu fördern, muss immer mehr Bioessen importiert werden.
Reiner Metzger ist stellvertretender Chefredakteur der taz.
Der Lidl-Konzern will die Biosupermarktkette Basic übernehmen, doch das läuft nicht so glatt wie geplant. Das ist gut, denn es wäre ein Präzedenzfall. Zwar führen alle großen Supermarktketten inzwischen Biolebensmittel im Sortiment, doch der Biohandel blieb bislang unter sich - das gilt für den kleinen Tante-Emma-Bioladen wie für eine Biosupermarktkette wie Basic. Mit dem Lidl-Deal aber würde die Gren- ze zwischen Einzelhandelskonzernen und Biomarkt aufgebrochen.
Seit die Sache publik ist, sieht sich Basic einer doppelten Drohung ausgesetzt: An eine Lidl-Tochter wollten die Lieferanten nicht mehr liefern. Und auch viele Kunden wollten lieber bei einem unabhängigen Biohändler kaufen, statt Kundschaft eines großen Konzerns zu werden. Das ist ein seltenes Beispiel von gemeinsamem Handeln in der Lebensmittelbranche, die ansonsten nicht gerade von Konsumentenwitz bestimmt wird.
Das Problem aber wird bleiben - die Frage nämlich, wie die deutsche Bevölkerung künftig auf breiter Basis mit Bioessen versorgt werden soll. Denn die hiesigen Biobauern können beim Bio-Boom nicht mithalten. Ein Bauer braucht Jahre und viel Wagemut, um seine Produktion umzustellen. Zudem ist die Mehrheit der hiesigen Landwirte von den dauerhaften Niedrigpreisen der vergangenen Jahrzehnte völlig ausgepowert. Trotzdem wäre es nicht nötig gewesen, dass vor allem ausländische Erzeuger jetzt auf dem Biomarkt dermaßen abräumen.
Hier liegt ein klares Versagen der Politik vor. Außer Lippenbekenntnissen haben die Landwirtschaftsminister der Bundesländer für Biobauern und deren regionale Vermarktung kaum etwas zuwege gebracht. Auch auf EU-Ebene konnten oder wollten die Unterhändler der Bundesregierung wenig bewirken: Da wurden lasche Biorichtlinien abgesegnet, die Agrarsubventionen wirken weiter in die falsche Richtung, und die hilfreichen EU-Fonds für regionale Vermarktung oder die Umstellung von Biohöfen werden immer mehr eingeschmolzen.
Deshalb nehmen die Importe von Bioessen zu - und das kommt eher den Konzernen entgegen. Die Aufregung um Basic wird also nicht die letzte auf dem Biomarkt gewesen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!