Biogasanlage in Spandau: Biomüll ein bisschen mehr bio
Die BSR beginnt mit dem Bau einer neuen Biogasanlage in Spandau. Ende 2012 soll sie in Betrieb gehen. Doch die Anlage wird nicht so klimafreundlich, wie es möglich wäre.
Es soll die "bundesweit modernste Vergärungsanlage für Bioabfälle" sein, die die BSR in den nächsten anderthalb Jahren in Spandau errichtet. "Mit der Biogasanlage setzt sich Berlin an die Spitze, denn wir sind die erste Großstadt in Deutschland, die ihren Bioabfall zukünftig in diesem Umfang klimafreundlich verwertet", lobte Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) angesichts des ersten Spatenstichs am Freitag. Doch Umweltschützer sind der Ansicht, dass mit der neuen Anlage mehr Klimagase in die Luft geblasen werden als technisch nötig.
Momentan landen die meisten Abfälle, die in Berliner Biomülltonnen geworfen werden, auf offenen Kompostieranlagen in Brandenburg. Dort entweichen die bei der Kompostierung entstehenden klimaschädlichen Gase in die Luft. "Die offene Kompostierung lässt Lachgas und Methan in die Atmosphäre dringen, insofern ist die neue Anlage zunächst mal zu begrüßen", sagt Carmen Schultze, Sprecherin des Umweltverbandes BUND.
In der Biogasanlage sollen jährlich 60.000 Tonnen Biomüll aus den Berliner Haushalten zu Methan vergoren werden. Aufbereitet und konzentriert entspricht das Methan chemikalisch gesehen Erdgas. Und Erdgas lässt sich etwa zum Heizen oder für den Antrieb von Fahrzeugen nutzen. 60.000 Tonnen sind nach BSR-Angaben die gesamte Menge an Biomüll, die jährlich in Berlin gesammelt wird. Laut der BSR-Vorsitzenden Vera Gäde-Butzlaff sollen die Sammelfahrzeuge ab 2013 die Hälfte aller gefahrenen Kilometer mit Erdgas betankt zurücklegen.
"Problematisch ist, dass bei der Anlage Methan austreten wird, obwohl das technisch vermeidbar wäre", sagt Schultze. Methan ist - genau wie Kohlendioxid (CO2) - ein klimaschädliches Gas. Nur ist seine Wirkung über 20-mal stärker als die von CO2. Das Problem: Beim Betrieb der Biogasanlage entweicht ein Methanrest in die Luft. Der Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses forderte daher im Januar, die Montage eines Rohrs zu prüfen, welches das Rest-Methan in die benachbarte Müllverbrennungsanlage leitet. Nach der Verbrennung würde nur das - weniger klimaschädliche - CO2 in die Luft gelangen. Dass das Rohr nicht gebaut wird, sieht die Umweltberaterin Gudrun Pinn daher "als Niederlage für die Regierungsfraktionen".
"Das Rohr war nicht genehmigungsrelevant für die Anlage", sagt BSR-Sprecherin Sabine Thümler. Außerdem spare die Anlage gegenüber der Kompostierung eine Menge an klimaschädlichen Gasen ein. Gerechnet auf die Gesamtmenge des Biomülls soll die Ersparnis über 5.000 Tonnen CO2 jährlich entsprechen. Zahlen aus dem Abfallwirtschaftskonzept des Senats, die Pinn mit den BSR-Zahlen gegenübergestellt hat, legen allerdings nahe, dass eine Verbrennung der Abfälle das Klima weniger belasten würde.
Man dürfe nicht alleine die CO2-Bilanz betrachten, sagt Thümler dazu. Die Anlage habe positive Effekte, die sich auf andere Umweltbereiche bezögen. So würden mit Erdgas betriebene Fahrzeuge leiser fahren, es werde weniger Feinstaub verursacht. Mit den Resten aus der Vergärung werde Dünger gewonnen. Außerdem habe man als Unternehmen sowieso keine Wahl: Die EU schreibe vor, das verschiedene Abfälle getrennt zu erfassen und zu verwerten seien.
Carmen Schultze vom BUND zweifelt sowieso daran, dass die Zahlen über die Klimawirkung der unterschiedlichen Verwertungswege wirklich aussagekräftig sind. Denn die Wirkung sei komplex. "Wenn Stoffe einfach verbrannt werden, dann sind sie weg", sagt Schultze. Die Wiedergewinnung oder -erzeugung koste erneut CO2, ebenso der Transport. All das mit einzurechnen sei praktisch unmöglich. Auch Pinn ist nicht der Ansicht, dass Bioabfälle besser verbrannt werden sollten. Doch sowohl Pinn als auch Schultze fordern, dass die BSR ihre Anlage optimiert.
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