: Bindung und Nähe statt Druck
betr.: „Hart, aber verdammt erfolgreich“, taz vom 12. 5. 06
Die wahre Erklärung für den Erfolg dieser Schulen ist einfach, wenn man den kanadischen Bestseller „Hold on to your kids“ von Gordon Neufeld/Gabor Maté kennt (deutsch „Unsere Kinder brauchen uns“, erscheint Anfang Juli ).
Der Erfolg liegt nämlich nicht an der Disziplin und den langen Lernzeiten, sondern daran, dass den Kindern endlich genügend Erwachsene intensiv als Bindungspartner zur Verfügung stehen und sie von der fatalen Gleichaltrigenorientierung runterkommen. Die Lehrer, die neun Stunden physisch und 24 Stunden per Handy zur Verfügung stehen, geben den Kindern die Möglichkeit, im Schutz der Wertschätzung durch diese Lehrer nach und nach ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Unsere Kinder werden von klein auf ständig in Situationen gebracht, wo ihre zentralen Bindungspersonen nicht verfügbar sind, sondern nur eine überlastete Erzieherin/Lehrkraft für 15 oder mehr Kinder. In ihrer Not übertragen sie dann ihr instinktives Bedürfnis zu lernen, was „richtig“ ist, auf ihre Altersgenossen, und das hat auf Dauer die entsetzlichen Folgen, die wir seit Jahren diskutieren: Uniformität, Coolsein, Verrohung, steigende Selbstmordraten, sinkende Lernleistungen. In Amerika, wo dieser Prozess noch weiter fortgeschritten ist als bei uns, beginnt jetzt dank Psychologen wie Gordon Neufeld ein Umdenken. Die Grundlage für Erfolg und Zugehörigkeit zur Gesellschaft ist nicht Druck, sondern Bindung und Nähe. DAGMAR NEUBRONNER, Bremen
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