Bin Ladens "rechte Hand" bleibt in Europa: Auch Hassprediger haben Rechte
Abu Qatada soll für Bombenanschläge und Mordaufrufe verantwortlich sein. Weil ihn in Jordanien kein fairer Prozess erwartet, darf er nicht abgeschoben werden.
DUBLIN taz | Der spanische Richter Baltasar Garzón bezeichnete ihn einst als "Osama bin Ladens rechte Hand in Europa". Jetzt ist das Urteil gefällt und Omar Mahmoud Mohammed Othman, genannt Abu Qatada, bleibt in Europa.
Qatada wurde 1960 in Bethlehem geboren, das damals zu Jordanien gehörte. 1993 reiste er mit seiner Frau und seinen fünf Kindern mit falschen Pässen der Vereinigten Arabischen Emirate nach Großbritannien und beantragte politisches Asyl. Ein Jahr später erhielt er den Flüchtlingsstatus. 1999 wurde er in Jordanien in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er an einem Bombenanschlag beteiligt gewesen sein soll.
Im Februar 2001 wurde er von der britischen Polizei vorübergehend festgenommen, da man ihn verdächtigte, in Verbindung mit einer Frankfurter Al-Qaida-Zelle zu stehen, die einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg plante. Kurz bevor Großbritannien nach den Anschlägen vom 11. September 2001 weitreichende Antiterrorismusgesetze verabschiedete, die die Internierung Verdächtiger ohne Anklage ermöglichten, tauchte Qatada unter.
Zehn Monate Fahndung
Obwohl er aufgrund seiner Größe und Körperfülle recht auffällig ist, dauerte es zehn Monate, bis ihn die Polizei in einer Sozialbauwohnung in Südlondon aufspürte und ins Belmarsh-Gefängnis steckte.
Ein Jahr später fand die Polizei in Hamburg in der Wohnung von Mohammed Atta, dem Strategen hinter 9/11, Videoaufnahmen von Qatadas Predigten. Er hat eine Reihe von Fatwas verhängt, unter anderem befürwortete er die Ermordung der Frauen und Kinder von "Ungläubigen", um die Unterdrückung von Muslimen in Algerien zu stoppen.
Aufruf im Fernsehen
Im März 2005 wurde Qatada unter strengen Auflagen freigelassen. Fünf Monate später nahm ihn die Polizei aufgrund des jordanischen Auslieferungsantrags erneut fest. Aus dem Gefängnis veröffentlichte er ein Video, in dem er die Kidnapper des britischen Friedensaktivisten Norman Kember aufforderte, ihre Geisel freizulassen. Der Aufruf wurde im gesamten Nahen Osten im Fernsehen gesendet.
Im April 2008 lehnte das britische Berufungsgericht seine Auslieferung an Jordanien ab, weil seine Verurteilung aus dem Jahr 1999 auf Aussagen beruhte, die er unter Folter gemacht hatte. Zwei Monate später kam er frei, durfte jedoch weder seine Wohnung verlassen noch das Internet oder das Telefon benutzen. Das Gericht verbot ihm außerdem, sich mit bekannten Terroristen wie bin Laden zu treffen.
Im November desselben Jahres wurde er erneut verhaftet, weil er gegen die Auflagen verstoßen haben soll. Vor drei Jahren entschieden die Lordrichter, dass Qatada an Jordanien ausgeliefert werden darf. Doch dieses Urteil wurde nun gekippt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“