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Bill Clinton in Originalgröße Von Andrea Böhm

Vierzehnmal wird Bill Clinton noch wach, dann ist er endlich Präsident. Die feierliche Amtseinführung ist in der Regel eine ziemlich frostige Angelegenheit. Erstens, weil sie im Januar, zweitens, weil sie im Freien stattfindet. Was seine Vorteile hat, denn das Gefühl patriotischer Ergriffenheit wird durch die temperaturbedingte Gänsehaut enorm verstärkt. Der Tag seines Lebens beginnt für Bill Clinton, wie sollte es anders sein, in der Kirche, wo er, wenn er ein gutes Herz hat, ein paar stille Worte für George Bush einlegt. Denn der steht kurz vor der letzten Amtshandlung: Er muß im Weißen Haus seinen Nachfolger empfangen, bevor er sich endgültig auf den Weg nach Kennebunkport machen darf.

Es folgt die Vereidigung der beiden Baby-Boomer (auch Al Gore muß die Hand zum Schwur erheben), dann dürfen die Bürger feiern und die Parade durch Washingtons Straßen beklatschen. Brot und Spiele für das Volk. Ein paar „Party Pooper“ (Spielverderber) behaupten nun, das Geld für letzteres könnte man sinnvoller in ersteres investieren. Im Fall der Vereidigungsfeier geht es um immerhin 20 Millionen Dollar. Aber angesichts des Umstands, daß Bill und Al in den nächsten vier Jahren vermutlich wenig zum Feiern haben werden, sollte man ihnen diesen Spaß gönnen. Zumal die Demokraten das Geld brav selbst zusammenkratzen durch Spenden, Sponsoren und Schund. In Washingtons L-Street, nahe Connecticut Avenue, hat das Komitee zur Amtseinführung des Präsidenten einen Laden eröffnet, aus dem man tütenweise Memorabilien herausschleppen kann.

Die absoluten Renner sind Anstecker mit der Aufschrift „Der Weihnachtsmann hat mir einen neuen Präsidenten geschenkt“; rot-blau-weiße Christbaumkugeln, auf die der Name Clinton in Glitzerbuchstaben aufgedruckt ist (für nächstes Jahr?); T-Shirts mit dem Porträt des neuen Präsidenten mit Sonnenbrille und Saxophon und der Aufschrift „The Cure For The Blues“; und schließlich Bill Clinton in Originalgröße zum Ausschneiden (kostet immerhin 400 Dollar).

Man kann es auch kleiner und teurer haben: zum Beispiel in Form des Medaillen-Sets mit dem Antlitz des neuen Präsidenten für 925 Dollar. First Lady Hillary hat die Entwürfe mehrfach korrigiert und unter anderem darauf bestanden, daß Bill ein paar Falten um die Augen eingeprägt wurden.

Eigens angeheuerte Marketing- Experten wählen das Angebot im Vereidigungsshop akribisch aus. Nach bestimmten Produkten sucht der Kunde vergebens. Armbanduhren mit den Köpfen von Bill und Al auf dem Zifferblatt verschwanden wieder aus den Regalen. Sie waren nicht made in USA, ergo: politisch nicht korrekt. Dasselbe Schicksal erlitt der patriotisch dekorierte Freßkorb: zuviel Plastikverpackung, ergo: ökologisch nicht korrekt. Aussortiert und verbannt wurden: Kaffeebecher mit einem Bild der Clintonschen Hauskatze „Socks“ und der Überschrift: „Hier wohnt eine verwöhnte und versaute Katze.“ Diese Anlehnung an den allseits bekannten, verwöhnten und versauten Comic- Kater „Garfield“ wurde offensichtlich als rufschädigend empfunden. Von der Liste gestrichen wurden außerdem rot-blau-weiß gestreifte Kondome sowie die Unterhose mit Vereidigungssiegel für den Herrn. Schade eigentlich.

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