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Bildungspaket für Hartz-IV-EmpfängerSozialarbeiter sollen es richten

Viele Hartz-IV-Empfänger nutzen die Bildungsgutscheine für ihre Kinder nicht. Deshalb will Arbeitsministerin von der Leyen nun Sozialarbeiter zu den Familien schicken.

Bildungshilfen für Geringverdiener: Nur etwa 25 Prozent der Familien haben schon Anträge gestellt. Bild: dpa

BERLIN afp/dpa | Fast jeder fünfte berechtigte Geringverdiener - 19 Prozent - zeigt auch auf Nachfrage kein Interesse am Bildungspaket der Bundesregierung. Das geht nach einem Bericht der Bild-Zeitung vom Montag aus einer Allensbach-Studie im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums hervor. "An diese 19 Prozent müssen wir ran. Es geht um die Zukunftschancen der Kinder, damit sich das Hartz-IV-Schicksal ihrer Eltern nicht wiederholt", zitierte das Blatt dazu Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie kündigte gezielte Besuche von Sozialarbeitern bei den betreffenden Familien an.

"Wenn Info-Briefe und gezielte Ansprache in Kitas und Schulen nicht reichen, müssen Sozialarbeiter eben vor der Tür stehen und bei den Eltern nachfassen", sagte von der Leyen. Die Umfrage ergab weiter, dass bis Anfang Juni lediglich für 25 Prozent der betroffenen etwa 2,5 Millionen Kinder entweder Leistungen aus dem Bildungspaket bezahlt wurden oder zumindest Anträge dafür eingegangen waren. Weitere 43 Prozent der Eltern gaben laut Arbeitsministerium auf Befragen an, sie wollten noch Anträge stellen.

Bis Ende April hatten dem Bericht zufolge lediglich zehn Prozent der Kinder Leistungen erhalten. Ein Runder Tisch zum Thema Bildungspaket soll am Dienstag eine Zwischenbilanz ziehen. "Alles hängt davon ab, wie intensiv sich die Ämter um die Familien bemühen", sagte von der Leyen. Forderungen nach einer Bar-Auszahlung des Geldes an die Eltern, wie sie vor allem von der CSU erhoben wurde, erteilte die Ministerin erneut eine Absage: "Einfach mehr Bargeld für die Bildung bedürftiger Kinder wäre vielfach verpufft."

Indes berichtet die Nachrichtenagentur dpa, die Nachfrage nach den Angeboten des Bildungspakets sei deutlich gestiegen. Das hätten Umfragen kommunaler Spitzenverbände ergeben. Genauere Angaben über die Höhe des Abstiegs wurden allerdings nicht gemacht.

Die Umsetzung des Bildungspakets war am 1. April in den Städten und Landkreisen gestartet. Es sieht finanzielle Unterstützung für die rund 2,5 Millionen Kinder aus Familien mit geringem Einkommen vor. Zuschüsse gibt es bei Bedarf für warmes Mittagessen in Schulen und Horten, für Nachhilfe, Vereinsbeiträge, Musikunterricht, Ausflüge und zu Fahrtkosten zu weiterführenden Schulen. Von der Leyen sagte der "Bild"-Zeitung, bislang seien vor allem Leistungen für die Mitgliedschaft in Sportvereinen und für das Mittagessen beantragt worden, dagegen gebe es "nach Musikschul-Unterricht wenig Nachfrage". Für Nachhilfeangebote sei dies erst wieder im neuen Schuljahr zu erwarten.

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9 Kommentare

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  • R
    Rosi

    Ja geht es denn so einfach? Ich habe die Nachfrage beim Jobcenter gemacht wegen Kostenübernahme von der Schüler Monatskarte meiner Tochter und habe heute erfahren das ich ein "Erlassantrag" im Schulsekretariat stellen muss.

    Da meine Tochter aufgrund von Mobbing die schule gewechselt hat wäre das ein erneuter Anlass auf Mobbing.

    Ich mache mir ernsthaft Sorgen um die Zukunft meiner Kinder(2).

    Ich habe gearbeitet und bin zur zeit in Elternzeit.

    Nur leider reicht das Elterngeld auch nicht um Alleine mit zwei Kinder zurecht zu kommen .

  • M
    murrig-mit-2kids

    Ich hab einfach kein Interesse daran, dass jeder Lehrer (zum Teil mit hanebüchenen Vorstellungen von Hartz IV - Eltern) meint ich und meine Kinder gehören zu dieser diffamierten "Unterschicht".

     

    Dass wir Hartz IV bekommen müssen, liegt nicht an unserer Nicht-Bildung, sondern an der Lohn-, Steuer-, Bildungspolitik der letzten 20 Jahre. Wer profitiert hiervon eigentlich?

     

    Bildungs-Gutschein = Diskrimierungs-Packung für die, die sich auf dem Schulhof dann mobben lassen müssen (ab etwa 4. Schulklasse) ?? Rote Zettel werden vor der ganzen Klasse (6. Schuljahr, Gymnasium) für die Kinder, deren Eltern Geld vom JobCenter beantragen sollen, verteilt? Nein, Danke Frau vdL. Das jetzt wieder diskutierte deutsche Schulsystem sortiert finanziell schwache Kinder ja auch schon aus, da macht das bißchen Diskriminierung ja auch nicht mehr soviel aus?

     

    Schämt Euch, pfui Teufel!

    Und dann noch Hausbesuche und Identitätslisten der Hartz IV - Kinder an die Schule geben, damit auch alle schön erfasst und kontrolliert werden? Alles unter dem Mäntelchen der "Zuwendung"?

     

    Die Bildungsgutscheine reichen nicht! Die Städtische Musikschule kostet zusätzlich Fahrtkosten, Instrument und ist vom Regelbedarf nicht finanzierbar. Das macht die Oma ;-) Der Sportverein kostet 35 Euro im Jahr, die Ausrüstung und die Fahrten am Wochenende mit dem Verein werden nicht finanziert. Wie erkläre ich das meinen Kindern?

     

    Es ist alles so verlogen! Zum verzweifeln, wenn man da nicht wieder raus kommt, weil man mit einem Gehalt von 1500 Euro brutto 3 Mäuler nicht stopfen kann.

     

    Bildung für alle kostenlos incl. Schulmaterial, Essen und gutem Kultur- und Sportangebot in den Arbeitsgemenschaften in einer Schulform (Beispiele gibt es in der EU genügend) wäre mal eine Alternative!

  • EW
    Eva Willig

    1. Wo sollen denn die Sozialarbeiter_innen, die Hausbesuche machen, herkommen? Aus der Würgerarbeit?

    2. Jeder Monat spart dem Ministerium 25 Mio € (2,5 Mio berechtigte Kinder x 10€). Schließlich tragen die 10% Ärmsten des Landes 1/3 des Sparpakets. Bislang wurden schon ca. 130 Mio € eingespart!!!

  • MJ
    mo jour

    Meine Vermutung ist, dass es VdL gut in den Kram passt, wenn die "Bildungs"-Gutscheine nicht abgerufen werden. Dann hat sie ein weiteres Argument, Millionen von HartzIV-EmpfängerInnen ein weiteres mal en passant demütigend ins Gesicht zu schlagen. In etwa "Zu doof zum Antragstellen, weil sie versoffen in der Ecke hängen".

     

    Es ist eine unentschuldbare, zynische Unverschämtheit, wenn die Dame allen arbeitslosen Eltern pauschal unterstellt, sie könnten ihre Kinder nicht erziehen und würden das KinderharztIV anderweitig verprassen.

     

    Damit kann sie dann prima davon ablenken, dass sie selbst unfähig bzw. nicht willens war, das Urteil des BVerfG umzusetzen.

     

    Die wahren Gründe für das Scheitern ihrer ach so großherzigen Gutscheinaktion wird sie gar nicht wissen wollen. Diese könnten z.B. sein, dass es für 10 Euro gar keine passenden Kinder-Bildungsangebote gibt in den meisten Gemeinden (1/2 Reitstunde im Monat etwa?!).

     

    Bei uns auf dem Lande kostet allein die Fahrt für die Antragstellung zum Amt in der Stadt mit dem Bus 7,20 Euro. Eine Außenstelle im Ort gibt es nicht. Eine vergünstigte Monatskarte für den ÖPNV gibt es auch nicht, die 'normale' Monatskarte kann man sich (theoretisch) nur alle drei bis vier Monate leisten. Der Regelbedarf reicht für etwa sechs Einzelfahrten im Monat.

     

    Dazu kommt, dass die Kinder zur Bildung auch hinkommen müssen: Das kostet ggf. noch mehr Fahrkarten - für die aber kein Geld da ist und auch nicht beantragt werden kann.

     

    Schon die Monatskarte für den Bus, der die Kinder morgens in den Kindergarten oder zur Schule bringt, die sparen sich hier die Eltern vom Munde ab, um das schmale HartzIV der Kinder möglichst auch den Kindern zu Gute kommen zu lassen. Mag sein, dass es woanders kostenlose Schulbusse gibt. Bei uns nicht. Das kostet für jedes Kind jeden Monat eine normale Monatskarte. Die Kosten dafür sind im Regelbedarf überhaupt nicht vorgesehen. Wir schicken sie trotzdem täglich zur Schule, obwohl der Regelsatz nur drei mal Hin- und Rückfahrt hergibt.

     

    Wenn man Frau VdL so daherreden hört, dann wird deutlich, dass sie überhaupt keine Ahnung hat bzw. haben will, wovon sie redet und worüber sie zu entscheiden hat.

  • A
    aurorua

    Es geht um die Zukunftschancen der Kinder, damit sich das Hartz-IV-Schicksal ihrer Eltern nicht wiederholt", zitierte das Blatt dazu Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

     

    Demnach ist also nach SUPERMUTTIS denke der Bezug von ALG II auf das Bildungsniveau der Eltern zurückzuführen, womöglich weil es annodazumal noch keine Bildungsgutscheine gab.

    Diese permanente Massenverblödung ist einfach nicht mehr zu ertragen. Seit dreissig Jahren werden die Arbeitslosen mit massivem Druck aus der Wirtschaft künstlich hochgehalten. Mit der Folge von Lohndumping, Zeitarbeit, unbefristeten Arbeitsverträgen, sukzessiver Aushebelung von Arbeitnehmerrechten.

    Über 20.000 Ingeneure sind bei der ARGE gemeldet, weitaus mehr als die Wirtschaft benötigt, auch alle anderen offenen Stellen könnten aus dem Arbeitslosenpool bedient werden, aber nein, die Massenmedien prügeln uns, lanciert durch Lobbyisten, das Ammenmärchen vom Fachkräftemangel ein um ihre Sklaventreiber/Beschäftigungspolitik noch mehr zu pervertieren.

    Politik, egal welcher coleur, die sich diesem kapitalistischen Ausbeuterdruck beugt und noch mehr ausländische Arbeitnehmer ins Land holt hält die Arbeitsoenzahlen für die Wirtschaft künstlich hoch und arbeitet massiv gegen das eigene Volk.

    WANN SIND WIR ENDLICH WIEDER DAS VOLK UND DER SOUVERÄN nicht nur Montags, sondern jeden Tag???

  • W
    W.W.

    Ein völliges Chaos, endloser Papierkram (!!!!), Nachweise über Nachweise, ein Hin- und Her-Geschiebe der Gutscheine, teilweise anfänglich Ablehnungen und dann doch Bewilligungen, schwer nachvollziehbare (Teil-)Nachzahlungen, verschiedene Leistungsträger, (ein Kind Wohngeldstelle, anderes Kind A-Amt), etc.etc.

     

    Hier ist nichts mit einem "Kreuzchen" a la v.d.Leyen erledigt.

    HartzIV und "Co" ist ein Desaster, entwürdigend, erniedrigend, unsinnig und sinnlos teuer weil "wasserkopflastig" und wieso das ganze, weil man "den Arbeitslosen" nicht trauen kann/darf/soll?

     

    Sozial ist etwas anderes..., Kompetenz auch!

  • M
    müller

    Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass man für 10 Euro im Monat kaum Angebote nutzen kann.

    Wo kriegt man den für 10 Euro im Monat Musikunterricht?

    wo soll denn die Differenz herkommen?

    Und wo soll das Instrument herkommen?

  • G
    Georg

    Wahnsinn, was das wieder kostet! Wenn die eigene Politik so untauglich ist, dass die Veranlasser allenfalls selbst HartzIV beziehen dürften, wird halt einfach noch mehr Geld sinnlos rausgeschmissen, bis irgendwann ein medientaugliches Ergebnis a la "Bildungsgutscheine voller Erfolg" präsentiert wird. Analog zu den Arbeitsmarktstatistiken, wo aufgrund der Anpassungen/ Manipulationen statt aktuell über 10 Millionen nur noch 3 ausgewisen werden, damit man noch billigere und damit gewinnträchtigere Arbeitskräfte aus dem Ausland fordern kann. Wie definiert sich Unzurechnungsfähigkeit bei Politikern?

  • TT
    T T

    Witzig vor allem deshalb, weil in Berlin nach über 8 Wochen immer noch keine Entscheidung zum Antrag ergangen ist. Kompetenzstreit und Unfähigkeit bringt halt nur Schwarz/Gelb. Kein Wunder, dass niemand das beantragt. Mir vergeht auch die Lust wenn ich so lange auf eine Entscheidung warten muss. Da sind dann entweder alle Plätze belegt oder man muss in Vorleistung gehen, was viele nicht können...

     

    P.S: sucht mal ein anderen CAPTCHA, das ist ja furchtbar, 10x richtig eintippen, trotzdem falsch...