Bildungseinrichtung veranlasst Rücktritt

Beim Detmolder Verein „Arbeit und Leben e.V.“ ist es zu Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung gekommen. Jetzt trat SPD-Bürgermeisterkandidat Brinkmann zurück. Drei Parteiveranstaltungen sollen vom Verein finanziert worden sein

Detmold taz ■ Der Detmolder SPD-Bürgermeisterkandidat Rainer Brinkmann ist zurückgetreten. Nach Vorwürfen, der Bildungsträger „Arbeit und Leben Detmold e.V.“ (AuL Dt) habe öffentliche Gelder missbraucht und Veranstaltungen illegal abgerechnet, zog er seine Kandidatur für die anstehenden Kommunalwahlen zurück. Brinkmann will nach eigenen Angaben nicht ausschließen können, dass unter seiner politischen Verantwortung im SPD-Ortsverein Pivitsheide in drei Fällen gesetzeswidrig Mittel nach dem Weiterbildungsgesetz für parteiinterne Veranstaltungen geflossen sind.

Hierbei sollen es sich um zwei Ausflüge und ein Seminar, die über AuL Dt abgerechnet wurden, handeln; von mindestens zwei weiteren Veranstaltungen, unter anderem von den örtlichen Jusos organisiert, ist intern die Rede. Die grüne Ratsfraktion verlangt dementsprechend eine konsequente Offenlegung der Vorkommnisse durch die Beteiligten: „Alle eventuell falsch abgerechneten Seminare müssen dargestellt werden, und die Leute müssen das von sich aus tun“, fordert Michael Brieden-Segler, Fraktionsvorsitzender Grünen, gegenüber der taz.

Inzwischen hat die Detmolder Staatsanwaltschaft die Arbeit aufgenommen und ermittelt gegen Mitarbeiter von AuL Dt wegen des Verdachts des „Betruges und Subventionsbetruges“. Einem internen Revisionsbericht zufolge sollen für mindestens drei Gewerkschaftsklausurtagungen Weiterbildungsmittel abgerechnet worden sein. Die örtliche DGB-Vorsitzende und AuL Dt Vorstandsmitglied Anne Haupt bestreitet, obwohl sie teilweise an den Treffen teilgenommen hatte, von dieser Praxis gewusst zu haben. Die beiden nach dem Bekanntwerden der Unregelmäßigkeiten fristlos gekündigten Mitarbeiter fühlen sich dagegen als Bauernopfer und glauben, ihre ansonsten sehr erfolgreiche Arbeit solle zugunsten von klaren Gebietsaufteilungen zerschlagen werden.

Rund 400 Arbeit und Leben - Vereine organisieren bundesweit Bildungsarbeit. Sie werden örtlich paritätisch von den Städten über die Volkshochschulen und von den jeweiligen DGB-Gliederungen besetzt. In NRW rechnet die Arbeitsgemeinschaft AuL Nordrhein-Westfalen die Weiterbildungsgelder gegenüber dem Regierungspräsidenten in Düsseldorf ab. Die bislang bewilligten Mittel sollen nun einer Überprüfung unterzogen werden.

Wie zukünftig die Weiterbildungsarbeit in der Detmolder Region aussehen soll, ist offen Nach dem Austritt der Stadt aus dem Verein muss dieser aufgelöst werden. Das Vereinsvermögen fließt der Stadt zu und muss gemäß Satzung in Zusammenarbeit mit dem örtlichen DGB für die Weiterbildung von ArbeitnehmerInnen im Kreis Lippe verwendet werden.

Die vom SPD-Stadtkämmerer Rainer Heller und seinem Parteifreund, dem entlassenen AuL Dt Geschäftsführer Jürgen Reitemeier, schon frühzeitig favorisierte Privatübernahme des Vereins lehnte der Rat ab. Das Privatisierungskonzept stieß auch bei der Landesarbeitsgemeinschaft auf Widerspruch.

Unter dem Motto „Bildung ist Wirtschaftsförderung“ wird dagegen innerhalb der Grünen ein Modell diskutiert, wonach durch die Zusammenarbeit von DGB, IHK, Wirtschaftsförderungsamt und dem Technologiezentrum „Gilde“ die regionale Fortbildung neu geordnet werden soll. Einige ReferentInnen, die sich durch die Auseinandersetzungen um ihre Existenz gebracht sehen, schlossen sich jetzt im Verein „Referenten e.V.“ zusammen, der ab nächsten Montag seine Bildungsarbeit aufnehmen soll. BERND SCHÄFER