Bildung: Schulsenator fordert Restgeld zurück
Jürgen Zöllner streicht Schulen Gelder für Honorarkräfte. Die sind überrascht und entsetzt.
Mit einer unangenehmen Überraschung schickt Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) die Schulen in die Sommerferien. Der Senator will Geld: Zöllner fordert von den Schulen Restguthaben aus der sogenannten Personalkostenbudgetierung (PKB) zurück, mit der diese Vertretungslehrer oder Honorarkräfte für besondere Projekte finanzieren können. Nicht verbrauchte PKB-Mittel aus dem Haushaltsjahr 2009 will die Senatsschulverwaltung nun anders verwenden. Den Schulen sollen sie nicht mehr zur Verfügung stehen.
Denen passt das gar nicht: Von einem "Vertrauensbruch", der zu "Vertrauensverlust" führen werde, spricht etwa Ralf Treptow, Vorsitzender der Vereinigung der Berliner Oberstudiendirektoren. Viele Schulen hätten die nicht verbrauchten Mittel längst für dieses Jahr eingeplant.
Dabei geht es um hohe Summen: 150.000 Euro verliere etwa ein Leiter einer berufsbildenden Schule mit 220 Lehrkräften, berichtet Peter Sinram, Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin. Bei allgemeinbildenden Schulen gehe es je nach Größe um mehrere zehntausend Euro. Wie viel der PKB-Mittel bereits verbraucht, wie viel noch übrig sei, hänge von der Zahl der erkrankten Lehrer einer Schule ab, so Sinram. Bestraft würden mit der Rückforderung so genau die Schulen, die durch gutes Management und Klima einen niedrigen Krankenstand hätten: "Und sich schon überlegt hatten, was für schöne Projekte sie mit dem eingesparten Geld machen können", so der GEW-Sprecher.
Die Personalkostenbudgetierung war von der Senatsschulverwaltung 2008 eingeführt worden, damit Schulen selbst Vertretungen für ausgefallene Lehrkräfte einkaufen können. Schulen, die an dem PKB-System teilnehmen, verzichten im Gegenzug auf die sonst übliche Ausstattung mit 103 Prozent der eigentlich nötigen Lehrerstunden, die den Ausgleich von Ausfall ermöglichen soll. Fast alle Schulen ziehen mittlerweile nach Auskunft der Senatsschulverwaltung das PKB-System vor.
Auch aus der Opposition kommt heftige Kritik an der Rückforderung: Einen "eklatanten Wort- und Vertrauensbruch" wirft der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Özcan Mutlu, dem Senator vor. Die "skandalöse Maßnahme" schade dem Bildungsstandort Berlin, so Mutlu. Seine Kollegin von der FDP-Fraktion, Mieke Senftleben, erkennt "ein erneutes Beispiel für das unzuverlässige rot-rote Bildungshandeln". Der Senat habe den Schulen zugesagt, die Mittel ins nächste Jahr übertragen zu dürfen. Diese jetzt dennoch zurückzufordern, sei "eine absolute Frechheit", so Senftleben.
Die Senatsschulverwaltung sieht das naturgemäß anders. Es sei übliches Haushaltsrecht, dass Restmittel nicht ins nächste Haushaltsjahr übertragen werden könnten, sagt Jens Stiller, der Sprecher von Schulsenator Zöllner. Den Schulen stehe ihr Budget für 2010 aber "selbstverständlich weiterhin" zur Verfügung, heißt es in einer Pressemitteilung des Senators. Davon sei allerdings bereits im Mai mehr als die Hälfte ausgegeben gewesen, heißt es weiter. Zum Jahresende 2010 werden wohl keine unverbrauchten Mittel mehr zur Verfügung stehen. AWI
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fußball WM 2030 und 2034
Der Profit bleibt am Ball