Bilanz des Bösenjahres 2007: Schmähpreis für Deutsche Bank

Der Verlierer 2007 ist laut "Schwarzbuch Börse" die Deutsche Bank. Sie setzte im letzten Jahr die von ihr betreuten vier Börsengänge in den Sand.

Auf der Tafel der Frankfurter Börse erholt sich der DAX-Kurs vom Crash am 21.01.08. Bild: dpa

MÜNCHEN taz Managementfehler, Skandale, Verluste und verpatzte Börsengänge haben die eigentlich positive Bilanz des Börsenjahres 2007 getrübt. Das meint die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). In ihrem "Schwarzbuch Börse 2007", das am Montag in München vorgestellt wurde, finden sich Namen wie Daimler, Siemens, Hypo Real Estate, Volkswagen, Premiere, EADS, die Deutsche Bank und MAN. Bei diesen Unternehmen seien "Schattenseiten des Kapitalmarkts" deutlich geworden, kritisierte die SdK.

Heftige Kritik und den Negativpreis "IPO-Zitrone für den schlechtesten Börsengang" gab es für die Deutsche Bank. Vier Börsengänge hat die größte Deutsche Bank im letzten Jahr betreut. Alle Unternehmen - Tognum, Versatel, alstria und Wacker Construction - seien zu teuer und schlecht beraten an die Börse gebracht worden. Insgesamt betrug das Emissionsvolumen der vier neuen Aktiengesellschaften über 3,5 Milliarden Euro. Die maximalen Verluste der DB-Schützlinge betrugen 50 Prozent, im Schnitt hatten die Unternehmen und die beteiligten Aktionäre zum Jahresende 2007 ein Viertel verloren.

Die Aktienschützer kritisierten auch die Branchenauswahl. So habe der DSL-Anbieter Versatel 2006 noch einen Verlust von über 50 Millionen Euro eingefahren. Vom ersten Börsentag an habe sich die Aktie dann im freien Fall befunden, bis nach nur vier Monaten zwei Drittel des Geldes verschwunden seien. Die Rettung vor dem "totalen Kursdesaster" musste zum Jahresende der Konkurrent United Internet übernehmen, der 20 Prozent der Aktien aufkaufte.

"Unangenehm aufgefallen ist uns auch die WestLB", meinte SdK-Vorsitzender Klaus Schneider. Die schwer strauchelnde Bank hat bei beiden von ihr betreuten Börsengängen versagt: 40 Prozent betrug der Verlust bei Estavis und Invision. Hinzu komme die immer teurer werdende Verstrickung in die US-Immobilienkrise. Abgerundet würde das Fehlverhalten schließlich noch durch ein Verspekulieren im deutschen Handel: Beim allzu risikoreichen Wetten auf DAX-Vorzugsaktien verlor das Düsseldorfer Bankhaus nochmals dreistellige Millionenbeträge. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in dieser Sache sogar wegen des Verdachts auf Kursmanipulationen.

Im Vergleich zu den weltweiten Gefahren der Kreditwirtschaft sind das allerdings Peanuts. Die Aktionärsschützer haben gestern vor einer weiteren schwerwiegenden Kreditkrise gewarnt. Die Statistiken der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) seien beängstigend. Auf die unglaubliche Zahl von 516 Billionen US-Dollar sei das weltweite Volumen der sogenannten "OTC-Derivate" angestiegen. OTC-Wertpapiere sind Finanzwetten, deren Preisbildung üblicherweise auf einer marktabhängigen Bezugsgröße fußt. Solche Basiswerte können andere Wertpapiere sein, etwa Aktien, Anleihen, Zinssätze oder reale Handelsgegenstände wie Rohstoffe und Währungen. OTC-Wertpapiere werden meist von Banken außerhalb der Börse -eben "over the counter" (OTC), direkt über den Schalter - gehandelt. "Diese Zahl ist das Elffache des weltweiten Bruttosozialprodukts", erklärte Aktionärsschützer Straub. Wenn man diese Zahl zudem ins Verhältnis setze zu den "vergleichsweise läppischen" 100 Milliarden Euro, die von den Banken bisher im Zuge der US-Immobilienkrise abgeschrieben worden seien, dann sehe man "die Sprengkraft" dieser Papiere.

Auch in Deutschland werden solche "Wettpapiere" gehandelt, etwa von der Deutschen Bank. Nach dem Geschäftsbericht hielt die Deutschen Bank Ende 2006 ein Derivatevolumen von 38,3 Billionen Euro, mehr als dass 16fache des deutschen Bruttoinlandsprodukt. Auf die Besonderheiten dieser Papiere weist der DB-Geschäftsbericht selbst hin: "Das Kreditrisikoengagement umfasst nach unserer Definition alle Transaktionen, bei denen Verluste entstehen könnten, falls Geschäftspartner ihren vertraglichen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen."

Der Rat von Aktionärsschützer Straub: "Ich wäre als Anleger weiter defensiv, es kann sehr schnell zu einem noch massiveren Flächenbrand kommen."

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