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Durchs DröhnlandBielefelder Perlen

■ Die besten und schlechtesten Konzerte der kommenden Woche

Früher nannte man so was Rocktheater und meinte es nicht nett. Die Tubes waren eines der letzten Überbleibsel dieses Drängens zum Gesamtkunstwerk. Ein in Florida ansässiger Bastard namens Marilyn Manson, gezeugt aus Alice Cooper und The Cult, setzt diese Tradition mit umgekehrten Vorzeichen fort. Denn nicht Erbauung und Belehrung sind hier die Absicht, sondern allein billige Schockeffekte mit etwas Pseudosubstanz aus dem Schlagwörterbuch versehen. Zuerst wird einfach aufgezählt: „Anti choice / Anti girl“ oder „Anti fascist / Anti mod / I am the anti-music god“, dann das Heil versprochen: „Here's your Antichrist superstar.“ Der Rest sind Totenköpfe, mystische Schriftzeichen, S/M-Phantasien und was sich sonst noch so findet im angeblichen Kleinbürgerschockarsenal. Ach ja, die Musik ist teilweise recht flotter Rock 'n' Roll, natürlich mit entsprechendem Ausschlag auf der Bösewichtskala.

Mit Fluffy, 29.11., 21 Uhr, Trash, Oranienstraße 40/41

Zur Glaubwürdigkeitslegende von Sober gehört es, daß alle drei Mitglieder zur Zeit der Bandgründung arbeitslos waren. Da muß man auf Punkrock kommen, auch in Schweden. Sober mögen kindlicher als Rancid sein, aber Bier rumspucken läßt es sich auch bei ihnen noch gut genug. Und weil der Schwede sowieso respektlos ist, wenn es darum geht, sich Musiken anzueignen, die ihn eigentlich nichts angehen, kommen auch noch gleich Adhesive und Stoned daher, die in exakt die gleiche Kerbe hauen – und ich meine hauen. Nicht nur humpta- humpta nach vorne geht es bei den norwegischen Nachbarn: Der Cockroach Clan hat sich den Pionierzeiten des Genres verschrieben und covert schon mal The Jam oder Billy Bragg. Kurz und gut, ein Abend der heiligen Dreifaltigkeit: Pogo und Bier, und das dritte habe ich jetzt vergessen.

30.11., 21 Uhr, Trash

Box & Cox sind kaum mehr als ein geöffnetes Fenster, an dem du an einem mitleidigen Tag vorbeigehst und hinter dem ein paar Musikanten noch schlaftrunken in ihre Instrumente tuten. So unaufgedrängt, so belanglos dahingedaddelt, so unaufgeregt und sich nicht wichtig nehmend würde man sich Jazz gern öfter wünschen.

1.12., 21.30 und 23 Uhr, Junction Bar, Gneisenaustraße 18, und 6.12., Café Nova, Joachimstraße

Wieder mal so ein spinnerter Brite, möchte man sagen, dabei kommt Neil Hannon aus Nordirland. Er nennt sich The Divine Comedy, erzählt im Info von seinen ersten kompositorischen Versuchen („Ich habe mit Symphonien angefangen, aus denen Ouvertüren und schließlich Songs wurden“), stilisiert sich zum manisch-genialischen Einzelgänger und holt sich Horden von Menschen ins Studio, weil er Synthesizer nicht mag. Streicher und alle denkbaren Blasinstrumente, diverse Background-Sängerinnen, Hammond- und Wurlitzer-Orgeln und wasweißich fügen sich dann zu gewaltigen, bombastischen, überladenen, eklektizistischen Songmonstern, für die Phil Spector glatt noch mal von den Toten auferstehen würde.

1.12., 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224

„Es ist einfach, so zu tun, als sei man exzentrisch. Mach irgendeinen Dreck und behaupte, es sei experimentell“, sagte Tricky letztens mit Blick auf die Horden von Nachahmern, die der Erfolg von „Maxinquaye“ zur Folge hatte. Also entfernte sich der Mann aus Bristol nach Remixen für Garbage, Bush oder Beck von seinen eigenen Vorgaben. Auf „Pre-Millennium Tension“ sucht man meist vergebens nach den alptraumhaften Soundungetümen, die ganz langsam dahintuckerten, aber trotzdem verstörend wirkten in ihrer kreuz und quer zischelnden Unübersichtlichkeit. Statt dessen ist die Askese ausgebrochen: Auf das Nötigste reduzierte Beats, über denen wenige, gedehnte Samples eine Monotonie sondergleichen strukturieren. Dazu Trickys teilweise völlig unrhythmisches Toasting und die mal souligen, mal schwer atmenden Gesangsparts seiner Lebensgefährtin Martina Topley-Bird. Klaustrophobie ist das Wort.

4.12., 20 Uhr, Metropol, Nollendorfplatz

So ganz Bescheid wußte man bei Estampie nie. Ist das Duo Michael Popp und Sigrid Hausen nun ein wissenschaftliches Projekt, das sich um die Erforschung mittelalterlicher Musik kümmert, oder was? Auf jeden Fall gibt es sie nun schon so lange, mehr als zehn Jahre nämlich, daß zumindest der Vorwurf der gregorianischen Trittbrettfahrerei nicht trifft. Statt dessen hat das „Ensemble für frühe Musik“, wie es sich selbst nennt, längst Verknüpfungen zu Gleichgesinnten gesponnen. Mit Ernst Horn, dem Elektronikbastler von Deine Lakaien, versucht man als Qntal moderne und mittelalterliche Sounds zu versöhnen. Und Lakaien-Sänger Alexander Veljanow darf auf den letzten Estampie-Produktionen und auf dieser Tour sein Timbre in unglaubliche Tiefen führen, während Hausen die entgegengesetzte Seite des Singbaren besetzt.

5.12., 20 Uhr, Passionskirche, Marheinekeplatz

Die Hip Young Things spielen nun auch schon fünf Jahre dafür, doch noch die Versprechungen ihres Namens einzulösen. Fraglich, ob das mit „Ventilator“, ihrer letzten Platte, gelingen wird. Mit ihrem eigentlich vom Folk kommenden Rock, der meistens seine eigene Zerrissenheit auslebt, aber sich dann doch wieder zu kleinen fröhlichen Perlen mit Popappeal aufschwingt, liegt das Quartett aus Bielefeld eh Meilen entfernt von allen momentan verfügbaren Zeitströmungen. Und ausgerechnet die schüchternen elektronischen Beats wirken eher aufgesetzt.

5.12., 22 Uhr, Die Insel, Alt- Treptow 6 Thomas Winkler

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