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Bezirksamt Kreuzberg kurzfristig besetzt

■ Exbesetzer der Lübbener Straße fordern Wohnraum/ »Ihr seid die letzten in der Warteschlange«

Kreuzberg. Erneut fürchtete ein Berliner Bürgermeister — nach der Besetzung von Schwierzinas Büro im Magistrat vor einigen Wochen — um Ruhe und Ordnung in seinen Amtsräumen: Etwa siebzig ehemalige Bewohner des am Dienstag von der Polizei geräumten Hauses in der Lübbener Straße 29 besetzten gestern morgen um 10 Uhr den Sitzungssaal des Bezirksamts Kreuzberg. Um ihrer Forderung nach ausreichendem Wohnraum Nachdruck zu verleihen, überreichten sie der Baustadträtin Erika Romberg (AL) eine Liste mit Adressen von zwanzig leerstehenden Kreuzberger Wohnhäusern.

Während Bezirksbürgermeister Günter König (SPD) bereits die Stammeinsatzbereitschaft der Polizei anforderte und die Personalienfeststellung der Besetzer plante, diskutierten Baustadträtin Romberg und Sozialstadträtin Ingeborg Junge- Reyer (SPD) hinter geschlossenen Türen zusammen mit einer Abordnung der Besetzer die überreichte Leerstandsliste. Schon um 12.08 Uhr bliesen die Besetzer dann zum Rückzug. Als Gegenleistung gab es die bei der Räumung vom Dienstag beschlagnahmte persönliche Habe zurück. Die Forderung der Besetzer nach gemeinsamem Wohnraum blieb unerfüllt.

»Die Hälfte von denen sind doch arme Schweine, denen ich wirklich helfen will«, befand Bürgermeister König, sichtlich erleichtert über den glimpflichen Ausgang. Noch bis Montag mittag können die 65 Exbesetzer in der Emmaus-Kirchengemeinde wohnen. »Es existiert leider kein einziges leerstehendes Wohnhaus für 60 Menschen in Kreuzberg«, erklärte Sozialstadträtin Junge-Reyer. Für die jüngst geräumten Häuser gebe es bereits lange Wartelisten mit sanierungsbetroffenen Mietern. »Und ihr seid die letzten in der Warteschlange.« »Ich besorge jedem amtlich gemeldeten Kreuzberger ein Dach über dem Kopf«, versprach die Sozialstadträtin. Und auf eine entsprechende Frage meinte sie: »Erfrieren dürfte eigentlich keiner.« Marc Fest

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