Betrieb in NRW gesperrt: Bio-Eier mit Dioxin verseucht
Bis zu sechsfach erhöhte Konzentrationen des Dioxin-ähnlichen PCB wurden gemessen. Die Bio-Eier des nordrhein-westfälischen Betriebs werden vor allem an Supermärkte geliefert.
BERLIN taz | Nach dem Fund von mit Dioxin belasteten Eiern auf einem Biobetrieb in Nordrhein-Westfalen plant das Verbraucherschutzministerium eine Rückrufaktion. Entgegen ersten Annahmen gebe es Hinweise darauf, dass sich doch noch belastete Eier im Handel befänden, sagte Ministeriumssprecher Wilhelm Deitermann am Mittwoch.
Daher werde einerseits der Handel angewiesen, betroffene Chargen aus dem Verkehr zu ziehen. Darüber hinaus veröffentlichte die Behörde die Stempelnummer des Betriebs im Internet. So sollen Verbraucher selbst überprüfen können, ob sie möglicherweise betroffene Eier gekauft haben.
Die Belastung wurde nach Angaben des Ministeriums bei einer Eigenprobe des Verpackungsbetriebs entdeckt. Der sei am 15. März von dem Labor über die Dioxinbelastung informiert worden und habe danach den Verkauf eingestellt. Weil das Ministerium selbst erst am 2. April informiert worden sei, überprüfe man nun, ob die Meldepflichten eingehalten worden seien oder ob bei der Kommunikation zwischen den Behörden etwas schiefgegangen ist.
Bei den amtlichen Proben sei zum Teil drei- beziehungsweise sechsfach so viel PCB festgestellt worden wie erlaubt. PCB steht für Polychlorierte Biphenyle, eine dioxinähnliche Verbindung. Dioxin kommt in der Umwelt vor, der Mensch nimmt es über den Verzehr von tierischen Produkten auf. Das Gift sammelt sich dabei im Fettgewebe an. Unmittelbaren Schaden versursacht Dioxin nun in sehr hohen Konzentrationen. Doch auch die sich langsam ansammelnden niedrigeren Dosen des Stoffs stehen im Verdacht, krebserregend zu wirken.
Belastung „nicht unwahrscheinlich“
Bei dem betroffenen Betrieb handelt es sich um eine für den Biobereich vergleichsweise große Anlage: 25.000 Hühner werden hier in vier Ställen gehalten, pro Tag 23.000 Eier produziert. Den genauen Standort gibt das Ministerium nicht bekannt, nach Berichten lokaler Medien soll es sich um den Kreis Minden-Lübbecke handeln.
Die Eier sollen an Discounter und Supermärkte, vermutlich auch an Biosupermärkte geliefert worden sein. Laut der Behörde sei es „nicht unwahrscheinlich“, dass auch zuvor produzierte Ware belastet war. Das lasse sich aber kaum mehr herausfinden, da sie vermutlich bereits verzehrt sei.
Noch unklar ist die Ursache der Verunreinigung. Joyce Moewius, Sprecherin vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), vermutet ein lokales Problem des Betriebs. „Möglich wäre zum Beispiel eine defekte Heizung, die belastete Luft in den Stall bläst, oder eine Altlast im Boden einer neuen Futterstelle.“ Da reiche es schon, wenn vor Jahren auf der Stelle ein Osterfeuer gemacht worden sei - Dioxin entsteht beim Verbrennen organischen Materials.
Die Behörden lassen derzeit Bodenproben genauso untersuchen wie das in der Vergangenheit verwendete Futter eines niedersächsischen Händlers. Stelle sich heraus, dass die Belastung vom Futter herrühre „dann wäre das kein einzelner Fall“, so Deitermann. Ergebnisse der Laboranalysen gebe es aber frühestens gegen Ende der Woche.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins