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Archiv-Artikel

Betr.: kinotaz nord

A

Algiers – Pépé le Moko USA 1938, R: John Cromwell, D: Charles Boyer, Hedy Lamarr / Originalfassung ohne Untertitel

„Ein Geflecht aus verwinkelten Gässchen durchzieht die Altstadt von Algier. Seit zwei Jahren hält sich der französische Meisterdieb Pépé le Moko hier versteckt. Die Polizei bekommt ihn einfach nicht zu fassen. Erst als sich der Gauner in die schöne Pariserin Gaby verliebt, wird er leichtsinnig. Pépé will seine Schlupfwinkel verlassen und mit ihr nach Frankreich fliehen. Ein Hollywood-Remake des legendären französischen Vorbilds. Durch den Film wurde die Lamarr schlagartig in den USA berühmt. Ab sofort spielte sie nur noch Hauptrollen. Das französische Filmvorbild Pépé, le moko war der Durchbruch für Jean Gabin gewesen.“ (Metropolis) HH

American Hardcore USA 2006, R: Paul Rachman / Originalfassung mit Untertiteln

“Aktivisten und Wegbegleiter geben kenntnisreich Auskunft über die Entwicklung des ,American Hardcore‘, jenen von allen Glam-Elementen gereinigten Punk-Rock, der seine kurze Blütezeit um die Jahre 1985/86 erlebte. Neben Interviews greift die interessante, rasant montierte Musikdokumentation auf zahlreiche Artefakte der Bewegung zurück, leitet die gesellschaftlichen und politischen Ursprünge dieser Musikrichtung her und unterlegt die Bilder mit einer Vielzahl von Musikbeispielen.“ (filmdienst) HB

Arthur und die Minimoys Frankreich 2006, R: Luc Besson, D: Mia Farrow, Freddie Highmore

„Luc Besson gelingt mit seinem in einer Kombination aus Realfilm und Computeranimation gedrehten Kinderfilm um die Abenteuer eines Volks von Gartentrollen lediglich ein milde langweilendes Fantasy-Opus mit hässlichen Figuren, die gut und gerne der Ramschecke eines Spielzeugladens entsprungen sein könnten. Warum nur müssen diese Trolle immer spitze Ohren haben? Kann man sich da nicht einmal etwas Neues einfallen lassen? „Fantasy“ kommt doch schließlich von Fantasie und nicht von Drittverwertung längst ausgelutschter Ideen.“ (tip) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Auf demselben Planeten Deutschland 2002, R: Katrin Eißing

“Es macht nichts, wenn wir uns nicht so oft sehen können. Du weißt ja, wir sind auf demselben Planeten.“Dies sagt Arno, der Bruder der Filmemacherin, die sich auf eine Suche nach der eigenen Familie (irgendwo in Norddeutschland) und den Ursachen für die verschiedenen Probleme begeben hat. Warum ist Arno in den Wahnsinn und die Drogen abgedriftet, welche Rolle spielte die an Depressionen leidende Mutter, welche der inzwischen verstorbene Vater, der seine Ausbildung als Arzt noch zu Nazi-Zeiten erhalten hat? So entsteht ein zunehmend beklemmendes Familienbild, das hinter einer heilen Fassade zahlreiche Umbrüche und Spannungen hervorbringt.“ (Kommunalkino Bremen) HH

B

Babel USA 2006, R: Alejandro González Iñárritu, D: Brad Pitt, Cate Blanchett

„Der mexikanische Regisseur Alejandro Gonzáles Iñárritu stellt die babylonische Sprachverwirrung als metaphorisches Leitmotiv über ein kunstvolles Konstrukt von ineinander verwobenen Geschichten aus verschiedenen Ecken der globalisierten Welt. Ein Film über Liebe und Tod, Weltpolitik und Verteilungskämpfe, der trotz einiger Mängel im Detail große intellektuelle und emotionale Wucht entfaltet.“(tip) H, HB, HH, HL, KI, OL

Blood Diamond USA 2006, R: Edward Zwick, D: Leonardo DiCaprio, Djimon Hounsou

„Während des Bürgerkriegs in Sierra Leone in den 1990er-Jahren eröffnen diverse Parteien auf der Jagd nach einem riesigen Diamanten einen Nebenkriegsschauplatz. Der packende Abenteuerfilm arrangiert geschickt die Klischees und Stereotypen des Genres und verdichtet sich nicht zuletzt dank seines souverän agierenden Hauptdarstellers zu einem grandiosen Spektakel vor überwältigender Kulisse. Dabei schreckt er in seiner Figurencharakterisierung freilich nicht vor grober Schwarz-Weiß-Zeichnung zurück und unterläuft durch die Auslassung einiger politischer Bezüge seine eigene moralisierende Anklage.“ (filmdienst) H, HB, HH

Bobby USA 2006, R: Emilio Estevez, D: Harry Belafonte, Joy Bryant

„‚Bobby‘ spielt im Ambassador Hotel in Los Angeles und erzählt von den letzten Stunden vor Robert Kennedys Ermordung im Juni 1968. Mit einem der großartigsten Ensembles der letzten Jahre (darunter Harry Belafonte, Demi Moore, Anthony Hopkins und Sharon Stone) gelingt dem Regisseur Emilio Estevez ein bewegendes Zeitporträt. Selten sah man so viele Spitzenschauspieler so selbstlos agieren. Der Stafettenlauf der Stars gerät zum packenden Panorama der US-Gesellschaft der späten Sechziger. Der Episodenfilm beschreibt die Hoffnungen und Ängste von Menschen in einer Zeit des Umbruchs und zeigt, wie eine zerrissene Nation durch einen tödlichen Schuss geeint wurde.“ (Der Spiegel), H, HH, KI

Die Brücke nach Terabithia USA 2007, R: Gabor Csupo, D: Josh Hutcherson, Annasophia Robb

„Zwei Kinder flüchten sich vor der Realität in tröstliche Fantasien. Von den anderen Kids werden die beiden permanent gehänselt und ausgegrenzt. Doch in ihren Träumen sind sie König und Königin ihres eigenen Reiches. Ihre realen Feinde (Schulhof-Fieslinge etc.) tauchen hier als Fabelwesen auf und werden prompt besiegt – beziehungsweise entwaffnend umarmt. In den USA ist der 1977 erschienene Roman von Katherine Paterson so berühmt wie berüchtigt. Reaktionäre Hardcore-Christen versuchen immer wieder, das kindgerecht philosophische Werk verbieten oder zensieren zu lassen, da es die christlichen Dogmen kritisch hinterfragt und Kinder „verunsichert“. Tatsächlich ist diese Adoleszenz-Ballade nachdenklich, bittersüß und mitunter tieftraurig. Kindheit und Heranwachsen werden als schmerzhafte Erfahrungen geschildert, auch wenn der optimistische Grundton nie verklingt.“ (Cinema) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

C

Chanson d’ Amour Frankreich 2006, R: Xavier Giannoli, Gerard Depardieu, Cecile De France

„Xavier Giannolis Film ist die emphatisch liebevolle Studie eines halbseidenen Berufes: Gérard Depardieu brilliert als Ballhaussänger, der in der französischen Provinz sein nostalgisches Publikum mit Schlagern aus deren Jugend umschmeichelt und sich in eine 30 Jahre jüngere Frau (Cécile de France) verliebt.“ (tip) HH

Close to Home Israel 2005, R: Dalia Hager, Vidi Bilu, D: Smadar Sayar, Naama Schendar

„Die eine muckt gerne auf, die andere ist introvertiert. Viel haben Smadar und Mirit nicht gemeinsam – außer, dass sie bei der israelischen Grenzpolizei Dienst schieben. Wider Erwarten entspinnt sich eine Freundschaft zwischen den ungleichen jungen Frauen. Viel mehr geschieht nicht. Der Film zeigt, dass sie den Dienst auf die leichte Schulter nehmen, Pause machen, wann sie können, und mit Männern ziemliches Pech haben. Für eine Woche muss Mirit wegen Ungehorsams in den Bau, einmal erleben sie eine Bombenexplosion aus nächster Nähe, mal streiten sie und versöhnen sich dann wieder. Ein sympathisches Buddy-Movie der etwas anderen Art, das Nicht-Israelis Einblicke in den dortigen Alltag gewährt.“ (Cinema)

Comrade X USA 1940, R: King Vidor, D: Clark Gable, Hedy Lamarr / Originalfassung ohne Untertitel

„Ein amerikanischer Reporter flüchtet mit einer überzeugten russischen Kommunistin und ihrem Vater aus der Sowjetunion. Satirische Komödie, humorvoll und witzig, insgesamt aber weniger gelungen als das Vorbild „Ninotschka“.“ (Lexikon des internationalen Films) HH

D

Departed: Unter Feinden USA 2006, R: Martin Scorsese, D: Leonardo DiCaprio, Jack Nicholson

Was für ein düsteres Ende! Mit der Unausweichlichkeit einer griechischen Tragödie wird hier eine Geschichte abgeschlossen. Keinem der Protagonisten werden Rettung oder Vergebung gegönnt. Martin Scorsese ist der nihilistischen Essenz der Vorlage „Infernal Affairs“ treu geblieben, ohne dabei den Stil des Actionfilms aus Hongkong zu kopieren. Und in den Dialog lauert immer ein boshafter Witz, der aber nie zynisch wird, weil Scorsese bei aller Virtuosität bei der Inszenierung nie die Charaktere aus den Augen verliert. Darum verirrt sich der Zuschauer nie im labyrinthischen Plot. „Departed“ ist als Genrefilm extrem spannend und unterhaltend, aber er hat auch jenen ästhetischen Mehrwert, der die Klassiker von den nur gute gemachten Filmen unterscheidet. (hip) DEL, HB, HH, HL, KI, OL

Doppelprogramm: Die surrealen Bildwelten des Alejandro Jodorowsky Mexiko 1971 & 73, R: Alejandro Jodorowsky / gezeigt „El Topo“ & Montana Sacra / Originalfassungen mit Untertiteln

„Als Kind wurde der aus Chile stammende Filmemacher Alejandro Jodorowsky von seiner Mutter immer mit seiner eigenen, zu transparentem Hartgummi getrockneten Nabelschnur geschlagen. Und nach jedem Gebrauch machte sie einen Knoten in die Schnur, damit es beim nächsten Mal noch etwas weher tat, ihm und ihr. In Jodorowskys drittem Film „El Topo“ lässt der schwarze Reiter El Topo (gespielt von Jodorowsky selbst) gleich in der ersten Einstellung seinen Sohn das Bild der toten Mutter im Sand vergraben, bevor sie sich zu zweit auf den Weg ins Ungewisse machen. Visuell ist Jodorowsky ein Verschwender, die Dekadenz, mit der er seine pittoresken Fantasien inszeniert, hat dieselbe Wucht wie seine rauschhafte Umsetzung opulenter Themen: Manie, Religiosität, Sex, Tod, Bestimmung, Gewalt, Verdammnis, Erlösung.“ (taz) H

Dreamgirls USA 2006, R: Bill Condon, D: Jamie Foxx, Jennifer Hudson

„Die Verfilmung des 1981 uraufgeführten Broadwaymusicals bleibt der Vorlage treu, hat weniger Tanz, aber mehr musikalisches Gewicht als ‚Chicago‘ zu bieten, auch wenn einige Songs eher der Beschreibung emotionaler Zustände als dem Hörvergnügen verpflichtet sind. Im Film ist es schließlich wie in der Story. Beyoncé ist der größere Blickfang und Namen, aber Jennifer Hudson dank ihrer Stimme der heimliche Star.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH, KI, OL

E

F

Die Farbe der Milch Norwegen/Schweden 2004, R: Torun Lian, D: Julia Krohn, Bernhard Naglestad

„Ein zwölfjähriges Mädchen erlebt während des norwegischen Sommers trotz seiner anfänglichen Skepsis gegenüber romantischen Gefühlen die erste Liebe. Während es ein Freund still, aber hartnäckig umwirbt, schwärmt es für einen wesentlich älteren Jungen, der ihm ein Rätsel aufgibt: Welche Farbe hat Milch in ihrem Inneren? Die stimmungsreiche, mal amüsante, mal leicht melancholische, nie aber verniedlichende Adaption eines Kinderbuchs, die sich offensiv und unverblümt dem kindlichen Umgang mit Gefühlen und essenziellen Themen wie Liebe, Sexualität und Tod widmet.“ (filmdienst) HB, HH

Fast Food Nation USA 2006, R: Richard Linklater, D: Wilmer Valderrama, Catalina Sandino Moreno

Mit „Fast Food Nation“ hat Richard Linklater einen kritischen Bestseller über die Nahrungsindustrie der USA gedreht, und hat dabei dem Sachbuch einen fiktiven Rahmen übergestülpt. Das Ergebnis ist zwiespältig, denn einerseits bekommt man viele interessante Informationen über die ökologischen und lukullischen Sünden der Amerikaner, andererseits sind die Filmfiguren aber zu offensichtlich nur Vehikel, um diese Fakten filmisch halbwegs spannend zu vermitteln. (hip) H, HB, HH, KI

Fellinis Satyricon Italien 1960, R: Federico Fellini, D: Martin Potter, Hiram Kellee

“In freier Bearbeitung des antiken Roman-Fragments von Petronius beschreibt Fellini die erotischen Abenteuer zweier Jünglinge in der dekadenten römischen Gesellschaft zur Zeit Neros. Ein opulenter, mit Monstrositäten und Kuriositäten überladener Bilderbogen, der auf dramaturgische Durcharbeitung verzichtet zugunsten einer revueartigen Aneinanderreihung grotesker Einzelauftritte. Fellini zeigt sich zugleich indigniert und fasziniert von den bunt schillernden Verfallssymptomen einer hedonistischen Epoche, die er als Keimzelle der modernen Zivilisation interpretiert. Die stilisierte Künstlichkeit der Dekorationen und Masken ermöglicht dem Zuschauer ebenso den kulinarischen Genuss wie die kritische Distanz.“ (Lexikon des internationalen Films) H

Flutsch und weg USA 2006, R: Henry Anderson, David Bowers, Sam Fell

Die eingebildete Hausmaus Roddy St. James muss erst durch die Toilette in die Kanalisation gespürt werden, um dort durch die freche Girliemaus Rita zu erkennen, dass es ein Rudeltier ist und nichts in einem einsamen Käfig verloren hat. In einer parallelen Unterwelt hat sich das Ungeziefer in der Kanalisation eine Miniaturausgabe von London gebaut, in der die Towerbridge, der Piccadilly-Circus und noch viele andere Sehenswürdigkeiten aus Abfall zusammengebastelt wurden. Bei diesem Film begeistert besonders der Witz im Detail: die vielen Anspielungen, die von Filmzitaten aus African Queen und James Bond bis zu Kafka und Marcel Marceau reichen. Die Mischung aus Claymotion und Computeranimation wirkt wie aus einem Guss und die einzelnen Figuren sind so einfallsreich entworfen, dass jedes Tierchen seine unverwechselbare Persönlichkeit hat. Wer kann noch ruhigen Gewissens eine Mausefalle aufstellen, nachdem er diesen Film gesehen hat? (hip) H, HB, KI, OL

Das Fräulein Deutschland/Schweiz 2006 , R: Andrea Staka, D: Mirjana Karanovic, Marija Skaricic

“Drei Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien treffen im Zürcher Industriegebiet aufeinander: Als die lebenshungrige Bosnierin Ana aus dem Nichts in der von Ruza mit strenger Hand geführten Betriebskantine auftaucht, mischt sie die eingeschliffene Existenz der Serbin wie auch der alten Köchin Mila gehörig auf. Andrea Stakas Spielfilmdébut - das in Locarno, Sarajevo und jetzt auch mit dem Zürcher Filmpreis ausgezeichnet worden ist - gelingt es mit beachtenswerter Leichtigkeit, die geheimen Wünsche, Ängste und Sehnsüchte der Frauen in einer kaleidoskopartigen Spiegelung aneinander aufscheinen zu lassen. (Neue Zürcher Zeitung) HB

G

Ghost Rider USA 2007, R: Mark Steven Johnson, D: Nicolas Cage, Eva Mendes

„Seit er als junger Mann seine Seele dem Teufel verkaufte, ist der Stuntfahrer Johnny Blaze ein Getriebener, der eine zweite Existenz als ‚Kopfgeldjäger des Teufels‘ führt. Im Marvel-Comicuniversum ist dies einer der düstersten Charaktere, der Film allerdings trotz des übersinnlichen Rahmens ein eher gradliniges und bodenständiges B-Movie – mit Peter Fonda als obercoolem Mephisto.“ (tip) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

The Good German USA 2005, R: Steven Soderbergh, D: George Clooney, Cate Blanchett

„Berlin im Sommer 1945: Ein auffällig gutaussehender amerikanischer Reporter auf der Spur einer unwiderstehlich geheimnisvollen Femme fatale gerät tiefer und tiefer in einen Sumpf von Schwarzmarkt und politischer Korruption. Dieses eher grob- gestrickte Melodram veredelt der Regievirtuose Steven Soderbergh zu einem ausgeklügelten Kunststück, indem er es in die Anführungszeichen eines historisierenden Kinostils setzt; alles Raffinement zielt darauf, den Schwarzweißfilm seinen großen Vorbildern „Casablanca“, „Der dritte Mann“ oder „A Foreign Affair“ möglichst ähnlich erscheinen zu lassen. Als pures Artefakt betrachtet, hat die Imitation Qualitäten, nur das originale Herzblut ist unwiederbringlich dahin. Ansonsten: Clooney ist kein Bogey, doch Blanchett zeigt auch im Marlene-Dietrich-Fach Klasse.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL

Der gute Hirte USA 2006, R: Robert De Niro, D: Matt Damon, Angelina Jolie

In dem über zweieinhalb Stunden langen „Der Gute Hirte“ wird die Geschichte des amerikanischen Geheimdienstes von den Anfangstagen in den späten 30er Jahren bis zur misslungenen Invasion Kubas in der Schweinebucht erzählt. Francis Ford Coppola ist nicht umsonst einer der Produzenten des Films und wollte ihn ursprünglich selber inszenieren. Dies ist, sowohl von den Dimensionen wie auch vom Anspruch her, ein „The Godfather“ des Geheimdienstes. Erzählt wird mit einem ähnlichen episch langen Atem und es wird mit dem Umweg über eine Familiengeschichte amerikanische Geschichte mythologisiert. Nun ist der CIA nicht so barock wie die Mafia, und so ist dies eine protestantische Version von „Der Pate“ geworden. Nach dem eher intimen „The Bronx Tale“ ist dies erst die zweite Regiearbeit von Robert De Niro, und man kann nur darüber staunen, die souverän er dieses Schwergewicht von einem Film gestemmt hat. (hip) H, HB, HH, HL, KI

H

Hannibal Rising – Wie alles begann USA 2006, R: Peter Webber, D: Gaspard Ulliel, Gong Li

„Als hungrige Söldner im Zweiten Weltkrieg die kleine Schwester des zehnjährigen Hannibal verspeisen, flieht er nach Frankreich zu seiner eleganten japanischen Tante Lady Murasaki (die Chinesin Gong Li) und verknallt sich in sie. Dann studiert er Medizin, murkst die Mörder seiner Schwester ab und isst ihre Wangen. Langweilig kunstgewerblicher Mainstreamhorror. (tip) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

The Hitcher USA 2007, R: Dave Meyers, D: Sean Bean, Sophia Bush

„In diesem nicht schlecht gemachten, aber überflüssigen Remake des Horrorthrillers „Hitcher, der Highwaykiller“ aus dem Jahre 1986 nimmt ein verliebtes Studentenpärchen einen Mann im Auto mit, der sich als psychopathischer Killer entpuppt. Er terrorisiert das Paar und metzelt dabei eine ganze Reihe von Menschen nieder - mit so teuflischer Raffinesse, dass der Mordverdacht auf die Studenten fällt, die daraufhin nicht nur vom Killer gequält, sondern auch noch von der Polizei gehetzt werden.“ (tip) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

100 Jahre Brecht Deutschland 1997 - R: Ottokar Runze, D: Udo Samel, Jürgen Hentsch

“Eine vorwiegend auf den ,Flüchtlingsgesprächen‘ und auf ,Furcht und Elend des Dritten Reiches‘ basierende Spielfilm-Collage, die aus Anlaß von Bertolt Brechts 100. Geburtstag entstanden ist. In sparsamer Dekoration und ohne formale Spielereien springt der Film von Station zu Station, verleugnet dabei nie seinen didaktischen Auftrag. Der mitunter etwas spröde, sich ganz auf inhaltliche Aussagen konzentrierende Stil ist sowohl dem Unterfangen als auch Brechts Selbstverständnis durchaus angemessen.“ (Zoom) H

I

In den Tag hinein Deutschland 2001, R: Maria Speth, D: Sabine Timoteo, Hiroki Mano

„Eine 22-Jährige lebt lust- und antriebslos ihren Berliner Alltag und macht Streifzüge durch die nächtliche Stadt. Als sie einen Japaner kennen lernt, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, scheint ihr Leben eine Idee von Sinn zu erhalten. Ein formal äußerst strenger, wortkarger Film, der sich gängigen Unterhaltungsqualitäten verweigert und seine minimalistische Geschichte (fast) ohne Rücksicht auf den Zuschauer erzählt. Dabei ist es durchaus reizvoll, wie er das Filmbild in den Mittelpunkt seiner Erzählung um Einsamkeit und Fremdsein stellt.“ (filmdienst) HH

J

Junebug USA 2006, R: Phil Morrison, D: Embeth Davidtz, Alessandro Nivola

„Dass der Clash der Kulturen auch innerhalb der USA stattfindet, beweist diese feinfühlige Tragikomödie von Regisseur Phil Morrison: Madeleine , weltläufige Kunsthändlerin aus Chicago, reist mit ihrem neuen Ehemann George zum Antrittsbesuch bei seiner Familie ins ländliche North Carolina. Dort macht Madeleine Bekanntschaft mit verstockten Schwiegereltern, einer redseligen Schwägerin (2006 Oscarnominiert: Amy Adams), aber auch bisher unbekannten Werten: Familie, Kirche, Vaterland. Regisseur Morrison, selbst in North Carolina aufgewachsen, ist eine humorvolle Studie über die Macht der Gewohnheit gelungen.“ (Der Spiegel) HH

L

La vie en rose Frankreich 2007, R: Olivier Dahan, D: Marion Cotillard, Jean-Pierre Martins

„In Frankreich wird la Piaf, die 47 Jahre alt wurde, verehrt wie eine Nationalheilige. Ein tragisch kurzes Leben - das hier strapaziös ausgewalzt wird: RegissUSA 2006, R: eur Olivier Dahan (“Die purpurnen Flüsse 2“) schwelgt so ungehemmt ergeben im Leid seiner leidenschaftlichen Heldin, dass sich statt Ergriffenheit bald gepflegte Langeweile einstellt. Die bravouröse Marion Cotillard (“Ein gutes Jahr“) indes überzeugt als ungebrochene Edith in jeder Szene. Und wenn sie endlich „Non, je ne regrette rien“ anstimmt – ich bereue nichts –, stehen einem natürlich doch die Tränen in den Augen.“ (Cinema) H, HB, HH, HL, KI, OL

Das Leben der Anderen Deutschland 2005, R: Florian Henckel von Donnersmarck, D: Ulrich Mühe, Sebastian Koch

„Das Leben der Anderen“ ist ein weiterer von den deutschen Filmen der letzten Zeit, die von jungen Regisseuren mit einer ganz erstaunlich komplexen und reifen Erzählhaltung inszeniert werden. Florian Henckel von Donnersmarcks Debütfilm handelt von einem Theater-Regisseur, der 1984 in der DDR von der Staatssicherheit beobachtet wird. Doch der heimliche Held des Films ist ausgerechnet der Stasi-Hauptmann, der diese Überwachung leitet und sich langsam in einen Schutzengel für den Künstler verwandelt. Mit großem Ernst und Inspiration inszeniert, hat diese Geschichte nichts von der Ost-Nostalgie anderer Filme über die DDR, stattdessen ist dieses Drama zugleich hochpolitisch und mit Mitgefühl erzählt. (hip) H, HB, HH, HL, KI, OL

Letters From Iwo Jima USA 2006, R: Clint Eastwood, D: Ken Watanabe, Kazunari Ninomiya

„Am 19. Februar 1945 verschanzt sich eine Minderheit japanischer Truppen auf der Insel Iwo Jima, um der Übermacht der vorrückenden amerikanischen Soldaten Widerstand zu leisten. Das sinnlose Unterfangen endet in einem Blutbad. Der von Clint Eastwood als Gegenstück seines Films „Flags of our Fathers“ konzipierte Kriegsfilm zeigt die andere „Seite der Medaille“, indem er die Schlacht um die „strategisch wichtige“ Vulkaninsel ausschließlich aus der Sicht der Japaner zeigt. Dabei bemüht er sich nach allen Regeln der (Hollywood-)Kunst, dem „Feind“ ein Gesicht zu geben und den Krieg als unmenschlich erscheinen zu lassen. Ein wichtiger, vor allem für US-amerikanische Betrachter unbequemer Film.“ (filmdienst)H, HB, HH

Little Miss Sunshine USA 2006, R: Jonathan Dayton, Valerie Faris, D: Abigail Breslin, Greg Kinnear

„Eine schrullige amerikanisUSA 2006, R: che Familie, deren Mitglieder mehr oder weniger an unterschiedlichsten Varianten des ‚Amerikanischen Traums‘ gescheitert sind, reist in einem klapprigen VW-Bus quer durch die USA, damit die kleine Tochter an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen kann. Eine wunderbar einfallsreiche Komödie in Form eines subversiven Road Movie, das ein sympathisches Hohelied auf die Familie anstimmt und vor allem auch durch die hervorragenden Darsteller vorzüglich unterhält.“ (filmdienst) BHV, H, HH, KI

Lotte im Dorf der Erfinder Heiki Ernits, Janno Põldma

„So liebevoll und komisch kann Zeichentrick sein! Der handgemachte Animationsfilm aus Estland beflügelt die kindliche Fantasie. In Sachen Einfallsreichtum, Charme und Mut zur Kauzigkeit könnten die Hollywood-Profis von unseren estnischen Nachbarn und ihrem wundersamen Sammelsurium aus Minigeschichten, in denen Frösche Hosen fressen, Fische von Tränen Kopfschmerzen kriegen und Hunde in Koffern leben, einiges lernen. Schauplatz des Films ist ein kleines Dorf irgendwo in Europa, in dem Hunde, Katzen, Karnickel und andere Viecher friedlich zusammenleben. Die Erwachsenen erfinden rund um die Uhr die seltsamsten Dinge, die Kinder (wie das muntere Hundemädchen Lotte und der brave Kater Bruno) staunen dagegen über die Magie des Alltäglichen - und träumen von einem Judoturnier im fernen Japan.“ (Cinema) H, HB, HH, HL, KI, OL

M

Man braucht kein Geld Deutschland 1939, R: Carl Boesse, D: Hedy Kiesler (= Lamarr), Heinz Rühmann

Ein wendiger Bankangestellter hilft nach einer Fehlspekulation einem Kunden aus der Klemme, indem er den Anschein erweckt, der in Wirklichkeit verarmte Onkel aus Amerika sei Dollarmillionär. »Üb‘ immer Treu und Redlichkeit« ist das ironische Motto des Films, in dem das unredliche Spiel mit der Eitelkeit und der Geldgier der Menschen ein nicht geplantes, aber dennoch glückliches Ende nimmt.“ (Metropolis) HH

Mitten ins Herz – Ein Song für dich USA 2007, R: Marc Lawrence, D: Hugh Grant, Drew Barrymore

„Es kostet Hugh Grant sichtlich wenig Anstrengung die Pose des leicht abgetakelteten 80er-Popstars einzunehmen, der sein Geld inzwischen auf Revival-Parties und Erntedankfesten verdient. Kann es so einer schaffen, in nur ein paar Tagen einen Hit für einen jungen Popstar zu komponieren? „Mitten ins Herz“ verkoppelt Seitenhiebe auf die synthetische 80er-Jahre Popkultur mit einem altmodischen, romantischen Plot, aber bei alledem fehlt der richtige Rhythmus und das richtige Gefühl.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

N

Nach der Hochzeit Dänemark/Schweden 2006, R: Susanne Bier, D: Mads Mikkelsen, Rolf Lassgård

„‚Nach der Hochzeit‘ von der dänischen Regisseurin Susanne Bier wurde gerade als Oscar-Kandidat für den besten ausländischen Film auserkoren, wobei eine Nominierung für den besten Film überhaupt mindestens genauso angemessen gewesen wäre. Die Geschichte um den gutherzigen Waisenhausleiter und Wahl-Inder Jacob Petersen (Mads Mikkelsen), der in seine Heimat Dänemark gelockt wird, um seine ihm bis dahin unbekannte Tochter zu treffen, ist eines dieser großen, schamlos tränenreichen Melodramen, wie es sie selbst Hollywood heutzutage kaum mehr hinbekommt. So schön, so traurig, dass man sich besser gar nicht erst vornimmt, den Film mit trockenen Augen zu überstehen.“ (Der Spiegel) H, HB, HH

Nachts im Museum USA 2006, R: Shawn Levy, D: Ben Stiller, Robin Williams

„Ein Vater will seinen Sohn und seine geschiedene Frau von seiner Beharrlichkeit in Sachen Arbeitsplatz überzeugen. Deshalb nimmt er eine Stelle als Nachtwächter im örtlichen Geschichtsmuseum an, hat bald aber mehr zu tun als ihm lieb ist, da alle Exponate in der Nacht ein turbulentes Eigenleben führen. Nur mäßig unterhaltsame Komödie, die weder den Hauptdarsteller noch die prominent besetzten Nebenrollen fordert, sodass der Reiz der Geschichte schnell verpufft und nur wenige hübsche Gags bleiben.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, KI, OL

Norbit USA 2007, R: Brian Robbins, D: Eddie Murphy, Thandie Newton

„Nach seinem Gastauftritt im Singspiel „Dreamgirls“ hat sich Eddie Murphy auf seinen Lieblingsjob besonnen: in diversen Verkleidungen debil grinsend oder hysterisch kreischend durchs Bild zu hampeln. Ebenso abgestanden: die Story vom Findelkind Norbit (Eddie Murphy), das im Waisenhaus des sadistischen Mr. Wong (auch Murphy) aufwächst und schließlich von der korpulenten Rasputia (schon wieder Murphy) zum Traualtar geschleppt wird. Warum ausgerechnet Komödien mit extrem übergewichtigen schwarzen Mamis an den US-Kinokassen immer wieder absahnen, wird uns für immer ein Rätsel bleiben. Zumal dieser ranzige Mix aus hyperaktivem Kasperletheater und wabbeliger Tour de Fett nur eines ist: überflüssiger Dünnsinn.“ (Cinema) , BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

P

Pan’s Labyrinth

Spanien/Mexiko/USA 2006, R: Guillermo Del Toro, D: Ivana Baquero, Sergi López

„Pan’s Labyrinth“ lässt das zwölfjährige Mädchen Ofelia (Ivana Baquero) im faschistischen Spanien des Jahres 1944 in eine bizarre Märchenwelt flüchten. Der mexikanische Regisseur Guillermo Del Toro erzählt von Folter, Terror und der Kraft der Phantasie. Bei den Oscars, die am 25. Februar in Los Angeles vergeben werden, ist Del Toros Film in sechs Kategorien im Rennen - keine andere Produktion hat mehr Nominierungen. Sergi López spielt Capitán Vidal, einen von Francos Offizieren, der Ofelias Mutter geheiratet hat und nun umbarmherzig jeden Widerstand gegen das Regime bekämpft. Geschickt gibt Del Toro schon der Wirklichkeit märchenhafte Züge. Er zeigt Vidal als bösen Stiefvater, der seine Tochter nicht liebt, und die Rebellen als tapfere Freiheitskämpfer, die etwas Besseres als den Tod suchen - aber nicht finden. Der Regisseur geht mit seinen Gewaltdarstellungen bis an die Schmerzgrenze und zeigt dann Bilder, die vor dem inneren Auge ablaufen, wenn sich die Lider angesichts des Grauens schließen: Ofelia stellt sich vor, dass ein gesichtsloses Monster sie verfolgt und ein Faun ihr hilft, in der Realität das schlimmste Unheil zu verhindern. Am Ende kämpft sie im Irrgarten zwischen Sein und Schein um ihr Leben. Ein wunderschöner, tiefberührender und sehr trauriger Film. (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL

Paris, je t’aime Frankreich/Schweiz 2006, R: Joel Coen, Ethan Coen, Tom Tykwer, u.a., D: Juliette Binoche, Steve Buscemi

„‚Paris, je t’aime‘ heißt ein Bündel von Kurzfilmen, 18 Stück in zwei Kinostunden - lauter Mini-Liebesgeschichten, die in Paris spielen, aber längst nicht alle wirklich etwas mit Paris zu tun haben. Prominente Regisseure aus vielen Weltecken von Japan bis Mexiko, mehrheitlich aber Franzosen und Amerikaner, haben je eine Miniatur zu dem Bukett beigesteuert, und lang ist die Liste der Stars, die kurz mal vorbeischauen, von Gena Rowlands bis Juliette Binoche, von Bob Hoskins bis Elijah Wood. Läppische Bagatellen und ausgefeilte Geschichten folgen einander nach dem Krautund-Rüben-Prinzip, und wie immer bei solchen Potpourris bleibt die Bilanz unbefriedigend: Die Menge der Häppchen macht eher hungrig als satt.“ (Der Spiegel) H, HH, KI

Pathfinder – Fährte des Kriegers USA 2006, R: Marcus Nispel, D: Karl Urban, Moon Bloodgood

„Basierend auf den mythischen Motiven von Niels Gaups gleichnamigem norwegischen Film aus dem Jahr 1987, erzählt der Deutsche Marcus Nispel in seinem ersten Kinofilm seit seinem Debüt „Michael Bay‘s Texas Chainsaw Massacre“ als erster Filmemacher von den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Indianern und den eigentlichen Entdeckern Amerikas, den Normannen. Mit einem Drehbuch von „Battle Angel“-Autorin Laeta Kalogridis lässt sich ein martialischer Actionfilm erwarten, der „Herr der Ringe“-Held Karl Urban auf den Leib geschrieben wurde.“ (Blickpunkt:Film) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Point Blank USA 1967, R: John Boorman, D: Lee Marvin, Angie Dickinson

„Nach verbüßter Haftstrafe rächt sich ein alternder Gangster blutig an seinem Komplizen, der ihn verriet, und an seiner Frau, die ihn betrog. Meisterhaft und mit eisiger Kälte inszenierter Thriller von konsequent pessimistischer Grundhaltung.“ (Lexikon des internationalen Films) HH

Q

Die Queen Großbritannien/Frankreich/Italien 2006, R: Stephen Frears, D: Helen Mirren, Michael Sheen

Wohl jeder weiß noch genau, wo er war und was er tat, als er erfuhr, dass Princess Diana in einem Autounfall starb. Es war einer der entscheidenden Momente der 90er Jahre – und ein Wendepunkt für Großbritannien. Die Briten benahmen sich angesichts der Trauer um Diana anders als gewohnt, und ihre alten Tugenden schienen obsolet geworden zu sein. „That’s the way we do things in this country“, sagt Helen Mirren als Elisabeth II angesichts des Trauerfalls und hält sich reserviert an die Etikette – ohne dabei zu ahnen, wie gefährlich falsch sie damit liegt. Diese vielleicht schwerste Krise des britischen Könighauses der letzten Jahrhunderte, steht im Mittelpunkt des neuen Films von Stephen Frears. Eine immense Neugier scheint ihn und sein Team dazu angestachelt zu haben, hier sehr tief zu bohren und dabei nach Wahrhaftigkeit zu suchen. „The Queen“ besteht zum größten Teil aus intimen, häuslichen Szenen (wobei das Wort „häuslich“ bei den Royals allerdings neu definiert werden muss). Alle Schauspieler fangen meisterlich die Manierismen der jeweiligen Figuren ein, und erreichen so einen hohen Wiedererkennungswert, obwohl sie den Vorbildern nicht einmal besonders ähnlich sehen. (hip) H, HB, HH, HL, KI

R

Rennschwein Rudi Rüssel 2 Deutschland 2007, R: Peter Timm, D: Sebastian Koch, Sophie von Kessel

„Das Sequel der erfolgreichen Kinderbuchverfilmung von 1995. Statt Ulrich Mühe gibt nun Sebastian Koch das geplagte Familienoberhaupt. Dass sich die Zeiten etwas verändert haben, sieht man nur daran, dass sich Ferkel Rudi dieser Tage in den Haushalt einer Patchwork-Familie einleben muss. Ansonsten bietet Peter Timms Film biedere Familienunterhaltung, die ohne feinere Töne auskommt. Die namhafte Besetzungsliste reicht bis in die Nebenrollen, darunter Dominique Horwitz und Andreas Schmidt als kreuzdummes Gaunerpärchen.“ (tip), BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Robert Nelson Kurzfilmprogramm in der Reihe film:art

„Robert Nelson ist eine zentrale Figur des ‚New American Cinema‘ der 60er und 70er Jahre. Seine scharfsinnigen und intuitiven Arbeiten balancieren immer zwischen formaler Erfindungskraft und ansteckendem Humor. In Zusammenarbeit mit dem Künstler und dem ‚Academy Film Archive‘ Los Angeles haben die Kurzfilmtage Oberhausen fünf Kopien aus den Jahren 1963-70 für den Verleih erworben. Nun kann auch das Bremer Publikum diesen ungewöhnlichen Freigeist erleben.“ (Kino 46) HB

Rocky Balboa USA 2006, R: Sylvester Stallone, D: Sylvester Stallone, Burt Young

„Mit seinem letzten „Rocky“-Film kehrt Sylvester Stallone zu den Qualitäten des oscargekrönten Originals zurück. Konzentriert sich auf atmosphärische Milieu- und sensible Charakterzeichnung, entwickelt menschliche Wärme und leisen Humor, nimmt erst spät die Kurve zur Boxaction. Das wirkt nach ruhigem Beginn am Ende etwas gehetzt, bringt die Reihe aber trotzdem zu einem versöhnlichen und persönlichen Abschluss.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH, KI

S

Saw III USA, 2006, R: Darren Lynn Bousman, D: Tobin Bell, Shawnee Smith

„Geld stinkt nicht. Warum den schnellen Dollar nicht mitnehmen, wenn ihn der Markt hergibt? Doch auch wenn diese Motive menschlich verständlich sind, so ist ein derartiges Vorgehen im Filmgeschäft nicht immer das cleverste. Mit ‚Saw‘ schufen James Wan und Leigh Whannell aus dem Nichts einen Mythos. Der dreckige, kleine hundsgemeine Genre-Faustschlag eroberte sich eine kolossale Fangemeinde. Doch der Fehler, der schon bei der Fortsetzung ‚Saw 2‘ gemacht wurde, wird mit Sequel Nummer zwei wiederholt. Die Gier, die Kuh im Jahresrhythmus gnadenlos und ohne Rücksicht auf Verluste zu melken (ja Teil 4 und 5 sind bereits angekündigt), schlägt sich negativ auf die Qualität aus. ‚Saw 3‘, wieder unter der Regie des zweitklassigen No Names Darren Lynn Bousman, reduziert sich gänzlich auf die Markenzeichen des Horror-Franchise und lässt dabei jegliche Finesse und Innovation vermissen.“ (filmstarts.de) H, HB, HH, KI, OL

Schräger als Fiktion USA 2006, R: Marc Forster, D: Will Ferrell, Emma Thompson

„Als der Steuerbeamte Harold Crick eines morgens erwacht, findet er sich verwandelt. Nicht in einen Käfer, wie Kafkas Figur Gregor Samsa, sondern viel schlimmer: der schwer zwanghafte Crick, der sein Leben bis zum letzten Zahnbürstenstrich zu kontrollieren versucht, hört plötzlich eine Stimme in seinem Kopf. Sie entpuppt sich im Lauf dieser verspielt-verspiegelten Geschichte aus der Feder von Newcomer Zach Helm als Erzählstimme der Autorin Karen Eiffel (Emma Thompson), die seit zehn Jahren unter quälenden Schreibblockaden versucht, ihren Roman über einen zwanghaften Steuerbeamten namens Harold Crick zuende zu schreiben… Marc Forsters Inszenierung des hinreissend sprachverliebten Drehbuchs hält am Ende zwar nicht ganz, was sie am Anfang verspricht, doch das Ringen einer Figur gegen die ästhetischen Ideen ihrer Schöpferin bleibt gleichwohl ein Genuss.“ (Neue Zürcher Zeitung) HB, HH, OL

Sie sind ein schöner Mann Frankreich 2005, R: Isabelle Mergault, D: Michel Blanc, Medeea Marinescu

„Als dem chronisch schlecht gelaunten französischen Bauern Aymé die Ehefrau wegstirbt, verliert er weniger seine große Liebe als eine tüchtige Arbeitskraft. Da sich das Geschirr nicht von allein spült, schaltet er eine Heiratsvermittlerin ein, die ihn nach Rumänien schickt, um sich dort eine passende Kandidatin auszusuchen. Zurück kommt er mit der tatkräftigen Elena , deren Ehemotive nur zu Anfang rein finanzieller Natur sind. Rund vier Millionen Zuschauer haben das Regiedebüt der Schauspielerin Isabelle Mergault im vergangenen Jahr zu einer der großen Leinwandsensationen in Frankreich gemacht. Dabei zerspringt die Komödie nicht vor Originalität, hat aber so viel altmodischen Charme, dass man ihr das nicht allzu übel nehmen kann.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, OL

Slippin Into Darkness Deutschland/USA 2006, R: Boris Castro / Originalfassung mti Untertiteln

„Die Doku beginnt als freundliche Würdigung von „Mansion Mike“: Latino, Biker und Vater von elf Kindern. Doch Boris Castro fängt auch das Ende des Patriarchen ein: Verurteilt wegen Missbrauchs seiner elfjährigen Tochter, verliert Mike Familie, Freunde und vielleicht bald sein Leben. Geradlinig und kraftvoll skizziert der Film so Selbstdarstellung und Sündenfall.“ (tip) HH

Smokin’ Aces USA 2007, R: Joe Carnahan, D: Ryan Reynolds, Ray Liotta

Eine Million Dollar setzt die Mafia auf den Kopf eines Verräters aus. Scharf auf das viele Geld, sorgen sieben schräge Profikiller für ein Massaker im Zockerparadies. Wenn es so was wie eine Tarantino-Handschrift gibt, dann trägt sie „Smokin‘ Aces“ -- zumindest auf den ersten Blick. Die schrägen Figuren, die beinharte Action, die teilweise bizarren Dialoge, das entspricht vollkommen dem Stil des „Pulp Fiction“-Regisseurs Quentin Tarantino. Was nicht ins Bild passen will, ist die Story, die vor allem im letzten Drittel eine unerwartete Ernsthaftigkeit entwickelt. Plötzlich geht es nicht mehr um Cops und Gangster in einem furiosen Actiongewitter, sondern um eine finstere Verschwörung, die ihren Anfang vor 60 Jahren nahm – ganz ohne jede Ironie. Schade eigentlich, der Film hatte das Zeug zum Knaller.“ (Cinema) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Strajk – Die Heldin von Danzig Deutschland/Polen 2006, R: Volker Schlöndorff, D: Katharina Thalbach, Dominique Horwitz

„Volker Schlöndorff versucht sich als feministischer Historiker und erzählt, wie es Anfang der 80er auf der Danziger Werft zur Gründung der Gewerkschaft Solidarnosc kam. Im Mittelpunkt steht die Kranführerin Anna, die jahrelang die fleißigste Arbeiterin im Werk war und nun ebenso fleißig gegen das kommunistische Regime in Polen arbeitet. In „Strajk“ sind die Fronten von Gut und Böse ein wenig zu eindeutig. Pflichtbewusst absolviert Volker Schlöndorff alle Stationen des historischen Konflikts, dem jeweils die private Lage von Anna entgegengehalten wird - ihre Liebesgeschichte mit einem Musiker, ihre Krankheit, ihre Beziehung zu einem Kader der Partei.“ (tip) H, HL

Das Streben nach Glück USA 2006, R: Gabriele Muccino, D: Will Smith, Jaden Smith

„‚Das Streben nach Glück‘, festgeschrieben in der amerikanischen Verfassung, beflügelte vor 26 Jahren auch den real existierenden, erfolglosen Vertreter und späteren Finanzier Chris Gardner (Will Smith): Gardner, verschuldet, ohne Job und Ehefrau, dafür aber die Sorge um den fünfjährigen Christopher (Smith-Sprössling Jaden) tragend, schaffte es durch Intelligenz, zähe Arbeit und Fortbildung aus bitterer Obdachlosigkeit bis in höchste Millionärsetagen. Ein perfekter US-Traum vom standhaften Amerikaner, den Regisseur Gabriele Muccino zwischen Hochglanz-Armut und Hochdruck-Einsatz seines ehrgeizigen Superstars leicht ermüdend inszeniert hat.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL

T

Tagebuch eines Skandals Großbritannien/USA 2006, R: Richard Eyre, D: Judi Dench, Cate Blanchett

„Eine Lehrerin Mitte 30 erregt die Leidenschaft einer altjungferlichen, verbitterten Kollegin und macht sich durch ihr Verhältnis mit einem minderjährigen Schüler erpressbar. Dem Film geht es weniger um reißerischen Thrill als um die Durchdringung der Charaktere, deren Not und Einsamkeit, aber auch Hoffnungen bedrückend erfahrbar werden. Stimmig in Atmosphäre und in der Besetzung bis in die kleinsten Nebenfiguren, wird er von zwei großartigen Hauptdarstellerinnen getragen, wobei ihm das Kunststück gelingt, auch für die vom Leben enttäuschte, verzweifelte Erpresserin ein gewisses Maß an Sympathie zu wecken.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI, OL

To Tulsa and Back – On Tour with J. J. Cale Deutschland 2005, R: Jörg Bundschuh / Originalfassung mit Untertiteln

Zum ersten Mal stimmte der medienscheue J. J. Cale einem Film über seine Musik, sein Leben und seine Karriere zu. Die Dokumentation von Jörg Bundschuh folgt ihm durch sechs US-Bundesstaaten während seiner „To Tulsa and Back Tour“. Cale kreierte den Tulsa Sound, eine Mischung aus Rock‘n Roll, Country, Blues und Jazz. Für Eric Clapton ist er der einzige andere Musiker, der er selbst gerne wäre. Die Dire Straits bekennen, ihren Sound ganz auf Cales Stil aufgebaut zu haben. Geld und Ruhm haben ihm nie viel bedeutet. Lange lebte Cale zurückgezogen in einem Wohnwagen ohne Telefon. Manchmal lagen über sechs Jahre zwischen seinen Konzerten und neuen Platteneinspielungen. Als Geheimnis umwobene Legende und Musiker, der Erfolg anders definiert als viele seiner Kollegen, genießt Cale weltweit Kultstatus.“ (Kino 46) HB

U

Unterwegs Deutschland 2003, R: Jan Krüger, D: Anabelle Lachatte, Florian Panzner

„Ein junges Pärchen mit Tochter und ein herumstreunender Jugendlicher begegnen sich auf einem brandenburgischen Zeltplatz. Gemeinsam brechen sie auf, um an der polnischen Ostseeküste für kurze Zeit Zuflucht zu finden. Zunächst scheint die Reise idyllisch und ist für alle mit großen Erwartungen verbunden. Doch in Polen verliert die Sonne ihren Glanz, und die Dreierbeziehung bekommt Brüche. In markanten Momentaufnahmen, begleitet von verblassten grau-weiß-blauen Tönen der Kamera, beweist das stille Kammerspiel und stimmungsvolle Road Movie erstaunliche psychologische Reife und einen ausgeprägten Stilwillen.“ (filmdienst) HH

V

Vier Minuten Deutschland 2006, R: Chris Kraus, D: Hannah Herzsprung, Monica Bleibtreu

Endlich traut sich ein deutscher Filmemacher, großen Kino zu machen. In „Vier Minuten“ passiert alles auf der grandiosen Bühne des Melodramas, ohne dabei je pathetisch oder lächerlich zu wirken. Die Figuren sind überlebensgroß, die Gefühlsausbrüche elementar, die Geschichte märchenhaft überhöht - dies ist eine Filmoper. Kein Wunder also, dass die Musik in ihr eine große Rolle spielt. Sie bringt die beiden Protagonistinnen zusammen und verstrickt sie bald in einen Zweikampf am Piano. Die Klavierlehrerin Traude Krüger gibt schon seit 60 Jahren Musikunterricht in einem Frauengefängnis, aber solch eine Gefangene wie die Jugendliche Jenny hat sie noch nie gesehen. Diese ist ruppig, unberechenbar und aufsässig, aber auch eine Virtuosin am Klavier. Alles an dieser 20jährigen Mörderin ist der alten Frau zuwider, aber den Verlockungen ihres außergewöhnlichen Talents kann sie nicht widerstehen, und so versucht sie die Widerspenstige zu zähmen und wird dabei selber aus der seelischen Versteinerung geweckt, in der sie fast ihr ganzes Leben lang gefangen war. (hip) H, HB, HH, HL, OL

W

Das wahre Leben Deutschland 2006, R: Alain Gsponer, D: Ulrich Noethen, Katja Riemann

„Schon wieder eine unglückliche Familie! Bemerkenswert ist allerdings, mit welcher Anteilnahme und wie fies verschmitzt zugleich Regisseur Alain Gsponer das Malheur der Familie Spatz aufbereitet. Hier waltet keine Larmoyanz, Dialoge knallen wie Ohrfeigen, und die Schauspieler (auch Katja Riemann) agieren so wunderbar, dass es eine Freude ist. Vater Roland verliert seinen hoch dotierten Job. Mutter Sybille führt lustlos eine schicke Galerie. Sohn Charles lebt beim Bund seine Homosexualität aus. Und Nesthäkchen Linus jagt in seiner Freizeit Gegenstände in die Luft. Wie sich dieses Quartett (und ein paar Nebenfiguren) bis zum letzten Bild des Films gegenseitig fertigmacht, um dann (vielleicht?) aus Ruinen aufzuerstehen, hat großen Wiedererkennungswert. Und weil hier einer beim wahren Leben nachgeschaut hat, ohne daraus eine verspießte Lindenstraße zu machen, ist das obendrein ergötzlich anzusehen.“ (Cinema) H, HH

Der weiße Planet Kanada/Frankreich 2006, R: Jean Lemire, Thierry Piantanida, Thierry Ragobert

„In diesem Dokumentarfilm ist die Geburt eines Eisbärenbabys erstmals aus nächster Nähe zu sehen. Angesichts solch bewegender Naturaufnahmen setzen die Dokumentaristen Thierry Piantanida und Thierry Ragobert in alter französischer Tierfilmersitte zu poetischen Höhenflügen an und dichten Walrosse zu den Philosophen der Arktis um. Und tatsächlich: Den Tieren wachsen Sloterdijk-Schnauzer. Kein Wunder also, dass dieser vom Bund für Umwelt und Naturschutz unterstützte Film die Zuschauer eindringlich vor der Erderwärmung warnt: Wenn das Walross schwitzt, wird für die Menschen das Eis immer dünner.“ (Der Spiegel) H, HH

Whole New Thing Kanada 2005, R: Amnon Buchbinder, D: Aaron Webber, Rebecca Jenkins

„Der 13-jährige Emerson wird von seinen Hippie-Eltern, die ihn bis dato zu Hause unterrichtet hatten, in eine richtige Schule geschickt und entwickelt eine unschuldige Leidenschaft für seinen Englischlehrer. Währenddessen betrügt Emersons Mutter seinen Vater mit einem Nachbarn. Es ist eine Menge los in dem entlegenen kanadischen Nest, Stoff genug für einen Coming-of-Age- und einen Coming-out-Film.“ (tip) HH

Die wilden Kerle 4 Deutschland 2007, R: Joachim Masannek, D: Jimi Blue Ochsenknecht, Wilson Gonzalez

„Mittlerweile fahren die populären Kicker-Knirpse Motorrad, leben eltern- und schulfrei im Wald. In der Story geht es um eine (aus der griechischen Mythologie entlehnte) Eifersuchtstragödie, bevor es zum bewährten Fußballspiel-Showdown kommt. Trotz schwerer Dramaturgie-Verstöße werden die Kids diesen pathetisch-kruden Mix aus „Mad Max“, „The Tribe“ und „Wir Kinder aus Bullerbü“ lieben.“ (Cinema) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Der Wind wird uns tragen Frankreich/Iran 1999, R: Abbas Kiarostami, D: Bahaz Dourani / Originalfassung mit deutschen Untertiteln

“Ein Journalist reist in ein kleines abgelegendes Bergdorf. Eine alte Frau liegt dort im Sterben, er will die streng ritualisierte Beerdigungszeremonie dokumentieren. Wieder bildet bei Kiarostami der Tod den Rahmen, um vom Leben zu erzählen. Am ehesten lässt sich der Film mit einem Gedicht vergleichen, wobei das Warten des Fremden zum Leitmotiv wird.“ (tip) HB

Z

Zelig USA 1982, R: Woody Allen, D: Woody Allen, Mia Farrow

„Fiktive Biografie eines menschlichen „Chamäleons“, dessen Anpassungssucht so weit geht, daß es auch die physischen Eigenschaften der ihn umgebenden Menschen annimmt. In Stil und Gestus eine perfekte Vortäuschung eines gängigen Dokumentarfilms über eine Person der Zeitgeschichte. Eine meisterliche Satire auf Pathos, Verlogenheit, Authentizitätsgehabe und Sensationsgier einer medienbestimmten Öffentlichkeit, aber auch ein filmisches Essay über Identität und Anpassung in der modernen Welt.“ (Lexikon des internationalen Films) HH

Zum Abschied Mozart Schweiz 2006, R: Christian Labhart

„Die sechswöchigen Chorproben zu Wolfgang A. Mozarts „Requiem“ stehen im Zentrum einer Dokumentation über eine Abschlussklasse einer Schweizer Waldorfschule und fungieren als Kristallisationspunkt für deren Befindlichkeit, aber auch Kritik an der Schweizer Gesellschaft. Die vom Filmemacher beabsichtigte Katalysatorwirkung des Musikprojekte ist ebenso behauptet wie letztlich misslungen und bietet nur den Rahmen für mehr oder minder tiefschürfende Statements von Jugendlichen einer Schweizer Oberschicht.“ (filmdienst) HH, KI