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taz.mag nachtragBetr.: Streit um den Reichstagsbrand

Im taz.mag vom 4./5. November erschien ein Text von Hersch Fischler („Die verflixte Aktennotiz“), in dem dem Historiker Hans Mommsen vorgeworfen wurde, 1962 entscheidend dabei mitgewirkt zu haben, den vom Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ) beauftragten Historiker Hans Schneider zu hindern, eine begründete Zurückweisung der – unter anderem auch vom Spiegel durch den Autor Fritz Tobias vertretenen – These von der Alleintäterschaft Marinus van der Lubbes am Reichstagsbrand 1933 zu veröffentlichen. Drei Wochen später, am 25./26. November, bestritt der Angegriffene („Nichts von Manipulation“) im taz.mag diese Kritik.

Hersch Fischler schreibt uns nun: „Hans Mommsen behauptet heute, Schritte zur Verhinderung der Publikation habe es nie gegeben, da Schneiders Manuskript voraussehbar nicht einmal teilweise druckreif wurde. Schneider sei mit seinem Konvolut ‚Schein und Wirklichkeit des Reichstagsbrandes‘ nie über die Ebene der Materialsammlung hinausgekommen, also überfordert gewesen, was schlechtes Licht auf das IfZ als Auftraggeber geworfen hätte. Er erinnert sich unzureichend.

Es ging damals nicht um die Publikation dieser Fehlerliste, die an Hand der Quellen auf hunderten von Seiten falsche und verfälschte Darstellungen bei Tobias belegte. Es ging um das Manuskript mit dem Titel ‚Neues vom Reichstagsbrand?‘, das als Teilmanuskript vorlag. In der Aktennotiz hatte Mommsen zunächst festgestellt, dieses Manuskript sei publikationsfähig und dürfe von Schneider unabhängig publiziert werden, wenn das IfZ die Publikation ablehne.

Dann erörterte er aber nur noch, wie das IfZ dessen unabhängige Publikation verhindern könne. Die Aktennotiz blieb nicht folgenlos. Institutsdirektor Krausnick entzog Schneider die Quellenmaterialien, untersagte ihm deren Zitierung und bedrohte ihn mit Intervention beim vorgesetzten Ministerium in Stuttgart. Es gelang, die Publikation zu verhindern.“

Die Öffentlichkeit erfuhr dies nicht. Fischler: „Stattdessen durfte Mommsen die vom IfZ angekündigte Prüfung der Alleintäterthese durchführen. Er bestätigte sie pauschal und gegen die Quellenlage. Die nach dem Mauerfall zugänglich gewordenen Originalermittlungsakten will er noch immer nicht zur Kenntnis nehmen.“

Mommsen schrieb im taz.mag, es habe damals keinen Auftrag des IfZ für ihn gegeben, die Untersuchung Schneiders fortzuführen. Fischler: „Warum widersprach er nicht, als Eckhard Jesse 1986 in einem von ihm mitverfassten Buch schrieb: ‚Das Institut für Zeitgeschichte beauftragte damals Hans Mommsen mit der Prüfung von Tobias’ Untersuchung‘?“

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