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Bessert Euch! -betr.: taz HH vom 1.10.1993

Betr.: taz HH vom 1.10 1993

Hallo tazlerInnen,

rechtzeitig zur Preiserhöhung gebt Ihr mal wieder Anlaß sich zu beschweren. Über die taz vom Freitag und Euer Verständnis von sorgfältigem und kritischem Journalismus mußte ich mich gleich zweimal ärgern, also schreib ich' Euch:

1. Bericht von Jörg-Uwe Kerstein über den Erörterungstermin AVG.

Ich will mich mal nicht darüber beschweren, was K. aus der Presse-Konferenz des BUND - bei der ich anwesend war - gemacht hat, denn es ist sein gutes Recht, die Gewichte anders zu setzen als ich es vielleicht getan hätte. Aber ich erwarte, daß ein Journalist oder einer, der es werden will, soviel Fachwissen über das, worüber er schreiben will, hat, oder sich durch Nachfragen erwirbt, daß er nicht solche Schnitzer unterbringt wie das „Emissionsgesetz“. So'n Ding gibt es nicht, es gibt ein „Immissionsschutzgesetz“, Emissionen und Immissionen sind nämlich zwei verschiedene Sachen. Genauso steht die Abfallvermeidungs- und Verminderungspflicht entweder im Abfallgesetz des Bundes oder im HH'ler Abfallwirtschaftsgesetz.

Nicht, daß diese Fehler, die dem BUND in den Mund gelegt wurden, für den Inhalt des Artikels von so zentraler Bedeutung wären. Die meisten Leute wissen auch, daß die BUND-Vertreter meistens die Gesetze kennen, über die sie reden. Mir geht es um die Schlampigkeit, mit der da gearbeitet wird. Die „korrekte“ politische Einstellung reicht nicht zum Zeitungsmachen, ein Minimum an Recherche über was man da eigentlich schreibt, gehört auch dazu.

Ganz anders nun wieder mein zweiter Nörgelgrund.

„Jeder dritte Betrieb will weg“, Bericht von Ino Seite 24: Warum leiste ich mir eigentlich für viel Geld eine kritische Zeitung, wenn ich da kommentarlos und unhinterfragt die Propaganda des Industrieverbandes geliefert kriege? Da höre ich am gleichen Tage morgens in der HH-Welle einen kritischen Kommentar über eben jene Studie mit dem Hinweis, daß 101 von 4000 Industrieunternehmen wohl kein repräsentativer Querschnitt seien und daß man getrost vermuten darf, daß es sich um massive Lobby-Arbeit angesichts der offenen Koalitionsfrage z. Zt. handelt. Diese Art, die Stimmungsmache zu hinterfragen, ist das, was ich von der taz erwarte! Wenn ich die Industrie-Propaganda ohne Fragezeichen lesen will, kauf ich mir 'ne Springer-Zeitung (und zwar für weniger Geld!). Soviel für heute - bessert Euch!

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