Bessere Bezahlung in Weiterbildung: Mindestlohn für Akademiker
Wer in der Weiterbildung arbeitet bekommt in Zukunft einen Mindestlohn. Die Branche wurde in das Entsendegesetz aufgenommen. Honorarkräfte profitieren nicht davon.
Rainer Vollbrecht (60) ist ein engagierter Lehrer in einem Weiterbildungsinstitut. 1.600 Euro brutto verdient er im Monat. Das wird bald etwas mehr werden. "Der Mindestlohn ist für mich ein kleiner Sprung", sagt der Diplompädagoge aus Rostock.
Der Bundestag hat am Donnerstag beschlossen, auch für die Weiterbildungsbranche einen Mindestlohn einzuführen. Nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di sind 23.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, die als Lehrer, Sozialpädagogen oder Handwerksmeister Jugendliche aus- und Arbeitslose weiterbilden, von der Maßnahme betroffen. Die vereinbarten Mindestlöhne entsprechen den untersten Tariflöhnen. Diese liegen in der Weiterbildung je nach Tätigkeit bei mindestens 10,71 Euro im Westen Deutschlands und bei 9,53 im Osten.
Statt seines bisherigen Gehalts von 1.600 Euro wird Rainer Vollbrecht künftig 1.845 Euro brutto für seine Arbeit als Sozialpädagoge und Lehrer bekommen. Seine Kollegen im Westen sollen voraussichtlich 2.235 Euro erhalten.
Der neue Lohn entspricht zwar nicht Vollbrechts Gehalt von einst. Bis vor acht Jahren bekam er für die gleiche Arbeit knapp eintausend Euro mehr. Doch seine Firma musste die Löhne drastisch senken. Zu groß war die Konkurrenz auf dem privaten Aus- und Fortbildungsmarkt.
Auch sein Kollege Jan Hintzpeter (39), der als Malermeister benachteiligte Jugendliche ausbildet, beurteilt die Neuregelung zum Mindestlohn positiv: "Dadurch wird die Auftragslage für die Firma in Zukunft sicherer." Die Einführung von Mindestlöhnen in der Weiterbildungsbranche wird den Preiskampf um Aufträge deutlich entschärfen.
Kurse für Arbeitslose oder Jugendliche, die keine Stelle finden, werden in der Regel von der Bundesagentur für Arbeit (BA) bezahlt. Diese sei verpflichtet, die Haushaltsmittel wirtschaftlich einzusetzen, so BA-Sprecherin Anja Hut. Deshalb werden die Aufträge von der Agentur für private Unternehmen ausgeschrieben.
Die Firma mit dem wirtschaftlichsten Angebot erhält den Zuschlag. Neben der Qualität des Unterrichts spiele dabei auch der Preis eine entscheidende Rolle, so die Agentursprecherin. Wie viel die Unternehmen ihren Angestellten bezahlen, überprüfe die Arbeitsagentur dabei nicht.
In der Branche führte dieses Verfahren in der Vergangenheit zu drastisch sinkenden Löhnen für das zumeist akademisch ausgebildete Lehrpersonal. "Es gab Unternehmen, die nur noch 1.200 Euro und weniger bezahlt haben, um den Auftrag zu bekommen", berichtet Helmuth Kramer, Betriebsratsvorsitzender des DGB-Berufsfortbildungswerks.
Horst Palik, Vorsitzender des Bundesverbandes Berufliche Bildung, begrüßt deshalb die Einführung des Mindestlohns in der Weiterbildungsbranche: "Niemand kann verantworten, dass Akademiker mit einer Bezahlung von deutlich unter 1.500 Euro brutto nach hause gehen", sagte er der taz. Stimmt der Bundesrat dem Gesetz zu, müssen Unternehmen, die sich um einen Ausbildungsauftrag der Arbeitsagentur bewerben, künftig eine Erklärung unterschreiben, in der sie versichern, Mindestlöhne zu bezahlen.
Die vielen tausend freiberuflichen Honorarkräfte in der Branche, die sich selbst kranken- und rentenversichern müssen, haben allerdings auch weiterhin das Nachsehen. Für sie wird der Mindestlohn nicht gelten. Obwohl auch diese Lehrenden meist einen Uniabschluss haben, werden die je nach Fach üblichen Stundensätze zwischen 15 und 30 Euro nicht steigen, hieß es bei der Rackow-Schule in Berlin.
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