Besser feiern?: DJs, Krach und Touris
■ Viertelfest: Die Fronten formieren sich / Innensenator Schulte hält sich bedeckt
Das Viertelfest ist zum Streitobjekt mutiert. Während der eine – Hermann Kleen von der SPD – findet, der Beirat habe in seiner Ablehnung der „Riesensause“ Recht, findet der andere – Jens Eckhoff von der CDU – es „unverständlich, aber leider typisch“, dass die ohne öffentliches Geld organisierte Party unter Beschuss steht. Der CDU-Fraktionschef nutzt zugleich die Gelegenheit und schießt auf Innensenator Bernt Schulte (CDU): Der möge ein „Machtwort“ sprechen. Doch der sagt gar nichts.
Die Angelegenheit liege zur Zeit noch beim Stadtamt, erklärt Schultes Sprecher Markus Beyer. „Wenn dabei keine Entscheidung herauskommt, entscheidet der Innensenator.“ Dass – wie auch immer die Behörde entscheiden wird – Schulte Position beziehen muss, verneint der Sprecher nicht. Aber nicht jetzt.
Während die Koalition sich behackt, hat Robert Bücking, Leiter des Ortsamts Mitte/Östliche Vorstadt, schon bei Rechtsanwalt Waldemar Klischies angerufen: Wie denn die rechtliche Lage sei? Wer darf entscheiden in diesem Fall: Beirat oder Schulte? Das wollen die beiden demnächst im Detail erörtern.
Und sonst? Es ist einer aus dem Urlaub zurückgekehrt, der von „Visionen“ spricht. Anselm Züghart vom Lagerhaus, das am Viertelfest seit jeher beteiligt ist, findet die heraufdräuende Debatte „sehr peinlich“ für eine Stadt, die im Jahr 2010 den Titel „Kulturstadt“ tragen möchte und sich kürzlich darum beworben hat.
„Festivitäten“, sagt Züghart, „gehören zu einer Stadt. Über den Charakter muss man immer reden.“ Viertelfest, ja oder nein – diese Frage hält er deshalb für völlig am Thema vorbei. Das Ostertorfest sei ein Traditionsfest, das in den Stadtteil gehört. Bremen habe kaum historisch gewachsene Feste, einzig die Eiswette. Viele andere Feste, erzählt Züghart, seien hingegen aus sozialen Bewegungen entstanden, so auch das Viertelfest. „Die Stadt tut gut daran, mit diesen Ressourcen gut umzugehen, sie zu fördern, anstatt es auf ein Entweder-Oder hinauslaufen zu lassen.“
„Parzelliert, reglementiert, privatisiert“, in diese Richtung gehe die Entwicklung Bremens, beobachtet der Lagerhaus-Mann, und Kulturmanagement sei schlicht nicht vorhanden. „Dem muss man etwas entgegensetzen.“ Die Kulturstadt-Bewerbung sei der „erste kleine visionäre Ausblick über diese Legislaturperiode hinaus“, und wenn Bremen Kulturstadt wird, „dann muss das Ostertorfest her.“ Aber auch mit einem Charakter, der die stetige Bewegung dokumentiert.
Auf die Frage, wie denn jetzt, muss das Viertelfest anders werden?, antwortet Anselm Züghart ganz diplomatisch: „Kultur ist immer ein Stück weit Reibung, niemals Stillstand, niemals Wiederholung des Alten.“ Und: Ein solches Fest müsse eine „gesunde Mischung aller bestehenden Bestandteile werden. Auch mit DJs, auch mit Lautstärke, auch mit Touris, vor allem mit Kindern und Jugendlichen. sgi
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