: Besondere Gesellschaftsstruktur
betr.: „Sturzflug ins Ungewisse“, taz vom 4. 10. 06
Von Tag zu Tag wird die Krise bei Eads und damit in der europäischen Luftfahrtindustrie greifbarer. Verluste in Milliardenhöhe sowie ungewisse Schadenersatz- und Stornierungskosten aus nicht rechtzeitig erfüllten Verträge zeichnen sich zunehmend konkreter ab. Und doch zeigt sich, dass die Ursachen der Krise weniger beim Produkt, sondern in der besonderen Gesellschafterstruktur des Unternehmens liegen. Eine unübersichtliche Gemengelage von politischen Interessen der Anteilseigner und (betriebs)wirtschaftlichen Notwendigkeiten aus dem Unternehmen selbst sorgen für suboptimale Lösungen. Und damit wird der Fall Eads zum Spiegelbild des europäischen Einigungsprozesses.
Eine Vielzahl egoistischer nationalstaatlicher Interessen steht dem eigentlichen Zweck, über eine konkurrenzfähige und wirtschaftlich erfolgreiche Luftfahrtindustrie zu verfügen, im Weg. Und zwischen allen Stühlen stehen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, egal ob sie in Toulouse, Hamburg oder an anderen Produktionsstandorten beschäftigt sind. Man kann wohl davon ausgehen, dass es den in Deutschland beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern egal ist, ob sie nun Teile des A 380 produzieren oder große Teile der A-320-Fertigung übernehmen. Es ist die politische Seite, die aus dieser Frage Prestige und damit letztlich Machtansprüche ableitet. Schon längst gerät dabei in Vergessenheit, dass mit fragwürdigen Mitteln die Verlängerung einer Startbahn in Hamburg-Finkenwerder vorangetrieben wurde oder ökologisch bedeutende Biotope neuen Produktionshallen weichen mussten. Aber über die Unverträglichkeit nationalstaatlicher Industriepolitik mit gesamteuropäischen Interessen wird so schnell sicher niemand sprechen wollen. Boeing wird es freuen. CHRISTIAN SCHRÖER, Düsseldorf