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Besetzung gegen Hühner-SchlachthofGekommen, um zu bleiben

Wie Tierrechtler im Landkreis Lüchow-Dannenberg einen Acker besetzen und damit die Pläne für einen Mega-Schlachthof durchkreuzen. Der startet später als geplant.

BREMEN taz | Landwirt G. aus Teplingen im Landkreis Lüchow-Dannenberg mag nichts sagen. "Ich gebe keine Auskunft", raunzt er, das ist alles. Immerhin, durchs Telefon kann er einem nicht mit der Holzlatte kommen. Mit der wollte sein Sohn erst die TierrechtsaktivistInnen von seinem Grund und Boden vertreiben. "Er hat damit gedroht", sagt einer von ihnen, "aber dann war wahrscheinlich doch die Hemmschwelle zu groß." Verletzte gibts keine.

Auch der Baggerfahrer, der gestern Früh auf die Schlafzelte zudonnerte, hat die Maschine noch gestoppt, gerade so. Seit Sonntag halten die AktivistInnen den Bauplatz besetzt, auf dem die Familie G. einen Maststall bauen will, für 39.750 Hühner. Mit einem Vertrag von Franz-Josef Rothkötters Celler Land Frischgeflügel GmbH (CFG), die dringend Mäster braucht: Landwirt G. möchte sich nämlich als Zulieferer für deren Mega-Schlachthof in Wietze verdingen.

Genau wie Familie T. aus Schnega, keine 30 Kilometer weiter westlich. Deren Maststallbauplatz war vor 14 Tagen besetzt worden, von Leuten der örtlichen Initiativen. Die seien "nach Diskussionen dann freiwillig abgezogen", sagt Polizeisprecher Kai Richter.

Wietze-Besetzungen

Nach fünfmonatiger Besetzung war das Schlachthof-Gelände Wietze vergangenen August geräumt worden. Im Gefolge gab es seither immer wieder Besetzungen von Bauplätzen für Zuliefer-Mastställe.

Die erste schon am 16. August 2010 zwischen Üfingen und Alvesse, Landkreis Peine.

Schnega: Am 6. / 7. Juni 2011 besetzen lokale Bürger-Initiativen einen Bauplatz für eine kurz zuvor durch den Landkreis trotz Protesten genehmigten Maststall.

Teplingen: Seit 26. Juni besetzt. Nach unvollständiger Räumung am Sonntag weiter aktiv. Attacken des Bauplatz-Besitzers Landwirt G. mit schwerem Gerät (Traktor, Gabelstapler). Aktuelle Infos: http://stopteplingen.blogsport.de/

Freiwillig ist ein dehnbarer Begriff: "Der Landwirt hat das hier auf seine Art gelöst", erzählt Initiativen-Sprecher Holger Holzhausen. "Der hat über Nacht die Beregnungsanlage angemacht." Darauf war man nicht gefasst - war halt für viele das erste Mal. Die Leute in Teplingen sind gewiefter. "Die haben schon Erfahrung", sagt Holzhausen, der am Sonntag da war, um sichs anzuschauen.

Es wirkt wie eine Guerilla-Taktik. Aber die beiden Besetzungen waren nicht miteinander koordiniert. Die Motivlagen sind auch unterschiedlich. So waren in Schnega zunächst die AnwohnerInnen sauer, dass der Landkreis Lüchow-Dannenberg die Anlage genehmigt hat, ohne sich um Protest-Unterschriften oder Alternativ-Gutachten zu scheren.

Und je mehr man sich mit der Massentierhaltung befasst hatte, desto mehr "trat das ethische Problem in den Vordergrund", sagt Holzhausen.

Für die BesetzerInnen von Teplingen steht dagegen der Kampf gegen "legalisierte Tierquälerei" im Vordergrund: Sie sind von außerhalb angereist, keiner hatte sie erwartet. "Wir waren selbst überrascht", heißt es in einer Mitteilung der lokalen Initiativen. Die begrüßen die Aktion. Schließlich hat man einen gemeinsamen Gegner: Wietze, Europas größten Schlachthof.

Franz-Josef Rothkötter sagt nichts, und er lässt dazu auch nichts sagen: Die Pressearbeit für seine Firma CFG muss ein Düsseldorfer PR-Fuzzy erledigen. Der sagt von sich selbst, dass er ja nun so dicht nicht am in Haren beheimateten Unternehmen dran sei. "Ich bin kein Unternehmenssprecher", erklärt er.

Man sei zwar für Auskünfte übers Unternehmen "hier richtig". Dieses gebe aber "keine Wasserstandsmeldungen" darüber ab, wie viele neue Mäster man schon an sich binden konnte.

Es gibt aber starke Hinweise darauf, dass man Probleme damit hat, genügend Landwirte zu finden, die mit der Hoffnung auf schnellen Profit 500.000 Euro in einen Maststall stecken - und sich fest ans Großunternehmen binden. Denn ursprünglich sollte der Betrieb in Wietze vor dem Sommer 2011 in zwei Schlachtlinien aufgenommen werden und in zwei Schichten.

Dafür wären 400 neue Mastanlagen à 40.000 Hähnchen notwendig gewesen. Mittlerweile ist der Schlachtstart aufs Ende der Grillsaison verschoben, und die Tiere sollen nur noch in einer Linie entleibt werden, und nur tags, nicht rund um die Uhr.

Auch dafür müsste man noch etwa 100 Mäster akquirieren. Anforderungsprofil: Ein dickes Fell. Denn dass bis zu fünf Prozent der Tiere schon während der Aufzucht elend krepieren, darf den mastwilligen Landwirt ebenso wenig stören wie die Proteste der Tierschützerinnen und der Zoff mit den Nachbarn.

Denn der ist programmiert: Fast auf jeden zweiten Maststall-Bauantrag in Niedersachsen gründet sich eine neue Bürgerinitiative. In Springe, in Lachendorf, Peine, Linne/Ellerbeck - es ist längst eine Massenbewegung, kommunalwahlentscheidend. Und für Rothkötter: investitionsgefährdend.

Denn wenn es tatsächlich mal sein Plan war, aus der A 7 zwischen Hannover und Hamburg einen Hähnchen-Highway für seine Fabrik in Wietze zu machen, an dem sich 150 Mastbetriebe aufreihen, so ist er schon jetzt auf ganzer Linie gescheitert. Gerade mal vier gibts auf der Strecke. Neu Genehmigungen? Fehlanzeige.

"Wir wollen Wietze verhindern", das sagen die BesetzerInnen von Teplingen. Das Feld von Landwirt G. zu besetzen - das ist nur ein Nadelstich dagegen. Der kann damit schlecht umgehen: Per Trecker und Gabelstapler fährt er Attacken gegen die unliebsamen BesucherInnen. Am Sonntag hatte die Polizei sie geräumt, das heißt, "wir waren da", so deren Sprecher Richter, "haben die Versammlung aufgelöst und eine Vielzahl Personen vom Ort entfernt".

Aber vier hatten sich angekettet. Die sind dageblieben. Dann ist die Polizei abgefahren, und die Versammlung über Nacht wieder gewachsen. "Wir behalten die im Auge", sagt Richter. Mittlerweile stehen Zelte, eine mobile Küche, das Wetter ist trocken. "Baumaterialien könnten wir gut gebrauchen", sagt ein Aktivist, "und vegane Lebensmittel." Man sei schließlich "nicht gekommen, um schnell wieder abzuziehen".

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9 Kommentare

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  • W
    Wutburger

    Gesetz und Kleinbürgertum über Moral, so funktioniert unser tolles Deutschland. Es ist immer einfach, Gefühle und Rechte anders"artiger" zu negieren, um dann ohne schlechtes Gewissen gegen diese vorzugehen.

  • PK
    Paul Kas

    Bauern, die an dieser ekelhaften Tierquälerei mitverdienen wollen, sollten enteignet werden.

  • A
    Andreas

    Inhaberschaft von Moral rechtfertigt gesetzwidriges Verhalten. Ist es das, was der Leser dem Artikel entnehmen kann?

     

    Über die verschiedenen Tierhaltungsformen kann man verschiedener Meinung sein. Aber rechtliche Rahmenbedingungen werden nicht auf dem Acker eines Landwirtes gesetzt, sondern in den Parlamenten.

     

    Ich verurteile unrechtes Verhalten auf beiden Seiten.

     

    @Benno Schirrmeister: Beeindruckende Wortwahl. Inbesondere "verdingen" hat mich sofort an Mörder und Diebe denken lassen. Köstlich. Einseitig. Aber köstlich.

  • H
    hann0s

    Das überfahren eines Zeltes ist versuchter Mord. Anzeigen und einsperren das Pack, wenn Leute auf meinem Rasen campen darf ich die auch nich übern Haufen schießen. Zumal ich mal leider aufm Land in Suderburg bei Uelzen studieren durfte, da bestätigt sich das Bild das ich von den Bauern vor Ort und ihrem Nachwuchs hatte ja nochmal ganz stark. Überwiegend (jaja sind ja nich alle) rechtes, nicht sehr denkstarkes Grüppchen, das vom Stammtisch her vom Bürgermeister übern Polizeichef bestens vernetzt ist

  • W
    Wenn...

    ...der Staat kapituliert und nicht Räumen mag, dann hilft sich der Bauer eben selbst.

  • A
    anna

    Die Besetzung in Teplingen wurde am Montagabend brutal von Agrarindustriellen geräumt. Die Aktivist_innen wurden mit Knüppeln, Reizgas, Fahrzeugen u.a. angegriffen, dass es keine Schwerverletzten oder Toten gab, ist Glück. Die Angreifer fuhren einen Tripod um, während sich auf diesem noch ein Mensch befand, auch Zelte, in denen noch Besetzer_innen hätten sein können, wurden mit schweren Fahreugen überfahren.

    Die Polizei scheint nichts unternommen zu haben, um die Aktivist_innen zu schützen, sie versuchte, Besetzer_innen festzunehmen.

     

    Genauere Informationen: www.stopteplingen.blogsport.de (blog der Besetzung)

     

    Solidarität und Öffentlichkeit sind jetzt entscheidend!

  • S
    Solidarität

    Feld wird von Bauern angegriffen!

    27. Juni 2011 in Allgemein 1 Kommentar

    20:11 Das Feld wird gerade mit Treckern, Schlagstöcken und evtl Benzin von den Bauern angegriffen. Es wird alles platt gefahren und die Leute direkt angegangen. Wir brauchen so viel Öffentlichkeit wie möglich!

    Beeilt euch! Ruft die Presse an wenn ihr wen kennt!

     

    Angriff abgebrochen!

    27. Juni 2011 in Allgemein 0 Kommentare

    Der Angriff wurde (wahrscheinlich durch die Anwesenheit der Polizei) abgebrochen!

    Im Vorfeld sind die angreifenden Bauern_Bäuerinnen ohne Rücksicht und mit schwerem Gerät über die Zelte gefahren, es war nicht ersichtlich ob sich darin Personen befinden. Die Tripods wurden ebenfalls von den Baggern und Treckern umgerissen, ohne im Vorfeld zu wissen ob sich in dem einen Tripod mit Zelt (etwa auf 8 Meter Höhe) noch Menschen befinden. Eine_r der Besetzer_innen hat während des Angriffes sich vom Tripod abseilen können. Allerdings wurde bevor der Boden erlangt wurde, das Seil von einem der Agraindustriellen gekappt. Die Person wurde nicht verletzt.

    Die Polizei schaut sich in dieser Minute den Schaden an. Es ist bis jetzt niemand von den Aktivist_innen nennenswert verletzt worden, es sind jedoch einzelne der Besetzer_innen derzeit unauffindbar. Es ist zu hoffen, dass sie sich im Wald versteckt haben und ihnen nichts zugestoßen ist.

     

     

    27. Juni 2011 in Allgemein 0 Kommentare

    Inzwischen wurden wir über die extreme Brutalität der Bauern_Bäuerinnen informiert: Es wurden Anstalten gemacht Menschen zu überfahren, die sich vor den Tripod gestellt haben. Lange Zeit war auch uns nicht klar, ob sich noch ein_e Besetzer:in darin befindet .

     

    Die Agraindustriellen haben Menschen mit Knüppeln und verschiedenen anderen Waffen lachenderweise (!) bedroht! In ca. 6 Minuten wurde das komplette Camp dem Boden gleich gemacht…

    Es ist offenbar alles im Auftrag des Bauern geschehen, unter den Kennzeichen waren unter anderem sogar Uelzener.

     

    27. Juni 2011 in Allgemein 1 Kommentar

    Wir haben nun auch Informationen bekommen, dass auch die Bauern_Bäuerinnen die Aktivisten_Aktivistinnen nicht nur bedroht haben sondern auch Menschen mit den Knüppeln geschlagen und auch verletzt haben.

    Es bestand mehrfach die Gefahr, dass Menschen schwer verletzt oder gar getötet werden. Es ist von großem Glück zu sprechen, dass nichts dergleichen schwerwiegendes passiert ist.

    Nachdem das ganze Camp abgerissen war, trieben die Bauern_Bäuerinnen die Aktivistin_Aktivistinnen in die Mitte des Feldes und bildeten einen Kessel. Sie beschimpften, verspotteten, beleidigten und schlugen (mit Waffen und mit Fäusten) die Menschen im inneren des Kreises und besprühten sie (und auch das niedergerissene Material) vermutlich mit Buttersäure oder Wildschweinverbissmittel.

    Kurz darauf erschienen zwei Polizisten die sich zu den Bauern_Bäuerinnen gesellten und diese lachend begrüßten. Einige Zeit später gab es dann erste Festnahme versuche der Polizei von Besetzer_innen.

     

    http://stopteplingen.blogsport.de/

  • B
    bäumchen

    bitte beachten:

    Soeben wurde die Besetzung in Teplingen auf das brutalste durch Bauern/Bäuerinnen und Polizei zerschlagen.

    Laut dem Blog sind mehrere Menschen verletzt worden.

    Bauern/Bäuerinnen haben mit Treckern Tripods und Zelte überfahren.

    Der Aktionsblog ruft dazu auf, dass sich Leute an die Presse und die Öffentlichkeit wenden, um das ganze öffentlich zu machen.

    Ich denke, es wäre auch gut, wenn morgen früh Spontandemos in Städten und Dörfern durchgeführt werden.

    http://stopteplingen.blogsport.de/

  • PN
    Pacht nehmen

    Warum stellt der Landwirt nicht einfach eine Rechnung auf und bietet den Aktivisten an, sein Land zu pachten. Sollen sie darauf ihre Bessere-Welt-Zeltlager mit Tofu aus Südchina, natürlich per CO2-freier Luftpost geliefert, ausleben, solange er sein Einkommen hat ...

     

    Ansonsten: Räumen. Und sämtliche Kosten für Polizei- und Feuerwehreinsatz entsprechend den Besatzern, die Landfriedensbruch begehen, in Rechnung stellen.

     

    Oder, wenn die Staatsgewalt mit den Verrückten kollaboriert: Gülletied. Einfach großflächig einsprühen. Entweder wachsen auf Zelten und Demonstranten dann in Kürze Erntegüter oder sie verdrücken sich.