Besetztes Uni-Gebäude in Frankfurt: Verschnaufpause für Ivi vorbei
Politikprofessor Hirsch wollte im Verfahren ums „Institut für vergleichende Irrelevanz“ Streit schlichten. Das Gericht lehnte das ab, die Räumungsgefahr steigt.
Jeden Tag könnte es soweit sein. Mit einer möglichen Räumung rechnen die BesetzerInnen des alternativen „Instituts für vergleichende Irrelevanz“ (IvI) im Frankfurter Stadtteil Westend schon seit dem Urteil des Landgerichts Frankfurts von Mitte Februar. Aber der emeritierte Politikprofessor Joachim Hirsch hatte für eine kurze Verschnaufpause gesorgt.
Er hatte Einspruch gegen das Urteil eingelegt und wollte dem Rechtsstreit zwischen der Immobilienfirma Franconofurt AG und dem IvI als Streithelfer beitreten. Zu Unrecht sei seiner Meinung nach im Räumungsurteil des Landgerichts das IvI als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) adressiert worden.
Am heutigen Freitag lehnte nun das Landgericht den Einspruch von Hirsch ab. Die Begründung: Ein ideelles, politisches Interesse reiche nicht aus, um als Streithelfer beizutreten. „Er müsste dafür persönlich rechtlich betroffen sein“, sagte der Pressesprecher des Landgerichts. Hirsch hat nun in den kommenden zwei Wochen die Möglichkeit, eine sofortige Beschwerde einlegen. Dann würde der Fall in die höhere Instanz, das Oberlandesgericht Frankfurt, gehen. Oliver Sonnenschein, ein Sprecher vom IvI, hält das heutige Urteil für eine Fehlentscheidung: „Für uns ist der Prozess noch nicht beendet.“
Im Kern geht es um die Frage, ob das „Institut für vergleichende Irrelevanz“ weiter bestehen kann oder nicht. Seit über zehn Jahren wird das von Studierenden initiierte Institut als Ort für politische Kultur genutzt, für Veranstaltungen, Diskussionen, Partys. Bis 2012 gehörte das Gelände der Goethe-Universität, die die BesetzerInnen dort tolerierte. Dann wurde es an die Immobilienfirma Franconofurt AG verkauft. Die Firma hatte bislang auf eine Räumung verzichtet, weil sie auf Rechtssicherheit wartete.
Wie es konkret weiter geht, bleibt also auch nach diesem Urteil unklar. Geräumt werden kann weiterhin jederzeit. Für alternative Standorte sei das IvI jedoch jederzeit offen, sagt Sonnenschein. „Wir würden uns auch auf eine legale Lösung einlassen.“ Denn die Stadt habe genug Leerstand, den das Institut nutzen könnte. Aber ohne Alternative wird das IvI den Standort nicht protestlos räumen, kündigte Sonnenschein an: „Am Tag x plus 1 wird es eine große Demonstration geben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist