Bernward Janzing zum Stresstest für Atomrückstellungen: Bewusst ohne Tiefgang
Alles bestens? Ist die Finanzierung der nuklearen Ewigkeitslasten tatsächlich für alle Fälle gesichert? Überhaupt nicht. Der Stresstest folgte politischer Räson. Eine schonungslose Analyse von Unternehmensrisiken war er nicht. Und er durfte es auch gar nicht werden.
Aus einfachem Grund: Man stelle sich vor, das Gutachten hätte ergeben, die Unternehmen seien überfordert mit den langfristigen Kosten der Entsorgung ihres Strahlenmülls. Dann hätten die börsennotierten Unternehmen am heutigen Montag einen massiven Kurs- und damit Wertverlust erlebt. Ihre Bonität wäre weiter dahingeschmolzen, Fremdkapital hätten sie nur noch mit erheblichem Risikoaufschlag bekommen – am Ende hätte das Gutachten die ohnehin geschwächten Firmen vollends ins Straucheln bringen können.
In der Ökonomie gibt es Prognosen, die sich selbst erfüllen können. Alleine dieser schlichten Erkenntnis folgte der Stresstest. Wirklich tief zu schürfen in den möglichen Risiken der Branche durfte daher nicht das Ziel sein. Und so behandelte der Stresstest auch nicht die Frage, was passiert, wenn das gesamte Geschäftsmodell der Konzerne weiter erodiert. Er ignorierte, dass grundsätzlich auch Großunternehmen pleitegehen können – womit das Geld für die Entsorgung weg wäre.
Und deswegen wird sich erst noch zeigen, ob das Gutachten wirklich hilfreich war. Im Idealfall befeuert es die Debatte darüber, dass – unabhängig von der Frage der Höhe der Kosten – dringend eine neue Rechtskonstruktion hermuss: Das Geld der Konzerne, das für die Entsorgung vorgesehen ist, muss aus den Firmenbilanzen raus. Es muss überführt werden in einen externen Fonds. Es muss zwingend insolvenzsicher verwaltet werden.
Schließt die Politik hingegen aus dem Stresstest, dass sie die Rückstellungspraxis nicht ändern muss, könnte das Gutachten für die Steuerzahler noch teuer werden.
Wirtschaft + Umwelt
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