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Bernhard Pötter Wir retten die WeltKlimakonferenz mal in ehrlich

Foto: taz

Am besten passte eigentlich „It’s the End of the World as We know it“. Wenn ich auf dem Weg zur COP in Baku manchmal zum Abschalten die Kopfhörer in die Ohren stöpselte und meinen Kopf von meiner Playlist einmal durchwirbeln ließ, war ich oft erstaunt – wie viele der Lieder mir wie dieser alte REM-Song auf dem Weg zur Klimakonferenz etwas über die zähen Verhandlungen und die trüben Aussichten für die Zukunft sagen wollten: „Slipping through my Fingers“, „Wait and See“, „Knocking on Heaven’s Door“, „Running on Empty“, „Parce qu’on sait jamais“ oder – es ging ja um das neue Finanzziel – „Money For Nothing“.

Als ich am letzten Tag das Gelände betrat, machte sich alles bereit für den abschließenden Showdown im Plenum der Konferenz. Und Billy Joel sang mir ins Ohr: „Honesty“. Na, dachte ich, das würde ich ja wirklich gern miterleben: Ein COP-Plenum voller Aufrichtigkeit: Wenn die VerhandlerInnen auf der COP mal gnadenlos ehrlich wären – die höfliche Klimadiplomatie mal für eine Stunde in die Ecke stellen und sagen würden, was sie meinen und denken. Das klänge dann vielleicht so:

Marshallinseln: „Herr Präsident, wir sind entsetzt über Ihre Arbeit. Dieses Dokument haben wir noch nie gesehen, wie sollen wir da zustimmen?“

COP-Präsident: „Marshallinseln, wer seid ihr denn? Noch ein paar Jahre und ihr verschwindet sowieso.“

China (leise): „Hihihi“.

Saudi-Arabien: „Der Vorschlag, dass wir auch für Klimaschutz zahlen sollen, ist eine Unverschämtheit. Wir brauchen jeden Dollar aus den Öleinnahmen für Cristiano Ronaldos Gehalt in unserer Fußballliga.“

Norwegen: „Dann kauft halt mal ein paar Luxus-SUVs weniger!“

Saudi-Arabien: „Von Leuten, die Wale fressen, lassen wir uns gar nichts sagen. Ihr seid ja sowieso schön blöd, eure Milliarden aus Öl und Gas an die Bevölkerung zu verteilen. Wie demokratisch!“ (Lachen im Saal, vor allem bei Russland, Kuba und Nordkorea).

EU: „Und keiner von euch Dödeln denkt wieder daran, seine Emissionen zu senken! Das müssen alles wir machen, das ist sooo ungerecht“ (schnieft).

China (leise): „Hihihi.“

Präsidentschaft: „EU, ihr wisst ja nicht mal, wer ihr seid und was ihr wollt. Von uns mehr Gas kaufen und dann den fossilen Ausstieg fordern? Geht’s noch?“

EU: „Aber Russland …“

Uganda: „Wir unterstützen Russland, Saudi-Arabien und den Vatikan jedenfalls darin, dass hier nirgendwo Gendersprache auftaucht. Und Frauen können eigentlich gut den Tee kochen. Jedenfalls nicht wie diese Deutsche hier nach Menschenrechten rumkrakeelen.“

Simon Stiell, UN-Klimasekretariat: „Leute, jetzt bleibt mal ganz cool hier. Wir wollten eigentlich die Welt retten auf dieser Konferenz in Baku.“ (Heiterkeit bei allen Fraktionen).

USA (kann vor lachen, kaum sprechen): „Simon, du bist unbezahlbar! Die Welt retten! Was hast du denn geraucht? Wir lassen das alles den Markt regeln.“

„Marshallinseln, wer seidihr denn? Noch ein paar Jahre und ihr verschwindet sowieso.“

Bolivien: „Der Kapitalismus bringt uns alle um!“

USA: „Du warte mal, was der Kapitalismus und unser neuer Präsident aus deinem Shithole-Country machen.“ (Geschrei, Tumult, die UN-Security muss einschreiten, die Sitzung wird unterbrochen).

Ja, so wäre das: COP unfiltered und voller „Honesty“. Wir Beobachter hätten unseren Spaß. Ob wir jemals irgendein Abkommen bekämen, ist die nächste Frage. Die Wissenschaft sagt uns: Im Alltag lügen Menschen durchschnittlich ein- bis zweimal am Tag. Wer an Klimaverhandlungen teilnimmt, sollte sich mehr anstrengen. Oder Fleetwood Mac zuhören: „Tell me lies, tell me sweet little lies“.

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