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Bernhard Pötter Wir retten die WeltEs fehlen einfach Superhelden

Fast wäre tatsächlich unser 14-jähriger Sohn mit mir ins Kino gekommen. Als ich den Mantel anzog und sagte: „Ich gehe zu „Guardians of the …“, schlüpfte er schon in seine Schuhe. „… Earth“, sagte ich dann. Enttäuschung in seinem Gesicht: „Nicht Guardians of the Galaxy 2 ?“: Marvel-Superhelden retten das Universum. Ein Halbgott, eine grünhäutige Diva, ein depressiver Baum, ein rotzfrecher Waschbär, solche Typen halt.

Damit kann „Guardians of the Earth“ nicht wirklich dienen. Der Dokumentarfilm des Regisseurs Filip Antoni Malinowski erzählt die Geschichte des Pariser Klimaabkommens. Er nimmt den Zuschauer in den ersten beiden Dezemberwochen 2015 mit hinter die Kulissen der UN-Konferenz, er zeigt die Anspannung, das stille Drama, die Tricks der Verhandler, ihre Einsamkeit, Zweifel, die schlaflosen Nächte und am Ende ihren Erfolg. Ein wunderbarer Film, wenn man, wie ich, seiner Familie erklären muss, warum man immer kurz vor Weihnachten für eine oder zwei Wochen verschwindet. Und am Ende der Welt in überheizten Kongresszentren rumlungert, um bei schlechtem Essen und kaum Schlaf einen Prozess zu beobachten, der die Welt sicher nicht retten wird.

Der Film macht wehmütig. Nicht nur weil einige der Helden von Paris auftauchen, die inzwischen gestorben sind (der großartige Tony de Brum von den Marshall-Inseln, Spitzname: „Tony Marshall“ oder die südafrikanische Umweltministerin Edna Molewa). Denke ich an den Film, während ich hier in Kattowitz auf dem überübernächsten Treffen sitze, sehne ich mich nach der guten alten Welt. Damals hieß es: Obama und Xi packen es an, die Emissionen steigen nicht weiter, wir lassen keinen zurück. Heute klettert der CO2-Ausstoß wieder, und das Personal erinnert eher an „Guardians of the Galaxy“. Ein rotzfrecher orange Waschbär, eine müde Diva, die ihre Versprechen nicht hält, ein französischer Halbgott, dem nichts gelingt. Das Gegenteil von Superhelden.

„Guardians of the Earth“ gibt Hoffnung: dass manchmal so etwas wie eine Weltgemeinschaft entsteht, wenn Mächtige langfristig denken und Ohnmächtige zusammenhalten. Wenn sich Vertrauen und Verantwortung durchsetzen. Ob sich das in Kattowitz wiederholen lässt? Mein Sohn jedenfalls hat wenig Illusionen über seine Superhelden: „Der erste Teil war besser als der zweite“, lautet sein Urteil. Er ist kein Fan von Fortsetzungen.

Und für „Guardians of the Galaxy 3“ wurde gerade der Regisseur gefeuert. Auch kein gutes Omen.

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