Berlusconis Nachfolger: Ex-EU-Kommissar soll es richten

Mario Monti hat beste Chancen, neuer Ministerpräsident Italiens zu werden. Silvio Berlusconi dürfte spätestens am Sonntag zurücktreten.

Mario Monti: Der frühere EU-Kommissar soll bald Italien regieren. Bild: reuters

ROM taz | In den letzten 48 Stunden erfuhr die Regierungskrise in Italien unter dem Druck der Märkte eine dramatische Beschleunigung. Mittlerweile steht fest, dass Silvio Berlusconi am Samstag, spätestens am Sonntag definitiv zurücktreten wird. Und mit größter Wahrscheinlichkeit wird Ex-EU-Kommissar Mario Monti seine Nachfolge antreten.

Noch am Dienstagabend hatte es so ausgesehen, als werde Berlusconi auf Zeit spielen. Nachdem bei einem Votum des Abgeordnetenhauses deutlich geworden war, dass die Rechtskoalition keine Mehrheit mehr hat, hatte der Premier zwar dem Staatspräsidenten seinen Rücktritt angekündigt.

Zuerst aber, so Berlusconi, wolle er das "Stabilitätsgesetz" mit weiteren Sparmaßnahmen durch beide Häuser des Parlaments bringen. Diese Prozedur hätte ihm unter gewöhnlichen Umständen weitere zwei bis drei Wochen Gnadenfrist beschert, die Berlusconi offenkundig dazu nutzen wollte, eine Lösung der Krise in seinem Sinne vorzubereiten.

Es war dann die Attacke der Märkte, die dieses Kalkül am Mittwoch zunichte machte. Am Mittwoch stieg der Risikoaufschlag auf italienische Anleihen im Minutentakt und erreichte am Ende 5,5 Prozent. Damit durchbrachen Bonds mit zehnjähriger Laufzeit die 7-Prozent-Schwelle. Zugleich rauschten die Aktienkurse an der Mailänder Börse um 3,8 Prozent nach unten. Besonders hart war Berlusconis Holding Mediaset betroffen, die gleich 12 Prozent einbüßte.

"Wir sind im Abgrund", fasste Emma Marcegaglia, Präsidentin des Industriellenverbands Confindustria das Debakel zusammen. In dieser Situation riss Staatspräsident Giorgio Napolitano die Regie an sich. Einigermaßen undiplomatisch verkündete er zunächst, Berlusconi sei wirklich weg vom Fenster: "Keine Unsicherheit" gebe es im Hinblick auf "die Entscheidung des Ministerpräsidenten, seinen Rücktritt einzureichen". Und das Stabilitätsgesetz werde "binnen weniger Tage verabschiedet".

Sofort wurde der Fahrplan definiert: Votum im Senat am Freitag, Abstimmung in der Kammer am Samstag - und dann der Rücktritt der Regierung. Wen Napolitano an deren Spitze sehen will, machte er ebenfalls klar: Am Mittwochabend nominierte er Mario Monti zum Senator auf Lebenszeit und damit zum Mitglied der zweiten Kammer.

Monti hat beste Chancen, eine Regierung mit breiter parlamentarische Unterstützung bilden zu können. Der erbitterte Widerstand aus dem Berlusconi-Lager brach weitgehend zusammen. Die Parteispitze des Popolo della Libertà (PdL - Volk der Freiheit) musste zur Kenntnis nehmen, dass viele ihrer Parlamentarier, aber auch einige Minister den auf sofortige Neuwahlen zielenden Konfrontationskurs nicht mehr mittragen. Außenminister Franco Frattini etwa gilt als Befürworter einer Regierung Monti. Hätte Berlusconi an seinem Kurs festgehalten, galt auch eine Spaltung des PdL nicht mehr als ausgeschlossen.

Zustimmung erhält Monti auch von der gemäßigt linken Oppositionskraft, dem Partito Democratico und der christdemokratischen UDC. Eine Beteiligung schließt die Partei "Italien der Werte" unter Exstaatsanwalt Antonio Di Pietro hingegen aus.

Den Gang in die Opposition wird Berlusconis Koalitionspartner, die rechtspopulistische Lega Nord, antreten. Chef Umberto Bossi, kolportieren italienische Medien, sieht die Chance, der Lega mit populistischen Tönen "wieder die Jungfräulichkeit zu verschaffen".

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