Berlins Unionspolitiker Pflüger: Amoklauf in der Hauptstadt-CDU
Er kam als Retter nach Berlin und zerlegt er seine Partei im Alleingang: Landesfraktionschef Friedbert Pflüger kann sich nicht entscheiden, ob er Vorsitzender werden will oder nicht.
BERLIN taz Die CDU in der Hauptstadt versinkt in Querelen um ihr Spitzenpersonal. Der Fraktionsvorsitzende Friedbert Pflüger, der den Landesverband ideologisch geöffnet und auf einen Modernisierungskurs geführt hatte, fordert den Parteivorsitzenden Ingo Schmitt und die mächtigen Vorsitzenden der CDU-Kreisverbände heraus. Am Montagnachmittag hatte Pflüger nach turbulenten Tagen kurzfristig eine Pressekonferenz einberufen - in seiner Partei rechneten viele schon mit seinem Rücktritt. Doch Pflüger überraschte alle: Er halte es nun doch "für richtig, die Ämter des Fraktions- und Parteivorsitzenden zusammenzulegen". Ob er oder jemand anders diese Posten übernehmen soll, sagte er jedoch nicht.
Das ist die neueste Wendung in einer Posse, die die CDU seit Tagen in Atem hält. Für die Partei geht es dabei um den künftigen Kurs in der Hauptstadt. Der gebürtige Hannoveraner Pflüger war vor zweieinhalb Jahren als Nothelfer von der Bundespolitik in den Berliner Landesverband gewechselt, der dringend einen Spitzenkandidaten gegen den populären Klaus Wowereit (SPD) brauchte. Die Hauptstadt-CDU war auf keinen grünen Zweig mehr gekommen, nachdem Eberhard Diepgen als Regierungschef im Jahr 2001 wegen des Berliner Bankenskandals zurückgetreten war. Pflüger hatte die Partei auf einen großstädtischen, liberalen Kurs geführt. Gegen parteiinterne Widerstände redete er über eine Koalition aus CDU, FDP und Grünen, um die rot-rote Landesregierung abzulösen. Aber anstatt seine Machtbasis Schritt für Schritt auszubauen, glaubte er, die Partei durch seine Eloquenz und seine Inhalte überzeugen zu können. Doch dann musste er feststellen, dass den Kreisfürsten Inhalte egal sind, solange ihre Lokalmacht nicht bedroht ist.
Vergangene Woche gab Pflüger zunächst überraschend bekannt, beim nächsten Parteitag als Landesvorsitzender zu kandidieren. Er begründete das mit Gerüchten um einen Putsch gegen ihn und stellte die Machtfrage: "Ich kann nur Regierender Bürgermeister werden und das Vertrauen der Menschen in Berlin erwerben, wenn ich auch das Vertrauen meiner Partei erwerbe."
Dieser Schritt zu diesem Zeitpunkt sorgte selbst bei Pflüger-Freunden für Kopfschütteln. In der Nacht von Sonntag auf Montag hatte Pflüger dann bei einem Partei-Krisentreffen keinerlei Rückhalt mehr, berichtet einer, der dabei war: "Nie war die Partei so geschlossen wie heute" - geschlossen gegen Pflüger.
Nach diesem Treffen zog Pflüger am frühen Montagmorgen erst seine Kandidatur um den Landesvorsitz zurück. Am Nachmittag dann der neueste Schwenk: Er habe in der vergangenen Nacht "unter großem Druck einem faulen Kompromiss zugestimmt". Partei- und Fraktionsvorsitz sollten doch in einer Hand liegen.
Dieser Amoklauf ist nicht mehr erklärbar. "Das ist doch Wahnsinn. So kann man doch keine Politik machen", sagt ein CDU-Abgeordneter. Eine Entscheidung kann bereits an diesem Dienstag auf der Fraktionssitzung der CDU fallen.
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